Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition)

Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition)

Titel: Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Schneider
Vom Netzwerk:
Abendmahl kreierte. Meine wirklich ernstgemeinte Hilfe schlug
sie aus.
    Hunger hatte
ich keinen, das konnte und durfte ich aber nicht verraten. Und selbst wenn ich Hunger
gehabt hätte, auf den Gemüseauflauf, den meine Frau liebevoll und fast schon künstlerisch
zubereitete, wäre ich nicht sonderlich scharf gewesen. Manchmal gab es Situationen
im Leben, die waren unabänderlich wie das persönliche Schicksal.
    Während
des Abendessens, ich genehmigte mir ein eiskaltes Pilsner, sprach Melanie kein Wort.
Das machte aber nichts, schließlich gab es Paul.
    »Mama, Papa,
habt ihr schon einen Namen für meinen Bruder?«
    Damit hatte
er einen wunden Punkt erwischt. Wir hatten zwar eine zweimal fünf Namen zählende
Liste, diese war sogar mit einer doppelten Rangreihenfolge versehen, aber die Reihenfolgen
von Stefanie und mir unterschieden sich wie Tag und Nacht.
    Ich setzte
alles auf eine Karte und fragte unser momentan noch jüngstes Familienmitglied: »Hast
du einen Vorschlag?«
    Er nickte.
»Klar, mein Bruder soll Paul II. heißen.«
    Melanie
prustete Karotten über den Tisch, Stefanie bekam einen spontanen Schluckauf und
ich schaute unheimlich dämlich aus der Wäsche.
    »Wie willst
du deinen Bruder nennen? Man kann doch zwei Geschwistern nicht den gleichen Namen
geben«, tadelte ihn seine Mutter.
    »Soll er
ja auch nicht«, meinte Paul. »Wir würden ihn Paul den zweiten rufen. Von diesen
Benedikts gibt’s in Rom ja auch 16 Stück.«
    Ich lachte
schallend. »Aber doch nicht gleichzeitig. Dort gibt es immer nur einen Benedikt.«
    Paul gab
nicht auf. »Wenn denen in Rom kein anderer Name einfällt, können wir auch den gleichen
nehmen. Es gibt keinen besseren Namen als Paul. Wenn ich groß bin, werden meine
Kinder alle Paul heißen.«
    Jetzt lachte
auch Stefanie. »Und was passiert, wenn du eine Tochter bekommst?«
    »Da pass
ich drauf auf, dass es nur Jungs werden. Was soll ich mit einer Tochter? Es ist
schlimm genug, dass ich eine Schwester habe.«
    Eine Sekunde
später hatte er eine dünne Scheibe Kohlrabi inklusive Käsesoße an seiner Stirn hängen,
die Melanie mit ihrer als Schleuder eingesetzten Gabel abgeschossen hatte.
    Stefanie
gelang es, ein Blutbad zu verhindern. Melanie, die für den morgigen Abend zu Hausarrest
verdonnert wurde, verließ murrend die Küche. Paul stand gleichfalls auf und meinte
zum krönenden Abschluss: »Papa, die Tante von meinem Freund Michael möchte dich
nach den Ferien sprechen. Die ist doch Lehrerin in der Parallelklasse. Die hat richtig
böse geschaut, als wir ihr unseren Streich mit dem Absperrband erzählt haben.«
    Stefanie
sah mich fragend an, und mir blieb nichts anderes übrig, als ihr in wenigen Worten
und unter Auslassung einiger wichtiger Details von der Polizeiaktion am Morgen zu
erzählen. Nun würde auch Paul Hausarrest bis zu seinem 18. Geburtstag erhalten.
    Immer öfter
musste ich gähnen, und die einzelnen Gähnattacken dauerten von Mal zu Mal länger.
Schließlich schickte mich meine Frau ins Bett. Von dem blöden Attentat in Speyer
würde ich ihr morgen erzählen. Den Kratzer am Ohr konnte man nur noch erahnen.
     
    *
     
    Der Schlaf war sehr erholsam. Selbst
für Albträume war ich zu müde. Irgendwann knallte mir die Sonne ins Gesicht. Kein
Wecker, kein Paul’scher Torpedo, der ins Bett sprang, nur die Sonne weckte mich.
Da dies äußerst selten passiert, wunderte ich mich sofort. Der Rollladen war hochgezogen,
der Blick auf den Radiowecker brachte weitere Verwirrung, es war kurz nach 10.00
Uhr. Ich sprang erschrocken aus dem Bett. Was war passiert? Wo war Stefanie? Meine
Suche blieb erfolglos, auch von meinen Kindern fand ich keine Spur. Ich wurde nervös
und begann, mir Gedanken zu machen. Hatte ich im Schlaf geredet und fatale Dinge
ausgesprochen, sodass meine Frau mit den Kindern wieder ausgezogen war? Nein, das
konnte es nicht sein. Solche schrecklichen Dinge gab es in meinem Lebenslauf nicht.
Lag sie vielleicht im Krankenhaus und sie hatte mich nicht wach bekommen? Aber wo
waren Paul und Melanie? Sie würde sie doch nicht bei Ackermanns geparkt haben?
    Meine Gedanken
wurden immer verworrener, ich musste zur Ruhe kommen. Ich beschloss, nach schmackhaften
Nahrungsmitteln zu suchen, die Melanie versteckt haben könnte. Außer einer Flasche
Cola hinter dem Bio-Ketchup konnte ich nichts finden. Dafür fand ich einen Zettel
auf dem Küchentisch.
    ›Guten Morgen,
Reiner. Ich bin mit den Kindern einkaufen. Jutta hat angerufen, du kannst heute
daheim

Weitere Kostenlose Bücher