Pinguin Mord
Stefan
tauschten einen Blick. Natürlich kannten sie den Gegenstand.
Und sie fragten sich, wie Eckhardt an den Pinguinkopf gelangt
war.
Einige der Kollegen
blickten neugierig auf, als sie Heike an Stefans Seite sahen.
Weiter hinten im Raum lag das gläserne und schallisolierte
Studio. Roland Kracht stand im Studio und moderierte die
Morgensendung. Über der verschlossenen Eingangstür
leuchtete in roten Lettern das »On Air«-Schild. Heike
fühlte sich auf Anhieb wieder heimisch in der Redaktion und
begrüßte hier und da die Kollegen, bevor Eckhardt sie
und Stefan zu sich zitierte.
»Kommen
Sie!« Eckhardt führte sie zu seinem Büro.
»Also, das Ding hier kennen Sie beide doch, oder irre ich
mich?«
»Es sieht aus
wie der Kopf eines Pinguins«, konstatierte Stefan und
tauschte einen vielsagenden Seitenblick mit Heike. Brav folgten die
beiden dem Chef in sein Büro. Hier angekommen, pfefferte er
den abgetrennten Pinguinkopf in einen der ledernen Besuchersessel,
warf die Tür ins Schloss, und im nächsten Moment drang
der Lärm der Redaktion nur noch gedämpft an ihre Ohren.
Nervös nestelte Eckhardt an seiner Krawatte herum.
»Setzen Sie sich.« Eckhardt verschanzte sich hinter
seinem Schreibtisch, griff einen Kugelschreiber, tickerte ein paar
Mal damit und warf ihn zurück auf den Schreibtisch. Langsam
fiel die Nervosität von ihm ab.
Er musterte
Heike.
»Schön,
dass Sie wieder zu Hause sind.«
»Danke.«
Langsam entspannten
sich seine Gesichtszüge. Michael Eckhardt war Anfang vierzig
und von untersetzter Statur. Seine dichten, dunklen Haare standen
zu Berge. Hinter seinem Rücken munkelten die Mitarbeiter der
Wupperwelle, dass er sich stets die Haare zu raufen pflegte, sobald
die neuesten Einschaltquoten auf seinem Tisch lagen.
Die metallisch
glänzende Designer-Kaffeemaschine auf dem Beistelltisch
röchelte asthmatisch. »Kaffee?« Eckhardt sprang
auf und machte sich hektisch an der Maschine zu schaffen. Beide
bejahten.
Draußen rumpelte
eine Schwebebahn in Richtung Alter Markt vorbei. Es war der Sound
der Stadt, dachte Heike fast wehmütig. Wie lange hatte sie das
vertraute Geräusch der Schwebebahn nicht mehr
gehört?
Lächelnd
beobachtete sie ihren Chef, wie er drei Tassen mit dem schwarzen
Lebenselexier füllte. Nachdem sie alle mit Kaffee versorgt
waren, ließ er sich mit einem schweren Seufzer auf den Sessel
sinken und betrachtete seine Mitarbeiter nachdenklich.
»Die Pinguinale
2006 hat hier einen wahren Pinguin-Hype ausgelöst,
während Sie in Berlin waren, Frau Göbel. Herr Seiler wird
Sie bestimmt gerne über Details informieren. Und
jetzt…" Eckhardts Kopf hatte eine tiefrote Färbung
angenommen, während sein Blick auf den abgetrennten Kopf des
Pinguins fiel. »Und jetzt das da. Wissen Sie, was das
bedeutet?«
»Ärger?«, fragte
Heike zögernd.
»Exakt.«
Eckhardt nickte, sprang wieder auf und wanderte wie ein ruheloses
Tier durch das Büro. Vor dem Stuhl, auf den er den Kopf
geworfen hatte, blieb er stehen und massierte sich die
Schläfen.
»Können Sie
mir erklären, wer so etwas tut?«
»Ein Tierfreund
jedenfalls nicht«, versuchte Stefan ziemlich erfolglos einen Scherz
und fing sich einen verächtlichen Blick von Eckhardt ein. Doch
davon ließ sich Stefan nicht einschüchtern.
»Darf man
erfahren, wie das da…", er deutete auf den Pinguinkopf,
»wie das da in den Sender gekommen ist?«
»Dürfen
Sie, mein lieber Seiler, dürfen Sie.« Eckhardt nickte.
Seine Kieferknochen mahlten. »Ich hatte gestern Nacht noch
Besuch von meinem Freund Küppers.« Er fixierte Stefan
mit seinem Blick.
»Oha.«
Stefan drehte die Tasse zwischen den Händen und pustete in
seinen Kaffee, bevor er in kleinen Schlucken trank. »Das hat
man davon, wenn man ständig hier ist und kein gemütliches
Zuhause hat.« Küppers war der Pressesprecher der
Wuppertaler Polizei und ein guter Freund des
Wupperwelle-Chefredakteurs. Die beiden hielten zusammen wie Pech
und Schwefel. Stefan konnte sich gut vorstellen, dass seine
nächtliche Aktion bis zum Pressesprecher der Polizei
vorgedrungen war. Und dieser hatte demnach nichts Besseres zu tun
gehabt, als Eckhardt darüber zu informieren.
»Wir wurden
zufällig Zeugen, wie der Täter gerade im Begriff war, zu
flüchten«, versuchte Heike zu erklären.
»Ich weiß,
ich weiß.« Eckhardt winkte ab. »Das ist ja das
Drama.«
»Was ist daran
so verwerflich, dass wir Zivilcourage zeigen und den Täter
stellen wollten?«
Der Chefredakteur der
Wupperwelle lief
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