Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall
Blaulicht und Martinshorn in einem Zivilfahrzeug die Feuerwehreinfahrt des Schwimmbads benutzten und direkt vor dem Kassenhäuschen ihr Auto abstellten, kam natürlich umgehend ein Bademeister und wollte sie mit barschen Worten des Feldes verweisen. Aber als er Tannenbergs Dienstausweis sah und Schauß ihm in gebotener Kürze erklärte, dass sie unbedingt Frau Stein finden müssten, führte er die beiden Ermittler umgehend zur Schwimmmeisterloge und rief über seine Rundsprechanlage den Namen der gesuchten Frau aus.
Während Tannenberg zu unsäglicher Tatenlosigkeit verdammt auf das baldige Erscheinen der Frau hoffte, blickte er sich um und fragte sich, wie es überhaupt möglich war, in solch einem chaotischen Menschengewimmel den nötigen Überblick zu bewahren. Und vor allem, wie man diesen unglaublichen Lärmpegel ertragen konnte, der hauptsächlich von den beiden großen Schwimmbecken an sein geräuschempfindliches Gehör drang.
In jedem Industriebetrieb hätte die Gewerkschaft schon längst durchgesetzt, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte der Lärmschutzverordnung nicht überschritten werden bzw. dass der betroffene Mitarbeiter nur mit Gehörschutz seine Arbeit verrichten darf. Ein Schwimmmeister mit leuchtend gelben Lärmschutzkopfhörern! Eine interessante Vorstellung, dachte Tannenberg, verscheuchte diesen belustigenden Gedanken angesichts der dramatischen äußeren Umstände aber sogleich wieder aus seinem ihn mit unpassenden Einspielungen manchmal arg malträtierenden Bewusstsein.
Er betrachtete von der Seite den zwar schon etwas angegrauten, aber immer noch sehr vital wirkenden, durchtrainierten Mann.
Vielleicht ist der tagtägliche Anblick der vielen wohlproportionierten weiblichen Körper der Grund für diese außergewöhnliche Leidensfähigkeit, die man wirklich nur bewundern kann, stellte Tannenberg anerkennend fest, während der Bademeister erneut seine Durchsage in den mit silbernem Drahtgeflecht vergitterten Mikrophonkopf sprach.
Kurze Zeit später erschien ein braun gebrannter Junge in der Aufseherloge und teilte den drei Männern mit, dass seine Mutter vor etwa 10 Minuten bereits mit dem Fahrrad nach Hause aufgebrochen sei.
Umgehend verließen die beiden Kriminalisten das Schwimmbad und machten sich erneut auf den Weg in das Trippstadter Wochenendgebiet. Als sie ihre Zieladresse, den hausnummernlosen Taubenplatz 24, erreichten, kamen sie gerade dazu, wie eine dunkelhaarige mittelgroße Frau ihr Fahrrad in dasselbe Grundstück schob, in das vorhin Schauß schon einmal widerrechtlich eingedrungen war.
»Entschuldigen Sie, sind Sie Frau Stein?«, fragte Tannenberg noch aus dem Auto heraus, sichtlich erfreut darüber, die gesuchte Person wohlbehalten anzutreffen.
»Wer will das wissen?«, fragte die Angesprochene abweisend und schob das schwarz gestrichene Gartentürchen wie ein Schutzschild zwischen sich und die ihr unbekannten Männer.
Schauß verließ den Wagen, zückte seinen Dienstausweis und hielt ihn der skeptischen Frau unter die Nase.
»Was will die Polizei denn von mir?«
»Wir möchten Ihnen gerne einige Fragen stellen. Können wir ins Haus gehen?«, fragte Schauß routinemäßig.
»Das will ich eigentlich nicht. Ich habe zwar nichts zu verbergen, möchte mich aber trotzdem nicht alleine mit zwei wildfremden Männern in meinem Haus aufhalten; auch dann nicht, wenn sie angeblich von der Polizei sind.«
»Gut. Natürlich, Frau Stein, wenn Ihnen das lieber ist«, entgegnete Tannenberg etwas irritiert. »Es geht um Folgendes …«, begann er, brach den angefangenen Satz aber gleich wieder ab. »Haben Sie heute Morgen schon die Rheinpfalz gelesen?«
»Nein. Mein Mann geht früh aus dem Haus und nimmt die Zeitung immer mit ins Büro. Ich lese sie dann abends. Aber warum interessiert Sie, ob ich heute Morgen die Rheinpfalz gelesen habe?«
Tannenberg ging nicht auf die Frage ein. »Sie sind erst gestern aus dem Urlaub zurückgekehrt? Stimmt das?«
»Ja, und? Jetzt sagen Sie doch endlich mal, um was es hier eigentlich geht!«, forderte die Frau ungeduldig.
»Dann haben Sie ja wahrscheinlich noch gar nichts von dem Serienmörder mitbekommen, der hier seit fast drei Wochen sein Unwesen treibt.«
»Serienmörder, hier bei uns?«, fragte Frau Stein ungläubig.
»Ja, leider. Nun aber zu dem Grund, warum wir Sie dringend sprechen müssen: Wenn wir richtig informiert sind, haben Sie nämlich die beiden Mordopfer gekannt, vielleicht …«
»Wer wurde umgebracht?«, fiel sie
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