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 Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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gibt es auch nicht. Das verleitet zu der Annahme, das Bergsteigen sei sehr leicht, um so mehr, als man aus dreißig Meter Höhe abstürzen kann, ohne daß einem etwas geschieht. Aber daran darf man nicht denken.«
    Pirx wunderte sich sehr. »Wieso?«
    »Weil es hier keine Luft gibt«, erklärte der Astrophysiker. »Selbst wenn Sie noch so lange herumsteigen, Sie werden es nie lernen, die Entfernung richtig zu schätzen. Hier vermag nicht einmal der Entfernungsmesser viel zu helfen, und wer nimmt schon einen Entfernungsmesser mit? Sie erklimmen einen Gipfel, schauen in den Abgrund und haben die Vorstellung, er sei fünfzig Meter tief. Vielleicht ist er wirklich fünfzig Meter tief, vielleicht aber auch dreihundert oder fünfhundert. Mir passierte es ... Übrigens, Sie wissen ja, wie das ist. Wenn man sich erst einmal gesagt hat, daß man ohne weiteres abstürzen kann, dann wird das früher oder später wirklich passieren. Auf der Erde kann man sich den Kopf lädieren, und er heilt wieder, aber hier genügt ein fester Schlag auf den Helm, so daß die Scheibe platzt, und alles ist vorbei. Sie müssen sich also genauso wie in den irdischen Bergen verhalten. Was Sie sich dort erlauben, können Sie sich auch hier erlauben. Ich möchte Ihnen jedoch abraten, über einen Spalt zu springen. Selbst wenn Sie annehmen, daß er höchstens zehn Meter breit sei – was soviel wie anderthalb Meter auf der Erde wäre –, tun Sie es nicht, sondern werfen Sie erst einen Stein auf die andere Seite und beobachten Sie seinen Flug. Offen gesagt, ich rate Ihnen, überhaupt nicht zu springen, und dieser Rat kommt vom Herzen. Wenn man nämlich ein paarmal zwanzig Meter weit gesprungen ist, dann bereiten einem auch Abgründe keinen Schrecken mehr, und die Berge erscheinen einem so klein, als reichten sie nur bis zum Knie. Wenn diese Überheblichkeit eintritt, dann kann leicht etwas passieren. Einen Bergrettungsdienst gibt es hier nicht. Sie begreifen also ...«
    Pirx erkundigte sich nach der Mendelejew-Station. Warum die Station am Kamm und nicht unten und ob der Weg dorthin schwierig sei ... Ob man klettern müsse ...
    »Eine echte Kletterpartie gibt es da nicht, nur einige exponierte Stellen, und auch die nur, weil dort eine Lawine niedergegangen ist. Das war unterhalb des Sonnentors, sie hat den Weg fortgerissen. Und was die Lokalisierung betrifft, so fällt es mir schwer, etwas dazu zu sagen, vor allem jetzt, nach dem Unglück ... Aber Sie müssen doch auch einiges darüber gelesen haben, oder ...?«
    Pirx, völlig verwirrt, geriet ins Stottern. Er sagte, er habe damals gerade eine Prüfung gehabt. Pnin mußte lächeln, aber er wurde gleich wieder ernst.
    »Nun ja ... der Mond ist internationalisiert, und jeder Staat hat seine eigene Zone, die wissenschaftlichen Forschungen vorbehalten ist. Wir haben diese Hemisphäre. Als sich herausstellte, daß die Van-Allen-Gürtel die kosmische Strahlung auf der Hemisphäre stören, die der Erde zugewandt ist, haben sich die Engländer an uns gewandt und uns um die Erlaubnis gebeten, die Station auf unserer Seite zu errichten. Wir waren einverstanden. Da wir gerade selbst auf Mendelejew Arbeiten durchführten, schlugen wir ihnen vor, daß sie die Station von uns übernehmen. Verrechnen wollten wir hinterher. Die Engländer akzeptierten das, traten dann aber Mendelejew an die Kanadier ab, da diese zum britischen Commonwealth gehörten. Uns war das natürlich einerlei. Da wir bereits vorher eine Erkundung des Bodens durchgeführt hatten, wurde einer von uns, Professor Animzew, beratendes Mitglied der australischen Planungsgruppe – er kannte sehr gut die lokalen Bedingungen. Plötzlich erfuhren wir, daß sich die Engländer dennoch an dieser Sache beteiligten. Sie schickten Shanner, der erklärte, daß auf dem Boden des Kraters sekundäre Strahlungsbündel entstehen könnten und die erzielten Ergebnisse stören würden. Unsere Spezialisten waren der Meinung, daß das unmöglich sei, aber schließlich gaben die Engländer den Ausschlag: Es sollte ja ihre Station sein. Sie beschlossen, sie unter den Kamm zu verlegen. Das verteuerte die Sache natürlich erheblich, und die gesamten Mehrkosten wurden von den Kanadiern getragen. Aber das war ja nicht so wichtig. Fremde Taschen gehen uns nichts an. Die Lage der Station wurde also bestimmt, und man ging daran, den Weg festzulegen. Animzew berichtete uns davon, denn die Briten wollten anfangs zwei Abgründe auf der Trasse des geplanten Weges durch

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