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Pilgern auf Französisch

Pilgern auf Französisch

Titel: Pilgern auf Französisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coline Serreau
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wenn Sie zurückkommen.«
    »Ich weiß nicht, ob ich zurückkehre.«
    »Schlimm, diese Landschaft hier, so karg...«
    »Es ist ein kahles, krankes Land. Die Bauern sind verschwunden, Großbetriebe bewirtschaften die Felder, zweimal im Jahr pflügen sie mit ihren Maschinen hier durch, die Dörfer sind verlassen. Der Boden ist so voller Pestizide, dass kaum eine Kuh auf dem Stroh liegen kann, ohne Hautkrankheiten zu bekommen.«
    Und nach langem Schweigen fragt er: »Geht’s? Halten Sie das alles aus?«
    »Ich? Ja, sehr gut sogar. Wieso?«
    »Nun, Sie haben eine schlimme Sache hinter sich...«
    »Ich? Überhaupt nicht. Es geht mir bestens.«
    »Ich habe Sie neulich ohne Kopftuch gesehen. Sie sind auch ohne Haare sehr schön.«
    Mathilde bricht jäh in Tränen aus.

    Elf Uhr. Gluthitze. Kein Meter Schatten. Sie gehen über eine Brücke.
    Camille und Said bilden ein gutes Stück hinter den anderen die Nachhut.
    »Ich kann nicht mehr. Kühlen wir uns die Füße im Fluss?«
    Said ist einverstanden. Sie gehen zum Fluss hinunter. Camille setzt ihren Rucksack ab und zieht ihr T-Shirt aus, sie trägt nur noch Shorts und Unterhemd, ihr Bauch ist nackt. Sie ist schön wie der Tag. Sie geht ins Wasser. Said kann sich nicht an ihr sattsehen.
    »Mannometer, bist du schön!«
    »Was?«
    »Ich steh total auf dich.«
    »Auf meinen Hintern?«
    »Total.«
    »Moment mal — du stehst vielleicht auf meinen Hintern, aber mir reicht das nicht, Said, das interessiert mich nicht. Ich mag dich, aber dein Machogehabe finde ich zum Kotzen. Du kannst in einem Mädchen immer nur das eine sehen — wichtig ist für dich erst einmal, dass sie geil aussieht.«
    »Nein, das stimmt doch gar nicht.«
    »Doch. Ich bin sicher, dass du dich mehr für meinen Hintern interessierst als für meinen Kopf. Das ist komplett out, Said, das machen nur Assis, und denen spucke ich ins Gesicht. Mein ganzes Leben lang verbringe ich schon mit Assis, weil meine Mutter Rektorin in Seine-Saint-Denis ist. Und Assis sind für mich solche Typen, die auf der Straße rumhängen, ihre Handys vergleichen, mit diesem und mit jenem prahlen, doch zu Hause lassen sie ihre Mutter für sich kochen und ihnen die Betten machen, und wenn sie Blödsinn anstellen und in den Knast kommen, darf sie sie auch noch besuchen. Sie beuten Frauen aus, sie beziehen Sozialhilfe, aber sie halten sich für die Größten und zerstören ihre eigene Gemeinschaft. Sie sind unterentwickelt, weil sie nicht begriffen haben, dass nun, im einundzwanzigsten Jahrhundert, Krieg herrscht. Nicht nur Krieg mit Waffen, sondern vor allem ein Krieg der Köpfe. Und wenn du aus diesem Dschungel herauskommen willst, solltest du so viel Grips wie möglich haben. Wie willst du den Krieg der Köpfe gewinnen, wenn du die Hälfte der Bevölkerung zu Hause einsperrst und wie Dienstmädchen behandelst, während die andere Seite dafür sorgt, dass auch Frauen studieren? Wie willst du stark werden, wenn auf deiner Seite nur halb so viele Leute kämpfen können?«
    Said lässt diese Attacke traurig über sich ergehen.
    »Und wie soll Frankreich den Krieg der Köpfe gewinnen, wenn ihr die Arabischstämmigen außen vor lasst — wo sie doch im Land geboren sind und genauso Franzosen sind wie alle anderen und wo es unter ihnen Tausende superintelligente Leute gibt, die einen Schulabschluss gemacht haben, aber keine Arbeit finden?«
    »Ja, stimmt, du hast recht, Frankreich wird den Krieg der Köpfe verlieren, wenn nicht alle klugen Menschen Arbeit bekommen, aber die Muslime verhalten sich ihren Frauen gegenüber genauso. Und wenn sie das nicht begreifen, bleiben sie arm und rückständig und müssen überall auf der Welt auf sich herumtrampeln lassen. Wenn die Muslime Frauen respektieren und ihnen Verantwortung übertragen, dann schaffen sie es vielleicht, ansonsten haben diese Typen keine Chance. Dann werden sie sang- und klanglos ausgebeutet.«
    »Sag mal, wie redest du denn mit mir, du blöde Schnalle? Für wen hältst du dich eigentlich? Bist du irgend so eine Scheißfeministin, oder was?«
    »Die blöde Schnalle geht dir wohl auf den Sack! Ich bin keine Schnalle, und blöd bin ich auch nicht. Ich bin eine Frau. Und wenn eine Feministin für dich eine ist, die Männer und Frauen für gleichberechtigt hält, dann bin ich gern eine Scheißfeministin! Ich achte deine Mutter jedenfalls mehr als du! Überhaupt küsse ich deiner Mutter und allen arabischen Müttern die Füße, weil sie seit Jahrhunderten so blöde Machos wie dich ertragen

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