Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition)
fürchterliches
Fettnäpfchen. Letzte Woche hatte er Jutta eine neue Personenwaage geschenkt. Logisch,
dass sie sich darüber nur wenig gefreut hatte. Doch Jürgen hatte es wie immer nur
gut gemeint, er hatte die Waage bei einer Verlosung des Hausfrauenvereins gewonnen,
den er immer mit seiner Mutter, bei der er noch lebte, besuchte. Solche Kardinalfehler
passierten mir nicht. Ich schenkte meiner Frau ausschließlich Sachen mit praktischem
Nutzen, wie beispielsweise einen Schnellkochtopf oder ein Dampfbügeleisen.
»Guten Morgen,
ihr beiden«, begrüßte ich sie.
»Das wünsche
ich dir auch, Reiner«, begrüßte mich Jutta, und Jürgen nickte zustimmend, da er
gerade an einem Keks kaute. »Wieso bist du so gut gelaunt an einem Montagmorgen?«
Ich grinste
noch mehr. »Ich muss nach Speyer. Auftrag vom Chef. Also KPD, meine ich.«
»Haben wir
etwas anliegen, Kollege? Soll ich gleich mitfahren?«
»Nein, nein,
ist nur eine Kleinigkeit.« Wenn Jutta mitfahren würde, könnte ich die ›Curry-Sau‹
vergessen. »Da müssen wir nicht gleich in Kompaniestärke anrücken. Das bisschen
Lärm von KPDs Umbaumaßnahme macht euch doch bestimmt nichts aus.«
Ich wandte
mich an Jürgen. »Könntest du bitte mal für mich eine Kleinigkeit recherchieren?
Ist natürlich dienstlich.«
Jutta verzog
schelmisch ihren Mund, während Jürgen sich an ihren PC setzte.
»Was willst
du wissen?«
Ich reichte
ihm die Visitenkarte von Fratelli. »Schau mal, was sich hinter der Peregrinus GmbH
verbirgt. Soll ein Verlag sein, trotz des komischen Namens.«
Während
Jürgen die Daten eingab, fragte Jutta: »Was hat es mit dieser Firma auf sich?«
»Das ist
nur so ein Bauchgefühl, Jutta. Gestern wurden der Geschäftsführer und der Chefredakteur
im Dom beinahe von einem herunterfallenden Metallrahmen erschlagen. Für mich sah
das nicht wie ein Zufall aus, und beide arbeiten zufällig für das gleiche Unternehmen.
Es sind zwar nette Leute, aber der Geschäftsführer hat einen italienisch klingenden
Namen.«
»Mafia in
Speyer?«, fragte Jutta nach. Ich zuckte mit den Achseln.
Jürgen begann
zu lachen. »Ich glaube nicht, dass es etwas mit der Mafia zu tun hat. Die Peregrinus
GmbH ist die Herausgeberin der Zeitung ›der Pilger‹, die Bistumszeitung der katholischen
Kirche.«
Au weia,
dachte ich. Jetzt hatte ich nicht nur einen Fast-Tatort im kirchlichen Umfeld, auch
die beiden Fast-Opfer gehörten dazu. Trotz Fast-enzeit waren mir das eindeutig zu
viele ›Fast‹.
Ich verabschiedete
mich von den beiden. »Ich fahr dann mal los, dann bin ich bis zum Mittagessen wieder
zurück. Lassen wir den Pizzaservice anrücken? Haben wir seit Freitag nicht mehr
gemacht.«
Jürgen versuchte,
einen Scherz zu machen. »Bist du überhaupt bibelfest, Reiner?«
»Aber sicher
doch. Insbesondere beim elften Gebot.«
Jutta und
Jürgen schauten mich erwartungsvoll und fragend an.
»Du sollst
deine Kollegen nicht nerven.«
Speyer war
immer für eine Überraschung gut. Dieses Mal war es allerdings eine unangenehme Überraschung.
Mein Lieblingsimbiss außerhalb von Schifferstadt hatte noch geschlossen. Ich musste
bezüglich meiner Überlebensstrategie abwägen: Würde ich warten, verpasste ich das
Pizzaessen in der Dienststelle. Manchmal musste man im Leben kompromissbereit sein.
Ich fuhr in den Hasenpfuhl und parkte auf dem Schulhof der früheren Klostergrundschule.
Laut Fratellis Visitenkarte sollte hier die Peregrinus GmbH ihren Sitz haben. Für
die Mitarbeiter musste der Arbeitsplatz ein Traum sein, denn die Parkmöglichkeiten
waren, nur wenige Meter vom Speyerer Zentrum entfernt, gewaltig. Der komplette Schulhof
der ehemaligen Schule stand zur Verfügung. Sehr geschäftstüchtig scheint der Verlag
allerdings nicht zu sein, dachte ich mir. Richtige Manager hätten längst einen kostenpflichtigen
Parkplatz für die Touristen geschaffen. Ich ging in das einstöckige, langgezogene
Gebäude und bekam als Erstes beinahe eine Herzattacke. An der hinteren Wand des
modern eingerichteten Empfangsraums befand sich der Albtraum höchstpersönlich. In
einem großen Topf stand eine unbeschreibliche Pflanze, die vermutlich als Dekoration
in so manchem Horrorfilm gedient haben musste. Krawattenähnliche Streifen standen
an dieser Ungeheuerpflanze, wie ich sie sofort taufte, wie schwerkraftloses Lametta
in die Höhe. Zu einer näheren Betrachtung blieb mir keine Zeit, denn mit einem Knall
stoben Blitze, und mir wurde schlagartig schwarz vor Augen.
*
»Hallo,
Weitere Kostenlose Bücher