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 Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Einzelgänger mit solch einem Gesicht vorstellen? Kann man das? Die Zweifel blieben, aber mit dem Grimassenschneiden machte er ein für allemal Schluß und bewies sich selbst damit, wie hart und unerschütterlich sein Wille sein konnte.
    All diese Sorgen verblaßten jedoch, als die Prüfung bei Professor Merinus heranrückte, der auch Merynos genannt wurde. Angst vor Merynos hatte er nicht, er war überhaupt erst dreimal zum Gebäude des Instituts für Astrognosie gegangen, im Gegensatz zu den anderen Studenten, die sich vor den Saaltüren drängten und den Prüflingen auflauerten. Sie taten dies nicht, um ihre Kameraden zu beglückwünschen, sondern um zu erfahren, welche neuen tückischen Fragen sich der »bösartige Hammel« ausgedacht habe – auch so wurde der grausame Professor genannt. Dieser Greis, der noch nie im Leben den Fuß auf den Mond gesetzt oder eine Rakete betreten hatte, wußte einfach alles. Er kannte kraft theoretischen Allwissens jeden Stein sämtlicher Krater des Meeres der Regen, kannte die Felsenrücken der Planetoiden und die unzugänglichsten Gefilde der Jupitermonde. Man erzählte sich, daß er umfassend über Meteore und Kometen informiert sei, deren Entdeckung bevorstehe – möglicherweise erst in tausend Jahren. Diese Fähigkeit verdankte er seiner Lieblingsbeschäftigung, der Perturbationsanalyse der himmlischen Körper. Gestützt auf sein umfassendes Wissen, reagierte er boshaft und geringschätzig auf die dürftigen Kenntnisse der Studenten.
    Pirx aber fürchtete sich nicht vor Merynos, denn er glaubte, den Schlüssel zum Erfolg gefunden zu haben. Der Alte, so wußte er, bediente sich einer eigenen Terminologie, die außer ihm niemand in den Fachschriften benutzte. Von seinem angeborenen Scharfsinn geleitet, bestellte sich Pirx in der Bibliothek alle wissenschaftlichen Aufsätze des Giganten und – nein, nein, daß er sie nicht las, versteht sich von selbst. Er blätterte sie nur durch, schrieb sich etwa zweihundert dieser Wortungetüme auf und lernte sie auswendig. Von nun an lebte er in der Überzeugung, daß er das Examen bestehen würde, und das bestätigte sich denn auch. Der Professor erbebte, als er den Stil der Antworten vernahm, er hob die buschigen Brauen und lauschte den Ausführungen des Prüflings wie dem Gesang einer Nachtigall. Die finsteren Wolken in seinem Gesicht lösten sich auf, er wirkte jünger als sonst, ihm war, als höre er seine eigene Stimme. Pirx, der diese Wandlung bemerkte, ging nun, beflügelt von seiner eigenen Unverschämtheit, aufs Ganze. Er hatte Erfolg. Merynos belohnte ihn mit einer großen runden Zwei und bedauerte sogar, ihm keine Eins geben zu können, weil er, Pirx, bei der letzten Frage völlig versagt hatte. Bei der Beantwortung dieser Frage war mit der Terminologie des Professors nicht viel anzufangen – es ging um die genaue Kenntnis eines Modells.
    Wie dem auch sei, Pirx war es gelungen, Merynos zu bändigen – er hatte ihn einfach bei den Hörnern gepackt. Viel mehr Angst hatte er vor dem »Irrsinnigen Bad«, dem letzten Prüfungstest vor dem Diplomexamen. Gegen das »Irrsinnige Bad« war kein Kraut gewachsen. Pirx sah keinen anderen Weg, als zu Albert zu gehen. Albert fungierte nur nach außen hin als Pförtner am Institut für Astropsychologie, in Wirklichkeit war er die rechte Hand des Dozenten, und sein Wort galt mehr als die Meinungen aller Assistenten. Er hatte schon dem greisen Professor Balloe als Faktotum gedient, der vor einem Jahr zur Freude der Studenten und zum Leidwesen des Pförtners in Pension gegangen war. »Niemand hat mich so gut verstanden wie der Professor emeritus«, pflegte er zu sagen.
    Das »Irrsinnige Bad« verlief ungefähr so: Albert führte den Kandidaten in einen kleinen Raum im Souterrain, fertigte eine Paraffinmaske seines Gesichts an und schob zwei Metallröhrchen in das Negativ der Nase. Das war alles – der Kandidat hatte nun nichts weiter zu tun, als in die erste Etage zu gehen, wo das Bad auf ihn wartete, das heißt, ein Bad war es natürlich nicht, die Studenten nannten die Dinge ja nie beim Namen. Der Kandidat oder der »Patient«, wie es im studentischen Jargon hieß, betrat ein geräumiges Zimmer, entkleidete sich und stieg in ein Wasserbassin. Das Wasser wurde erwärmt, und zwar so lange, bis der rücklings im Bassin liegende Prüfling die Hand hob. Was dann geschah, war unterschiedlich – für die einen hörte das Wasser bei neunundzwanzig Grad auf zu existieren, für die anderen erst bei

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