Pinguinwetter: Roman (German Edition)
kommt Trine denn jetzt auf Marc? Sie wusste doch genau, dass er mein Immer-mal-wieder-Mann oder Übergangsmann war – und jeder weiß doch, worauf eine solche Beziehung basiert.
»Trine, nur zur Erinnerung: Ich bin Single. Und mich vom erstbesten Kerl schwängern zu lassen, nur weil ich jetzt gerade arbeitslos bin, sehe ich nicht unbedingt als optimale Lösung an. Und von Marc schon gar nicht!«
»Aber wieso? Er sieht doch gut aus. Hast du zumindest gesagt.«
Marc sah tatsächlich sehr gut aus. Allerdings hatte ich ihn als Übergangsmann nie einer meiner Freundinnen vorgestellt. Marc und ich trafen uns sowieso immer nur bei mir zu Hause. Apropos … Marc zu treffen wäre die perfekte Möglichkeit, heute Abend nicht in Depressionen zu versinken. Ich würde ihn gleich anrufen, nachdem Trine aufgelegt hatte.
»Fi-hiiiiiiinn!« Trine brüllte ins Telefon. »Hör sofort auf damit! Eins, zwei … bei dra-hei …!«
Ich hielt den Hörer vom Ohr weg. Es waren sicher hundertfünfzig Dezibel bei dra-hei.
»Weswegen ich eigentlich anrufe, Liebelein«, warf Trine emotionslos ein, »ich bin wieder schwanger.«
Oh Gott , dachte ich, nicht noch so ein Terrorist!
Trine und Pauls erstes Kind, Finn, der gleichzeitig auch mein Patenkind war, raubte mir bei den wöchentlichen Treffen den letzten Nerv. Er wirkte auf mich seit Jahren wie eine Art kostenloses Verhütungsmittel. Und jetzt wollte Trine noch einen davon in die Welt setzen? Ich konnte es kaum glauben.
»Wie schön!«, antwortete ich erwartungsgemäß. »Ich freue mich! Paul ist sicher aus dem Häuschen.«
»Ja«, sagte Trine, »er ist total stolz. Wir diskutieren gerade über den Namen des neuen Babys. Vielleicht kannst du uns helfen?«
»Weißt du denn schon, was es wird?«, horchte ich vorsichtig nach und betete in Gedanken: Hoffentlich kein Junge!
»Ein Junge!«, informierte mich Trine.
»Oh! Wie … schön!«
»Ja, oder?«
Anscheinend konnte Paul nur Jungs.
»Verdammt!!!« Trine brüllte schon wieder. »Ich glaube, die Waschmaschine läuft gerade aus, Charlotte, warte mal eben …«
Es knackte in der Leitung, und auf einmal war nichts mehr zu hören.
»Trine?!«
Ich nahm dunkel einige Hintergrundstimmen wahr. Das am häufigsten gebrauchte Wort dabei war: »Fi-hiiiiiiiiiiiiiiiiinn!«, gleich danach kam: »Verdammt!« Ab und zu hörte ich auch ein etwas leiser gefauchtes »Sitz!«. Was war denn da bloß schon wieder los?
Nach ein paar Minuten war Trine wieder am Hörer.
»Entschuldige, Charlotte, Finnilein hat die ganze Katzenstreu in der Küche verteilt, und jetzt ist auch noch die Waschmaschine ausgelaufen. Der Boden ist quasi katzenstreubetoniert. Na ja, Paul wird das schon wieder hinkriegen.« Trine schnaufte tief durch.
An ihrer Stelle hätte ich Finn wahrscheinlich dreizehn Wochen auf die Stille Treppe gesetzt. Aber Trine war die Ruhe selbst. Ein Phänomen.
»Nenn den Neuen doch Heino«, witzelte ich.
»Nein, Heino ist kein schöner Name. Aber Hein vielleicht …«, antwortete Trine.
Hein war sicher viel besser.
»Oder Jason-Rolf«, schlug ich weiter witzelnd vor.
»Das ist gut!« Trine freute sich über mein Engagement.
»Das sollte ein Witz sein, Trine. Nenn ihn bloß nicht so! Das kannst du später nie wieder gutmachen. Auf gar keinen Fall!«
Ab und zu sprang ich dann doch für die Rechte der Kinder in die Bresche, und das erste Recht eines Kindes ist ja wohl das auf einen guten Namen.
»Du musst wirklich zum Arbeitsamt gehen, solange du noch nicht schwanger bist, Charlotte«, wechselte Trine wie immer übergangslos das Thema.
Hatte ich das mit dem nicht vorhandenen Mann nicht eben schon geklärt?
»Ich glaube, ich muss bald auflegen. Paul ist auf der Couch eingeschlafen, und Finn steckt ihm gerade meine Selleriesticks in die Nase. Wie lange, meinst du, wird er ohne Luft auskommen?«
*
Als wir aufgelegt hatten, fühlte ich mich noch schlechter. Mona hatte ihre Leidenschaft zum Beruf gemacht und erhielt einen Großauftrag nach dem anderen. Trine hatte den schmerzfreien und immer frohen Paul an ihrer Seite und vervollständigte ihre Terroristenfamilie jetzt womöglich noch mit einem Hein-Jason-Rolf.
Und ich?
Ich war gefeuert.
Und Single.
Ich ließ mich auf den gemütlichen Sessel im Wohnzimmer fallen und wählte Marcs Nummer.
3. Kapitel
»Na, meine Schöne …«, begrüßte Marc mich an der Haustür.
Er kam direkt aus dem Büro; das konnte ich sofort an dem tiefschwarzen, unfassbar gut sitzenden Boss -Anzug erkennen, den er
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