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 Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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setzen Sie sich schon!«
    Brown setzte sich.
    »Was wollten Sie da eben sagen? Woran soll ich denken? Daran, daß ich versprochen habe, niemandem von unserem Gespräch zu erzählen? Nicht wahr? Denn wenn ich nun auf einmal auch der Auffassung wäre, ich könnte es weitererzählen? Still! Den Kommandanten unterbricht man nicht. Sehen Sie, so einfach ist die Sache denn doch nicht. Sie sind voller Vertrauen zu mir gekommen, und dieses Vertrauen weiß ich zu schätzen. Aber Vertrauen ist eine Sache, Vernunft eine andere. Nehmen wir mal an, daß ich nun durch Sie mit Sicherheit weiß, wer Sie sind und wer Burns ist. Was habe ich davon?«
    »Das ... das ist jetzt Ihre Sache. Sie sollen doch nach diesem Flug eine Einschätzung über unsere Eignung abgeben.«
    »Ja, eben! Über die Eignung jedes einzelnen. Sie bilden sich doch wohl nicht ein, daß ich die Unwahrheit schreiben werde, Brown? Daß ich denen einfach, bloß weil sie keine Menschen sind, die Minuspunkte aufhalsen werde.«
    »Das geht mich nichts mehr an ...«, begann der Pilot steif und rutschte unruhig auf seinem Stuhl hin und her. Pirx warf ihm einen niederschmetternden Blick zu, so daß er sofort verstummte.
    »Bitte spielen Sie mir hier nicht den Einfältigen, der nicht bis drei zählen kann. Falls Sie ein Mensch sind und sich mit den Menschen solidarisieren wollen, dann müssen Sie versuchen, den ganzen Fall selbst zu beurteilen und die eigene Verantwortung zu erkennen ...«
    »Wie? Falls ich einer bin?« Brown fuhr zusammen. »Sie glauben mir nicht? Dann ... dann denken Sie ...«
    »Ach, woher! Das ist mir nur so herausgerutscht«, wehrte Pirx rasch ab. »Ich glaube Ihnen. Natürlich glaube ich Ihnen. Und da Sie sich einmal zu erkennen gegeben haben und ich nicht die Absicht habe, das vom moralischen Standpunkt aus oder wie auch immer zu bewerten, bitte ich Sie, weiterhin in außerdienstlichem Kontakt mit mir zu bleiben und mich von allem zu unterrichten, was Ihnen auffällt.«
    »Jetzt verstehe ich überhaupt nichts mehr«, sagte Brown und seufzte unwillkürlich. »Erst putzen Sie mich herunter und dann ...«
    »Das sind zwei verschiedene Dinge, Brown. Da Sie mir nun einmal gesagt haben, was Sie mir nicht sagen sollten, wäre es absolut sinnlos, jetzt einen Rückzieher zu machen. Das mit dem Geld ist natürlich etwas anderes. Vielleicht mußten Sie es mir wirklich sagen. Aber ich an Ihrer Stelle hätte das Geld nicht genommen ...«
    »Was? Aber ... aber, Commander ...« Brown suchte eine Weile verzweifelt nach Argumenten. »Die hätten doch sofort gemerkt, daß ich den Vertrag brechen will! Die hätten mich womöglich noch vor Gericht gestellt ...«
    »Das ist Ihre Sache. Ich sage ja gar nicht, daß Sie das Geld zurückgeben sollen. Ich habe Ihnen Diskretion versprochen, und ich denke nicht im Traum daran, mich da einzumischen. Ich habe Ihnen nur ganz privat und völlig unverbindlich gesagt, was ich an Ihrer Stelle getan hätte, aber Sie sind nicht ich, und ich bin nicht Sie, und damit Schluß. Sonst noch was?«
    Brown schüttelte den Kopf, machte den Mund auf und zu, zuckte die Achseln, wobei er etwas mehr als nur Enttäuschung über den Verlauf des Gesprächs zum Ausdruck brachte, doch er sagte nichts mehr und ging, wobei er unwillkürlich noch einmal Haltung annahm.
    Pirx atmete auf. Dieses »falls Sie ein Mensch sind« hätte ich mir schenken können, dachte er mißmutig. Was für ein Teufelsspiel! Was mit diesem Brown los ist, mögen die Götter wissen. Entweder er ist wirklich ein Mensch, oder das Ganze ist ein fauler Trick – nicht nur, weil man mich auf die falsche Fährte locken will, sondern weil man sich auch noch vergewissern möchte, ob ich nicht doch die Absicht habe, vertragswidrige Methoden anzuwenden und sie zu identifizieren ... Jedenfalls habe ich diesen Teil der Auseinandersetzung noch ganz gut über die Runden gekriegt. Wenn er die Wahrheit gesagt hat, dürfte er sich künftig recht unbehaglich in seiner Haut fühlen, nach dem, was er von mir zu hören bekommen hat. Und wenn nicht – schließlich hab ich ihm nichts weiter gesagt. Eine schöne Bescherung! Da hab ich mich ja ordentlich in die Nesseln gesetzt!
    Es hielt ihn keine Minute auf seinem Stuhl, deshalb begann er in der Kabine auf und ab zu wandern. Der Summer ertönte. Es war Calder aus dem Steuerraum. Sie stimmten die Kurskorrekturen und die Beschleunigung für die Nacht ab, dann setzte sich Pirx wieder, starrte mit gerunzelten Brauen vor sich hin und ließ seinen Gedanken

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