Pinguinwetter: Roman (German Edition)
gerade trug. Seine blauen Augen strahlten, als stünde ich gerade in einem roten Bomb Playsuit von Agent Provocateur vor ihm.
Allerdings hatte ich mir nicht im Entferntesten Mühe gegeben, mich für ihn rauszuputzen, sondern trug einen Nicki-Anzug, der bereits so ausgeleiert war, dass ich ihn sicher Trine zur Heingeburt mit ins Krankenhaus geben könnte.
»Du siehst absolut fabelhaft aus«, bestätigte Marc meine Einschätzung, dass die Verpackung gerade keine Rolle spielte. Binnen weniger Minuten würde sie doch sowieso neben, unter oder auf dem Bett liegen.
Marc war die beste Therapie – egal, ob ich Liebeskummer wegen eines anderen hatte, es im Job mal nicht lief oder ich einfach nur Entspannung brauchte. Er war das Allheilmittel für alles und immer da für die schönen Stunden. Seit über zehn Jahren trafen wir uns in unregelmäßigen Abständen. Ich wusste zwar, dass ab und an eine Frau in Marcs Leben trat, fragte aber nie weiter nach. Marc hielt es mit mir genauso. Er war der beständige männliche Part in meinem Leben, der, wann immer ich es wollte, wieder aktiviert wurde.
»Ach was …« Ich winkte ab und bat ihn zur Tür herein.
Ich hatte ihn vermisst. Das merkte ich erst jetzt, in diesem Augenblick, in dem er vor mir stand. Er war groß und dunkelhaarig, hatte immer eine leicht sonnengebräunte, unglaublich weiche Babyhaut und roch wirklich fantastisch.
»Weinchen?«, fragte ich.
Es war unsere Standardfrage. Die Treffen liefen immer nach demselben Muster ab: Nach dem ersten oder zweiten Schluck Rotwein würden wir übereinander herfallen und ab da kein Wort mehr miteinander wechseln.
Marc hatte nie Lust auf tiefgründige Gespräche.
Einmal waren wir zusammen essen und danach im Kino gewesen, weil ich Marcs Überzeugung, dass wir uns nichts zu sagen hätten, widerlegen wollte.
Das war wohl der längste, stillste und traurigste Abend, den ich – neben der Live-Übertragung von Dianas Beerdigung alleine vorm Fernseher – je erlebt hatte. Somit blieb es bei gelegentlichen Treffen von kurzer Dauer ohne wechselseitige Beteuerungen unserer gegenseitigen Zuneigung.
Es war schon eine Weile her, seitdem wir uns das letzte Mal getroffen hatten. Damals war ich frisch getrennt gewesen, und Marc und ich hatten uns für unsere Verhältnisse sehr oft gesehen. Schließlich brauchte ich damals Trost; von Marc allerdings eher in physischer statt in psychischer Form. Aber es half, und darauf kam es an. Bei ihm wusste ich, was mich erwartete und was ich an ihm hatte.
Und auch diesmal hielt Marc, was sein Blick versprach. Nach dem zweiten Schluck zog er mich ohne Worte in mein Bett.
*
»Du bist die Beste!«, rühmte Marc später meine Aktivitäten der vergangenen zwei Stunden.
So, wie er mich gerade anlächelte, meinte er es tatsächlich ernst, das wusste ich. Bei jedem anderen hätte ich wahrscheinlich den Ignore -Button angeklickt, aber bei Marc ging das nicht. Es war eben Marc.
»Meinst du?«, fragte ich mit gespieltem Bambiblick. Ich wusste, dass der Blick bei Marc immer und unter allen Umständen funktionierte.
Heute war ein mieser Tag gewesen, sicher einer der miesesten in meinem bisherigen Leben. Und wenn das Leben einem einen Sprühsahne-Nachschlag auf den fast leergegessenen Eisbecher in Aussicht stellt, dann soll man zugreifen, dachte ich. Und zwar richtig.
»Du solltest noch mal überprüfen, ob ich wirklich die Beste bin«, flüsterte ich ihm ins Ohr. »Schließlich brauchst du handfeste Beweise.«
»Na dann!« Marc ließ sich nicht lange bitten. »Machen wir doch gleich noch mal den Gegentest. Nicht, dass mir am Ende einer vorwirft, das Ergebnis sei nicht wasserdicht.«
Lächelnd zog er mich an sich und küsste mich sanft mit seinen perfekten, weichen, fast herzförmig geformten Lippen auf den Mund.
Er ist der Beste, überlegte ich noch, bevor ich gar nichts mehr denken konnte.
*
Ein paar Stunden später saßen wir auf dem Bett, und ich begann, mich langsam wieder anzuziehen.
»Hör mal, Hase, ich muss dir was sagen.«
Marc druckste herum. Das war für ihn mehr als ungewöhnlich.
»Dass es dreimal toll war?« Ich grinste ihn an.
»Nein … Ich meine, das schon … Aber es ist was anderes.«
»Dass es superdupamegatoll war, erste Sahne, unverwechselbar und das Beste, was du je erlebt hast?«
Ich lächelte, streckte beide Arme aus, wuschelte mit den Händen durch meine wilden Locken und legte mich auf den Rücken. Ich fühlte mich seit gestern Morgen zum ersten Mal wieder wohl und
Weitere Kostenlose Bücher