Pinguin Mord
brummte Bode. »Mein Gott, die quatscht dem ja
einen Knopf an die Backe. Sieh nur, wie sie auf ihn einredet! Wenn
das so weitergeht, dann …«
»Was geht denn
da ab«, unterbrach Pinter aufgeregt. Er deutete auf die
Monitore, die den Parkplatz aus verschiedenen Perspektiven zeigten.
Dort oben überschlugen sich die Ereignisse. Von der
schwarzhaarigen Frau war nichts mehr zu sehen. Im nächsten
Augenblick raste der Jaguar über den Platz, drehte eine
Ehrenrunde und kehrte mit rasender Geschwindigkeit zurück.
Eine Gestalt lehnte sich weit aus dem Seitenfenster.
»Guck
mal«, rief Pinter und packte den Kollegen am Unterarm. Da
Bode gerade im Begriff war, von seinem Milchkaffee zu nippen,
schüttete er sich die dampfende Brühe über den
Ärmel des Diensthemdes. »Mann, pass doch auf, du
Arsch!«, rief er ungehalten, um im nächsten Augenblick
von den Geschehnissen auf dem Parkplatz vor der Schwimmoper wieder
in den Bann gezogen zu werden.
Ein greller Lichtblitz
zuckte auf und war als heller Lichtpunkt auf den Monitoren zu
erkennen. »Der schießt!«, gellte Pinters Stimme
durch den kleinen Raum. Es bestand kein Zweifel, dass es sich bei
dem aufzuckenden Lichtblitz auf dem Monitor um Mündungsfeuer
gehandelt hatte. »Der hat eine Knarre - und jetzt gibt er
Gas!«
Bode nickte wortlos.
Wie gebannt betrachtete er das Treiben auf den Monitoren. Jemand
hatte auf den älteren Mann geschossen. Er stand mitten auf dem
Parkplatz, taumelte wie von einer unsichtbaren Faust getroffen. Der
Jaguar schoss heran. Im nächsten Moment wurde der wehrlose
Mann von der wuchtigen Haube des Jaguars getroffen und durch die
Luft katapultiert. Dann fiel er zu Boden wie ein nasser Sack und
blieb regungslos auf dem nassen Pflaster liegen.
Die Männer von
der Wachgesellschaft betrachteten fassungslos das Schauspiel auf
den Bildschirmen. Der Fahrer des Jaguars beschleunigte sein
Gefährt und steuerte den Wagen auf die Ausfahrt zu. Weder
Pinter noch Bode dachten auch nur eine Sekunde lang daran, dass der
Fahrer das Parkticket bezahlt haben könnte und es in den
Automaten schieben wolle. Er bretterte ungebremst durch die Schranke, die aus
der Verankerung gerissen wurde und in hohem Bogen durch die Luft
flog.
»Das Schwein
haut ab«, gellte Bodes Stimme.
Pinter nickte stumm
und griff mit zitternden Fingern zum Telefon. Sein Gehirn
funktionierte mechanisch, als er den Notruf der Wuppertaler Polizei
wählte und mit wenigen Worten schilderte, was geschehen
war.
3
Donnerstag, 21:35 Uhr,
Parkplatz am Johannisberg
Sie fühlte sich
elend. Schwarze Punkte tanzten vor ihren Augen. Die schwarzhaarige
Frau kauerte zwischen zwei geparkten Wagen. Sie spähte
vorsichtig durch die regennassen Scheiben, in denen die Lichter der
Parkplatzlaternen glitzerten. Der Fahrer des Jaguar hatte die
Bildfläche in einem höllischen Tempo verlassen, nachdem
Kötter zu Boden gegangen war. Vorsichtig verließ sie ihr
Versteck und blinzelte zu der Stelle, wo Karlheinz Kötter lag.
Der reife, gutaussehende Mann war durch die Wucht des Aufpralls
einige Meter durch die Luft geschleudert worden und bot einen
fürchterlichen Anblick. Das Gesicht auf dem nass schimmernden
Pflaster, die Gliedmaßen in unnatürlich verrenkter Lage
vom Körper abgewandt - er sah schrecklich aus. Überall
war Blut. Die junge Frau fühlte in der Tasche ihres Mantels
das kalte Metall. Das Ende von Karlheinz Kötter hatte sie sich
wahrlich anders vorgestellt.
Es bestand kein
Zweifel, dass er tot war.
Schluchzend brach sie
zusammen.
4
Donnerstag, 21:37
Uhr
»Geht es Ihnen
gut?«
Sie wandte sich im
Zeitlupentempo um. Über ihr hockte ein Mann in einer schwarzen
Uniform. An der Brusttasche seiner Lederjacke erkannte sie ein
Namensschild. »Helmut Bode«, stand dort. Es war der
Parkplatzwächter, der sich um sie kümmerte. Bode versuchte zu
lächeln. Es misslang. Sorge und Hilflosigkeit standen ihm ins
Gesicht geschrieben. So etwas hatte er noch nie erlebt. Ein
eiskaltes Attentat. Ein Mann war anscheinend tot, und die Frau?
Eine Träne rann über ihre Wange. Ausdruckslose Augen
blickten ihn an. Bode hatte keine Ahnung, ob sie verletzt war. Sie
starrte ihn mit kreidebleichem Gesicht an wie einen Geist. Stumm
weinte sie.
»Sind Sie
verletzt? Können Sie mich verstehen?« Der
Parkplatzwächter legte eine Hand auf ihre Schulter und
rüttelte sie sanft. »Brauchen Sie einen
Arzt?«
»Er ist
tot«, hauchte sie und schüttelte langsam den Kopf,
während ihr Blick ins Leere glitt. »Er
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