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Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall

Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall

Titel: Pilzsaison: Tannenbergs erster Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Franzinger
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vernehmen konnte, nur noch gedämpft an sein Ohr drang.
     
    Eine Viertelstunde später begab sich Schauß erneut in das Büro seines Chefs, der sich verbal sofort auf ihn stürzen wollte, allerdings stoppte er seine Rachegelüste umgehend, als er die weibliche Person bemerkte, die hinter seinem Kollegen in sein Dienstzimmer hereingeschlurft kam.
    »Wolf, das ist Frau Krämer. Sie hat vorhin angerufen, weil sie glaubt, mal mit den beiden Frauen zusammengearbeitet zu haben.«
    »Ich glaub das nicht bloß, Herr Kommissar, ich weiß das hundertprozentig. Ich bin ja nicht blöd!«, korrigierte die sehr energisch wirkende kräftige Frau, die an Tannenbergs Besuchertisch Platz nahm.
    »Frau Krämer, wenn Sie gestatten, schalte ich nun das Tonbandgerät ein. Die Aufzeichnungen brauchen wir, weil wir alle so’n fürchterlich schlechtes Gedächtnis haben.«
    »Ist schon okay«, sagte die rotgefärbte Frau, mit offenem Mund Kaugummi knatschend – eine Angewohnheit, die Tannenberg auf den Tod nicht ausstehen konnte.
    Aber anders als sonst verkniff er sich die Aufforderung, den Kaugummi zu entfernen, denn mit dieser hochkarätigen Informantin wollte er es sich nicht verderben. Er kramte in seinem tiefsten Innern die letzten Reste von Höflichkeit und Freundlichkeit zusammen, die es trotz allem irgendwie geschafft hatten, die vergangenen frustrierenden Jahre, in denen sie kaum zum Einsatz gekommen waren, unbeschadet zu überstehen.
    »Liebe Frau Krämer, zunächst möchte ich mich ganz herzlich bei Ihnen bedanken, dass Sie sich die Zeit genommen haben, bei uns hier vorbeizukommen. Erzählen Sie uns doch bitte mal, woher Sie die beiden Frauen, die heute Morgen in der Zeitung abgebildet waren, kennen.«
    »Ganz einfach, Herr Kommissar, wir haben zusammen bei der Kreisverwaltung gearbeitet. Zwar nur ein oder zwei Jahre, aber ich erinnere mich trotzdem noch gut an die Elvira Kannegießer und an die Jutta Müller. Aber die Elvira ist ja schon bald zur Stadt gewechselt und die Jutta hat dann ja auch bald ihren reichen Arzt geheiratet und gleich Kinder gekriegt.«
    »Gut, danke, Frau Krämer«, sagte Tannenberg freundlich.
    »Wann, also in welchen Jahren, waren Sie zusammen bei der Kreisverwaltung beschäftigt?«, fragte Schauß.
    Die Frau überlegte laut schmatzend. »Das muss so um 1996 rum gewesen sein.«
    »Genauer wissen Sie das aber nicht mehr?«
    »Ist doch wohl genau genug!«, gab Frau Krämer giftig zurück. »Wenn Sie’s noch genauer wissen wollen, müssen Sie eben das Personalamt anrufen.«
    »Entschuldigen Sie meinen jungen Kollegen, er hat das nicht so gemeint. Wir sind wirklich sehr dankbar, dass Sie zu uns gekommen sind. Darf ich Sie noch etwas fragen, liebe Frau Krämer?«
    »Natürlich, Sie immer, Herr Kommissar.«
    »Gut, danke. Uns interessiert ein Fest oder ein Treffen oder so was – wahrscheinlich in oder um diesen Zeitraum herum, also etwa 1996 – in einem Naturfreundehaus oder einer Pfälzerwaldhütte, wo einige der Anwesenden mit einem Herrn Müller-Clausen eine Pilzexkursion durchgeführt haben. Erinnern Sie sich an so etwas?«
    Die beleibte Frau dachte angestrengt nach. »Ja, da gab’s mal so ’nen Betriebsausflug, wo der Personalrat auf die bescheuerte Idee gekommen ist, dass wir in den Wald gehen und Pilze suchen sollten. Aber ich hab mich gleich geweigert; ich bin doch nicht blöd und mach jeden Schwachsinn mit! Ich bin lieber gleich in die Kneipe.«
    »Da haben Sie aber recht gehabt, Frau Krämer«, schleimte Tannenberg.
    »Mit mir doch nicht!«
    »Da ist noch was: Die Leute sollen am Abend in froher Runde zusammengesessen sein …«
    »Das machen wir beim Betriebsausflug immer so. Abends ist schließlich Becherowka-Zeit.«
    Tannenberg verstand nicht so recht, was sein Gegenüber damit ausdrücken wollte, deshalb versuchte er es noch einmal damit, diese enorm wichtige Frage zu stellen. »Frau Krämer, an diesem Abend sollen Frau Kannegießer und Frau Müller mit einem Mann an einem Tisch gesessen haben und irgendwann ›Mama‹, dieses Lied von Heintje, gesungen haben. Und dann soll der Mann plötzlich aufgesprungen sein und ›ihr Schlampen‹ geschrien haben. Erinnern Sie sich daran?«
    »Ja, das weiß ich noch. Der Typ war total durchgeknallt. Ich hab ja nicht an dem Tisch gesessen, sondern an der Theke gestanden und ganz schön einen gebechert. Aber das hab ich mitgekriegt. Der war total verrückt, dieser Irre!«
    »Der Mann gehörte aber nicht zu Ihrer Gruppe, oder?«
    »Nein! Zum Glück nicht!

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