Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
 Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
Vom Netzwerk:
Sessel unter Pirx begann sich in einen Vulkan zu verwandeln.
    »Ich möchte dem Kollegen Merinus keine Unannehmlichkeiten bereiten. Er braucht nichts davon zu erfahren ...«, Pirx atmete auf, »... aber ich werde Professor Laab bitten, daß er bei der Diplomprüfung ...«
    Er unterbrach sich vieldeutig. Pirx erstarrte. Nicht die Worte erschreckten ihn, sondern etwas anderes. Die Hand des Chefs begann langsam die Papiere einzusammeln, die er mit seiner Mission empfangen sollte.
    »Warum wird keine Kabelverbindung benutzt?« fragte der Chef, ohne ihn anzusehen.
    »Wegen der Kosten. Ein konzentrisches Kabel verbindet vorläufig nur Luna-Hauptstation mit Archimedes. In den nächsten fünf Jahren ist eine Kabelnetzverbindung geplant«, sagte Pirx eifrig.
    Der Chef griff finster das Thema auf.
    »Nun ja. Praktisch ist Mendelejew in der Nacht von der Welt abgeschnitten. Bisher verlief dort die Arbeit normal. Im vergangenen Monat meldete sich die Station nach der üblichen Funkverkehrunterbrechung nicht auf die Anrufe von Ziolkowski. Die Besatzung auf Ziolkowski rückte im Morgengrauen aus und fand die Hauptklappe geöffnet vor, in der Kammer fand man einen Menschen. Die Kanadier hatten Dienst gehabt, Challiers und Savage. Savage lag in der Kammer. Er hatte eine geborstene Helmscheibe. Er war erstickt. Challiers wurde erst nach vierundzwanzig Stunden gefunden, auf dem Grunde der Schlucht unter dem Sonnentor. Er war durch einen Unfall umgekommen. Sonst herrschte Ordnung auf der Station, die Apparatur arbeitete, die Vorräte lagen unberührt da, ein Schaden konnte nicht aufgedeckt werden. Hast du darüber gelesen?«
    »Ja«, antwortete Pirx. »Aber in den Zeitungen hat doch gestanden, daß es ein Unfall gewesen sei. Psychose ... doppelter Selbstmord durch einen Anfall von Wahnsinn ...«
    »Unfug«, sagte der Chef. »Ich habe Savage gekannt. Von den Alpen her. Er kann sich nicht geändert haben. Wirklich nicht. In den Zeitungen standen Phantastereien. Du kannst den Bericht der gemischten Kommission durchlesen. Hör zu! Solche Jungs wie du sind im Prinzip mit der gleichen Genauigkeit untersucht wie die Piloten, aber sie haben noch keine Diplome, dürfen also nicht fliegen. Außerdem mußt du sowieso das Ferienpraktikum hinter dich bringen. Wenn du einverstanden bist, kannst du morgen fliegen.«
    »Wer wird der andere sein?«
    »Das weiß ich nicht. Irgendein Astrophysiker. Schließlich braucht man dort Astrophysiker. Ich fürchte zwar, daß er an dir keine Freude haben wird, aber vielleicht lernst du noch ein bißchen Astrographie dazu. Weißt du denn, um was es geht? Die Kommission ist zu der Überzeugung gelangt, daß es ein Unfall war – aber ein gewisser Schatten von Unklarheit ist geblieben. Es muß dort etwas Unbegreifliches geschehen sein. Bis jetzt ist man noch nicht dahintergekommen, und deshalb hätte man dort gern einen Mann mit der psychischen Qualifikation eines Piloten – einen wenigstens. Ich sah keinen Grund zur Ablehnung. Andererseits wird sich dort bestimmt nichts Besonderes ereignen. Eines ist klar: Du mußt Augen und Ohren aufsperren, aber das bedeutet nicht, daß wir dich als Detektiv hinschicken. Niemand rechnet damit, daß du zusätzlich Umstände aufdecken könntest, die jenen Unfall aufklären. Das ist nicht deine Aufgabe ... Ist dir schlecht?«
    »Wie bitte? Nein«, erwiderte Pirx.
    »Ich dachte. Meinst du, daß es dir gelingen wird, dich vernünftig zu verhalten? Denn dir ist einiges leider schon zu Kopf gestiegen. Ich überlege ...«
    »Ich werde mich vernünftig verhalten«, sagte Pirx entschieden.
    »Ich bezweifle es. Ich schicke dich hin, aber ich mache mir keine Illusionen. Wäre nicht dieser erste Platz ...«
    »Das Bad!« sagte Pirx mit Entdeckermiene.
    Der Chef tat, als habe er nichts gehört. Er reichte ihm zuerst die Papiere und dann die Hand.
    »Du startest morgen um acht. Nimm sowenig Sachen mit wie möglich. Im übrigen warst du schon mal dort, du kennst dich also aus. Hier ist der Flugschein und hier ein reservierter Platz für die Transgalaktik. Du fliegst bis Luna-Hauptstation. Von dort wird man dich weiterschleusen.«
    Er sagte noch etwas. Ein paar freundliche Worte auf den Weg? Ein Abschiedswort? Pirx wußte es nicht. Er hörte nichts. Er konnte nichts hören, denn er war schon weit weg, auf der »anderen Seite«. In seinen Ohren hallte das Donnern der Triebwerke, in seinen Augen standen die toten weißen Flammen der Mondfelsen, und auf seinem ganzen Gesicht lag ein Staunen – das

Weitere Kostenlose Bücher