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Pilgern auf Französisch

Pilgern auf Französisch

Titel: Pilgern auf Französisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coline Serreau
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Willens, doch er weiß, dass es keinen Sinn hat. Sein Gehirn funktioniert nicht so, wie es sollte; man hat es ihm schon so oft gesagt, dass er es glaubt und sich damit abgefunden hat.
    Clara stellt ihm als Erstes eine ganz unerwartete Frage.
    »Bist du dumm, Ramzi?«
    Seine Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen, ohne verlegenes Herumdrucksen.
    »Ja.«
    Clara hat natürlich mit diesem Hindernis in Form passiver Unterwerfung gerechnet, dagegen ist sie gewappnet. Dennoch macht sie dieses selbstzerstörerische Verhalten bei Problemjugendlichen jedes Mal aufs Neue krank. Sie reißt sich zusammen und setzt noch einmal an.
    »Bist du dumm, Ramzi?«
    »Ja.«
    Noch einmal nimmt sie Ramzis höfliche Weigerung hin, die eigene Überlebensstrategie zu untergraben.
    Sie beginnt wieder von vorn, stellt die Frage ein drittes Mal, nun ein bisschen empörter, ein bisschen dringlicher, fast wütend — die entscheidende Frage lautet: Antworte mir, Ramzi, willst du wirklich, dass ich dir helfe, dass ich in dich eindringe? Sag mir, dass du dich selbst nicht für ein Stück Dreck hältst, sag mir, dass du dich selbst liebst, und sei es auch nur ein klein wenig.
    »Bist du dumm, Ramzi?«
    Irgendein kleiner Teil der wahren Frage zwischen den Zeilen durchdringt den dicken Schutzwall, den Ramzi um sich herum aufgebaut hat, um nicht ständig leiden zu müssen.
    »Nein!«
    Clara spürt, wie ihr ein schwerer Stein vom Herzen fällt. Nun zweifelt sie nicht mehr am Erfolg.
    »Siehst du, du bist nicht dumm. Du bist überhaupt nicht dumm. Ich glaube auf keinen Fall, dass du dumm bist. Okay? Und weil du nicht dumm bist, können wir jetzt anfangen. Kannst du dich richtig ausdrücken?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Na, nicht so wie du zu Hause sprichst, mit deiner Familie, deinen Freunden oder auf der Straße, sondern so, wie man schreibt oder wie man im Radio oder im Fernsehen spricht, so wie man spricht, wenn man sich zum Beispiel um eine Stelle bewirbt, so wie die Reichen sprechen, wenn sie sagen wollen: >Wir sind besser als die Armen.< Das musst du ein wenig lernen.«
    »Kann ich nich.«
    Das waidwunde Tier zieht sich wieder zurück. Zweiter Schachzug: ihn mit einer schöne Provokation aus der Reserve locken.
    »Na, klar, du bist ja auch zurückgeblieben.«
    Ramzi ist schockiert, er wacht auf, er rebelliert:
    »Nein, ich bin nicht zurückgeblieben.«
    »Bist du zurückgeblieben?«
    »Nein!«
    »Okay, du bist nicht zurückgeblieben, ich glaube nicht, dass du zurückgeblieben bist. Also kannst du auch lernen, dich gut auszudrücken, um denjenigen auf den Wecker zu fallen, die sagen: Wir sind besser als die Armen.«
    »Wenn man sich gut ausdrückt, sagt man aber nicht >auf den Wecker fallen<.«
    Aha, sagt sich Clara, er hat angebissen, er misst sich mit mir, berichtigt mich, also hört er zu, er baut eine Beziehung auf, er gibt mir zu verstehen, dass er nicht alles durchgehen lässt, was ich sage, dass wir zu zweit sind und dass er wissen will, ob ich ihn auch als ebenbürtig betrachte.
    »Du hast recht. Entschuldigung. Ich werde im Unterricht nie mehr >auf den Wecker fallen< sagen.«
    »Man muss sagen: >Ich lerne, mich gut auszudrücken, um denjenigen auf die Eier zu gehen, die sagen: Wir sind besser als die Armen.<«
    »Ja, aber >auf die Eier gehen< ist als Redensart noch salopper als >auf den Wecker fallen<. Wir müssen ein Wort finden, das >auf den Wecker fallen< meint, das aber nicht zu umgangssprachlich ist.«
    »Hm... >Um denjenigen eine reinzuwürgen<, nein, das ist salopp... Äh, auf die Palme bringen... Nein, das geht auch nicht...«
    »Auf die Palme bringen, ja, das ist sehr gut, aber es ist eine Redewendung.«
    »Hm.«
    »Um ihnen zu widersprechen, gegen sie anzukämpfen, sie Lügen zu strafen, eines Besseren zu belehren, zu ärgern, zu irritieren, zu reizen, zu provozieren, aufzubringen, aufzuregen, ihnen auf die Nerven zu gehen... Es gibt viele Wendungen. Welcher gibst du den Vorzug?«
    Ramzi merkt, wie sie sich an den Wörtern freut. Auch er mag Wörter, manchmal schreibt er sie sich in Versen in den Kopf: Worte, die er aus allen Wörtern, die er kennt, ausgewählt hat, besondere Worte, nicht irgendwelche.
    Wenn man ein Wort auswählt, ist man der Sprache nicht mehr ausgeliefert, sondern man handelt.
    »Ich gebe >eines Besseren belehren< den Verzug.«
    »Man sagt nicht >Verzug<, Ramzi.«
    »Ich weiß, war nur Spaß.«
    Sieh mal einer an!, denkt Clara. Das war der Witz des Tages — er sagt mir, dass er mit Worten spielen kann,

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