Pinguinwetter: Roman (German Edition)
wieder warf sie es lasziv in den leicht gebräunten Nacken, wenn sie sich zu Marc umdrehte, der es sich inzwischen auf der weißen Couch inmitten von einem Meer weißer Orchideen mit einem Männermagazin bequem gemacht hatte. Jede Wette: Sarah-Nadine war eine Sauberfrau!
Sauberfrauen können zu jeder Zeit auf einem Segelboot einchecken und sehen klasse dabei aus – als ob sie gerade eben einer maritimen Bogner-Reklame entsprungen wären. Sie können zudem zu jeder Tageszeit spontan einen blend-a-med-Werbespot drehen. Sauberfrauen werden bei Douglas auch regelmäßig von Verkäuferinnen angesprungen, während ich meist mit einem eher gequälten Lächeln begrüßt werde.
Sauberfrauen kleiden sich grundsätzlich immer in Weiß. Und sie tragen vor allem grundsätzlich immer höchstens Größe 34. Und behaupten grundsätzlich immer, essen zu können, was sie wollen (»Ich liiiiiiebe Burger!« – »Ach ja? Dann iss mal!« – »Ach du, was ein Zufall, da hab ich doch gerade eben schon gegessen und bin noch sooo satt!«). Sauberfrauen haben auch grundsätzlich immer einen hervorragenden Stoffwechsel. Und sie kleckern nie, wenn sie essen.
Aber das Schlimmste an Sauberfrauen ist: Sie sind grundsätzlich immer unglaublich nett!
Oh nein! , dachte ich, wie soll ich es mit einer Sauberfrau aufnehmen? Seine dämliche Schwärmerei würde ich keine Minute länger ertragen.
Es war mein Marc! Ich war seine Nummer eins! Seit Jahren! Egal, welche Cindys und Sandys bei ihm aus und ein gingen – ich konnte mich immer darauf verlassen, dass er nach einem kurzen Anruf vor meiner Tür stand.
»Und was heißt überhaupt Abschiedssex? Das ist doch nicht dein Ernst, oder?«, fragte ich immer noch ungläubig.
Hab ich was verpasst? Vor wenigen Minuten liegt er noch auf mir, und jetzt macht er quasi Schluss? So fühlte es sich also an, wenn das eigene Sexleben auf den Scheiterhaufen getragen wurde.
»Na ja, ich dachte, du würdest dich auch freuen. Immerhin waren es ja einige Jahre …«
Klar.
Ich freute mich.
Und wie.
Ich war kurz davor, Luftsprünge zu machen und laut aus dem Fenster zu schreien, wie sehr ich mich freute!
Die komplett unterschiedliche und meist gegensätzliche Wahrnehmung von Männern und Frauen war mir selbst mit dreißig noch ein Rätsel.
Er konnte doch nicht ernsthaft glauben, dass ich mich freuen würde, eine derartige Mitteilung direkt nach dem phänomenalen Sex gerade eben zu bekommen?
»Ich freue mich nicht, Marc, und ich verstehe das auch nicht. Diese Sarah-Irgendwas da ist doch nicht die erste Bekanntschaft, die du hast, und meinetwegen wohnt ihr zusammen, und du sagst ja selbst, sie hat nichts gegen mich, also warum dann so endgültig?«
Ich hörte mich selbst, ich klang richtig verzweifelt. Seit der dämlichen Kündigung lief aber auch wirklich alles schief! Irgendwie kommt immer alles auf einmal. War das jetzt auch Murphy’s Law?
»Ich … also wir … Ich glaube, wir sind verlobt. Wir wollen heiraten. Es ist aus mit uns, Charlotte.«
Mir stockte der Atem. Seine Worte waren wie ein Stich mit einem stumpfen Brotmesser in die Magengrube. Ich hielt mir den Bauch, mir wurde schlagartig speiübel.
Ver-lobt.
Hei-ra-ten.
Mein Marc.
Das war doch blanker Hohn! Er musste doch selber merken, wie lächerlich sich das anhörte.
Ich hatte mir nie darüber Gedanken gemacht, wie es mit uns beiden weitergehen würde, wenn ich einmal heiraten würde oder zumindest wieder eine ernsthafte Beziehung hätte.
Und dass er einmal unsere sogenannte Freundschaft beenden würde, das war mir nie in den Sinn gekommen.
*
Als ich die Tür hinter ihm schloss und die Bilder in meinem Kopf wirr durcheinanderflogen, schossen mir heiße Tränen in die Augen. Vielleicht wäre er doch der Richtige gewesen? Der Eine? Vielleicht hätten wir es einfach noch mal anders versuchen sollen? Vielleicht doch mehr reden? Was wäre, wenn die klare Sicht auf den besten Mann meines Lebens nur durch guten (außerordentlich guten) Sex vernebelt war? Man sagt doch, in den sogenannten ernsten Beziehungen spielt Sex eine untergeordnete Rolle, war es nicht so?
Die Gedanken an die vielleicht größte verpasste Chance meines Lebens zermarterten mein Hirn. Um nicht weiter darüber nachdenken zu müssen, musste ich mich mit etwas anderem beschäftigen.
Ich holte mein Handy aus der Tasche.
Wer ist es diesmal?
Dann suchte ich Renate Handy in meiner Kontaktliste und schickte die Nachricht ab.
Waren SMS ins Ausland eigentlich teurer? Oder nur, wenn
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