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Pinguinwetter: Roman (German Edition)

Pinguinwetter: Roman (German Edition)

Titel: Pinguinwetter: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Sabbag
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man sie dort erhielt? Ich musste jetzt sparen. Solche horrenden Telefonrechnungen wie früher konnte ich mir nicht mehr leisten. Aber ich hatte ja schon aufgehört, meiner Mutter in alle Teile der Welt nachzutelefonieren, um sie ausfindig zu machen und zu überreden, doch wieder nach Hause zu kommen. Sie kam erfahrungsgemäß von alleine wieder, wenn die große Liebe sich als Luftblase entpuppte.
    Ich leistete dann meist tagelang Aufbauarbeit bei ihr, bei der immer sehr viel Sekt eine Rolle spielte, in Härtefällen auch Wodka.
    Jetzt könnte ich eine derartige Aufbaukur auch mal gebrauchen. Und zwar die harte. Aber mehr als kurze SMS waren wohl nicht drin.
    Nach wenigen Sekunden kam bereits eine Antwort.
    Diesmal ist es anders. Bin auf Eisbrecher mit Jörn. Bin jetzt Kapitänsfrau. Renate
    Eisbrecher? Das war wirklich mal was Neues. Ich betrachtete es von der praktischen Seite. Zumindest musste ich so mit meiner Mutter nicht ständig über meine desolate Situation sprechen und mich zu meinen nicht vorhandenen Zukunftsplänen äußern.
    Renate war eben anders, damit hatte ich mich längst abgefunden. Früher war ich immer neidisch auf meine Freundinnen gewesen, deren Mütter ihnen liebevoll bis zum achtzehnten Lebensjahr die Butterbrote geschmiert und das Bett gemacht hatten. Meine Mutter hingegen feierte den achtzehnten Geburtstag meines jüngsten Bruders Till offiziell als Independence Day und aß die Torte selbst.
    Jetzt hatte Renate also wieder mal die große Liebe gefunden.
    Die fiese Zänker, der Schädler, das Kündigungsgespräch, Monas und Trines Traumleben und Marcs dämliche Size-Zero-Zicke und die Tatsache, dass selbst meine Mutter jemanden hatte, der sie anscheinend glücklich machte – das war zu viel. Meine Tränen tropften mit einem leisen Plopp! auf das teure Parkett.
    Es war nun offiziell: Ich war der einsamste Mensch auf diesem beschissenen Planeten.

4. Kapitel
    »Ach du liebe Zeit! Charlotte, du siehst ja aus wie der Joker!« Paul sah mich mit dem Blick eines Mitleidenden an, der sich gleichzeitig Sorgen macht, seinen Erstgeborenen an eine derartig gefährdet erscheinende Person abzugeben.
    »Ach, Paul, sag nichts«, erwiderte ich resigniert.
    Nachdem Marc gegangen war und ich eine halbe Stunde alleine vor mich hin geheult hatte, hatte ich mich für Howard Carpendales Ti amo in der Endlos-Repeat-Version und Martini entschieden. Ohne Olive.
    Das sah man mir anscheinend gerade mehr an, als es mir lieb war.
    »Und diese Ringe da unter den Augen!«
    Paul sah wirklich erschrocken aus, als er Finn durch die Eingangstür in meinen Flur schob. Er zog ihm weder die Jacke aus, noch machte er irgendwelche anderen Anstalten, die darauf hindeuteten, dass sein Sohn die nächsten Tage bei mir bleiben würde.
    »Das ist Mascara«, gab ich apathisch zurück. »Kleiner Absturz gestern Abend. Nach allem, was passiert ist, darf man sich das doch mal gönnen, oder?«
    »Ich hab’s schon gehört, Charlotte. Trine hat das mit dem Job erzählt. Tut mir ehrlich leid. Und jetzt kommen wir auch noch und bitten dich, Finn zu nehmen. Vielleicht sollten wir das einfach vergessen, und ich melde mich im Büro krank, hm?«
    Der gute Paul! Hatte immer für jeden und alles Verständnis. Kein Wunder, er war ja auch mit Trine zusammen. Da konnte man nur stoisch werden.
    »Ach was! Nein, auf keinen Fall. Ich passe gerne ein paar Tage auf Finnilein auf. Wozu hat man denn Patentanten, nicht wahr, Finni?«
    Finnilein hatte es ebenfalls nicht für nötig befunden, sich seiner Jacke und Schuhe zu entledigen, und hüpfte bereits auf meiner beigen Couch herum, während er unverständliches Zeug vor sich hin summte. Es konnte ein frei interpretierter Remix von Rolf Zuckowskis Alle machen Fehler und Wie schön, dass du geboren bist gewesen sein, hörte sich aber eher an wie Ryrksnglynks . Ich wusste es nicht so genau.
    Ich hatte natürlich sofort Ja gesagt, als Trine und Paul angerufen hatten, um zu fragen, ob ich Finn nehmen könne. Paul musste öfter auf längere Dienstreisen und Trine wegen einiger kleinerer Schwangerschaftskomplikationen gerade immer wieder längere Phasen liegen. Deshalb konnte sie Finn nicht vollends gerecht werden, wie sie sagte.
    Die Frage, die ich mir allerdings stellte, als ich meinem Patenkind dabei zusah, wie es Zookekse aus der mitgebrachten Tupperdose zuerst einspeichelte, um sie dann in den weichen Sofastoff einzuarbeiten, war allerdings, ob ich das konnte.
    »Wirklich, Charlotte, du musst dich nicht

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