Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition)
Pressevertreter
Herr Becker hat mir berichtet, dass es gestern eine Schießerei in Speyer gab. Was
ist da passiert?«
»Das würde
mich auch brennend interessieren«, mischte sich der Student ein. »Der Kanzleidirektor
hat mir zwar zugesichert, dass er exklusive Hintergrundinformationen für mich hätte,
doch als ich ihn anrief, war er kurz angebunden und sprach von einer bedauerlichen
Nachrichtensperre.«
Endlich
mal ein Grund, mich zu freuen. Mein Anruf gestern auf dem Heimweg hatte sich gelohnt.
Ich hatte Wolf mit sofortigen Konsequenzen wie Beschlagnahmung seines Führerscheins
gedroht, wenn er auch nur eine einzige Kleinigkeit an Becker weitergeben würde.
Im Prinzip waren es aber vergebliche Bemühungen, da der Student sich seine Informationen
nun direkt an unserer Quelle besorgte.
»Das war
nur eine Kleinigkeit, Herr Diefenbach«, versuchte ich die Tat zu bagatellisieren.
»Ein Verrückter hat im Ordinariat herumgeballert. Es gab aber nur einen Leichtverletzten.
Der Schütze ist leider unerkannt entkommen.«
»Ach so«,
kommentierte KPD. »Dann ist es ja vernachlässigbar und berührt nicht einmal meine
Kriminalitätsstatistik.« Er schaute zu Becker. »Sind Sie mit dieser Aussage zufrieden?«
Der Student
nickte. »Wenn das so ist. Wie ist das eigentlich heute Abend, wenn die Herren Nönn
und Fratelli in Frankenthal sind?«
KPD stand
ein Fragezeichen im Gesicht. »Wer sind diese beiden?«
Typisch
KPD, er hatte keine blasse Ahnung, was in den letzten Tagen passiert war. Wenn Becker
nur seine Klappe halten könnte.
»Das sind
die beiden Fast-Verletzten aus dem Dom vom vergangenen Sonntag«, erklärte ich meinem
Chef. »Wir sind heute Abend alle im Congressforum und passen auf die zwei auf.«
»Ah, Sie
gehen ins Congressforum! Wenn Sie das früher gesagt hätten, wäre ich mitgekommen.
Jetzt habe ich leider einen Termin mit diesem Generalvikar Dr. Alt in Speyer. Er
will mit mir ein paar grundlegende Dinge besprechen. Aber warum nehmen Sie nicht
Herrn Becker mit? Dann haben wir gleich die hiesige Presse an Bord. Mit Frankenthal
und dem Congressforum ist es nämlich so eine Sache: So gerne ich dort bin, weil
es einfach ein tolles Veranstaltungsgebäude ist, liest man in der Zeitung so gut
wie nie etwas darüber. Das liegt an diesen seltsamen Regionalzuschnitten der Rheinpfalz-Zeitung.
Da hat Frankenthal nämlich eine eigene Ausgabe. Frankenthaler erfahren nur wenig
vom Rest der Welt, und der Rest der Welt noch viel weniger über Frankenthal.«
Becker strahlte.
»Ja, so machen wir es, Herr Diefenbach.«
KPD stand
auf. »Dann hätten wir für heute alles geregelt. Ab morgen habe ich übrigens Urlaub,
ich fahre übers Wochenende zu einem Wellnessseminar: Wasserkur nach Pfarrer Sebastian
Kneipp. Passen Sie mir bitte in der Zeit auf Herrn Becker auf, damit er stets auf
alle Informationen zugreifen kann.«
Wir nickten
unserem Chef synchron zu, Hauptsache, er würde jetzt verschwinden. Ich half ein
wenig nach.
»Dann wünschen
wir Ihnen viel Spaß mit Ihrer Wasserkur, Herr Diefenbach. Über Ostern wird in unserer
Region bestimmt nichts Tragisches passieren. Wir werden auf Notdienst umstellen.«
KPD nickte,
und ich frohlockte. Ich hatte nun mehrere Tage Zeit, den Fall zu lösen, ohne das
mir mein Vorgesetzter wie sonst üblich die Lorbeeren stehlen konnte. Diese Chance
galt es zu nutzen.
»Kommen
Sie, Herr Becker.« KPD war noch einmal zurückgekommen und lugte zur Tür herein.
»Ich habe in meinem Büro ein paar selbst entwickelte Konzeptpapiere für die Umgestaltung
der Speyerer Altstadt. Das wird Sie bestimmt interessieren. Heute Abend zeige ich
die Entwürfe dem Generalvikar, er wird mit Sicherheit begeistert sein.«
Becker rollte
mit den Augen. Zu gerne wäre er bei uns geblieben. Ich bedankte mich gedanklich
bei meinem Chef und war mir sicher: Heute war mein Glückstag.
»Wie soll
das nur weitergehen«, dachte Jutta laut nach, als die beiden verschwunden waren.
»Laut Statistischem Bundesamt sind über 80 Prozent der Arbeitnehmer mit ihrem Chef
unzufrieden. Aber eigentlich müsste man in dieser Statistik KPD doppelt oder dreifach
zählen. Wie können wir ihn nur loswerden?«
»Vielleicht
kompromittieren?«, meinte Gerhard. »Irgendeine faule Geschichte, die wir ihm andichten?«
»Das wäre
aber äußerst unfein«, gab ich zu bedenken. »Und wie willst du das anstellen?«
»Ich könnte
meine Schwester fragen. Doris Steinbeißer ist Moderatorin beim SWR4 Kurpfalzradio.
Wenn wir das geschickt
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