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Pinguine lieben nur einmal

Pinguine lieben nur einmal

Titel: Pinguine lieben nur einmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kyra Groh
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Irgendwie.«
    Ja, irgendwie war das schon nett. Trotzdem war es irgendwie nicht nett, dass ich (Achtung, urkomischer Wortwitz) mit der Tür ins Haus gefallen bin.
    »Gerne«, ist meine Antwort. Gerne?! Noch so ein Alte-Menschen-Wort.
    »Ja, also, dann stelle ich mich jetzt auch mal vor. Janosch. Janosch Winter.« Er streckt die Hand aus.
    Ich muss einen Schritt auf ihn zutreten, ehe ich sie ergreifen kann, weil unsere Arme sonst zu kurz wären. Es fühlt sich komisch an, dass mir jemand die Hand schüttelt, der mich dabei um gute fünfzehn Zentimeter überragt, aber den Kopf nicht zu mir senkt.
    Dann, als könnte er meine Gedanken lesen, neigt er den Kopf und sieht mich an. Zumindest fühlt es sich so an.
    »Feli.«
    »Ja, das weiß ich. Mein Gedächtnis ist gezwungenermaßen ganz gut.«
    Stille. Peinlichkeit.
    Jetzt bloß nichts Falsches sagen, schießt es mir erneut durch den Kopf. Aber die Auswahl dessen, was richtig wäre, ist offenbar klein.
    »Tut mir leid«, sage ich dann, »also nicht das mit deinem Gedächtnis, das finde ich natürlich super. Ich kann mir auch gut Sachen merken, aber wahrscheinlich nicht so gut wie du, ja, ähm… Ich meinte die Sache am Samstag. Das war ziemlich doof.«
    »Ja, das war es.«
    Na, vielen Dank. Offenbar hat er die Regeln dieses Spiels nicht verstanden. Wenn ich sage, dass das ziemlich doof war, erwarte ich gefälligst von meinem Gesprächspartner, dass er abwinkend Quaaaatsch, du, kein Ding! sagt.
    »Aber da kann man wohl nichts machen. Ich wollte auch bloß sagen, dass ich unhöflich war, als du den Kuchen vorbeigebracht hast.«
    Mir fällt auf, dass er sich nicht entschuldigt hat. Er hat lediglich angemerkt, dass er unhöflich war, und damit hat er vollkommen recht.
    »Ähm. Schon. Okay.« Da ist es wieder, das Ähm. Und das Okay ist auch dabei. Die beiden sind nämlich blöderweise Kumpels und treten bevorzugt in der Gruppe auf.
    »Gut. Tschüss.« Er presst ein Lächeln heraus und geht dann mit einer Handfläche an der Wand die Treppe hinunter.
    Ich verstehe ihn nicht.
    Ich hasse das.
    MEIN GEHIRN NERVT
    So ist es doch. Es lässt mich nicht in Ruhe. Es hält einfach nicht die Klappe! Sicherlich hat es zu viel Freizeit. Daran muss es liegen. Das ist der Grund, warum ich mich nicht mal auf die Sat.1-Zauberstaub-Idylle konzentrieren kann. Heute ist Dienstag, und Cem und ich gucken einen Film, für dessen vorhersehbaren Kitsch ich mich heute nicht begeistern kann.
    »Ich wette, am Ende bekommt sie den italienischen Eisverkäufer.«
    »Mhm.« Das ist Sat.1, natürlich bekommt sie den Eisverkäufer. Niemand würde gegen Cem wetten.
    »Obwohl… warum kann der eigentlich akzentfrei Deutsch? Der ist doch Italiener?«
    »Ist doch egal.«
    »Das ist nicht egal. Das ist unlogisch.«
    »Natürlich ist das unlogisch. Aber es ist schön. Natürlich kriegt sie den italienischen Eisverkäufer, und der muss akzentfrei Deutsch können, weil du als Zuschauer kein Italienisch kannst.«
    Cem sieht mich irritiert an und sagt dann grandioserweise: »Mi chiamo Cem. Come stai?«
    Ich lache, ziehe mir die Wolldecke über die Schultern und lasse das Fernsehbild wieder vor meinen Augen verschwimmen. »Glaubst du, Janosch guckt auch Fernsehen?« Ich versuche, beiläufig zu klingen.
    »Hä?« Cem versteht nicht.
    Ich verziehe das Gesicht und deute dann nach unten, als könnte ich genau in die Wohnung ein Stockwerk tiefer zeigen.
    »Ach so«, versteht Cem dann doch, »na ja. Er hört wohl eher Fernsehen.«
    Oh. Daran habe ich gar nicht gedacht! Um Missverständnissen vorzubeugen, sollte ich in Zukunft wohl besser darauf achten, was ich sage. Gerade weil Missverständnisse zwischen Janosch und mir an der Tagesordnung zu sein scheinen.
    »Warum sagst du das so abfällig?«, frage ich Cem empörter, als ich in Wahrheit bin.
    Aber er fühlt sich nicht im Geringsten schuldig.
    »Abfällig? Ich rede ganz normal. Janosch ist blind, aber nicht aus Zucker. Ich bin Mediziner, Feli, ich sehe Blindheit nicht als Krankheit.«
    Er ist Mediziner, der feine Cem. Ja! Seit vier Semestern!
    »Tust du nicht?«
    »Nein. Soweit ich weiß, wollen Menschen mit einer solchen Behinderung auch keine Sonderbehandlung. Im Gegenteil. Also muss ich auch nicht anders reden als sonst.«
    »So hab ich das noch nie gesehen.« Schon wieder so eine Redewendung. Das Wort sehen scheint in jeder zweiten Redensart oder Floskel vorzukommen. Eigentlich hat Cem recht: Man kann schlecht seinen ganzen Wortschatz umkrempeln. Der Gedanke, über jeden

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