Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Pinien sind stumme Zeugen

Pinien sind stumme Zeugen

Titel: Pinien sind stumme Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
Vom Netzwerk:
Jabo-Angriff blitzartig aus ihrem Lastwagen flitzen. Aus der Deckung sahen sie, daß ihr Fahrzeug in Brand geschossen wurde.
    »Macht nichts«, grunzte der Gorilla. »Es ist sowieso kein Sprit mehr aufzutreiben.«
    Zu Fuß erreichten sie die Lazarettstadt Siena, ein Kleinod aus dem 12. und 13. Jahrhundert. Für Kampftruppen blieb der Zugang zu der berühmten Kunststadt und Rivalin von Florenz gesperrt. Auch hier waren die Krankenhäuser und Hospitäler überlastet, aber die vier fanden das Luftwaffen-Ausweich-Lazarett.
    »Verspätet, aber vollzählig«, empfing sie der Spieß, der den Ausbruch aus Frascati ebenfalls geschafft hatte. »Gratuliere, ihr seid wirklich zähe Burschen. Der Stabsarzt ist leider gefallen. Wir verlegen heute Nacht in ein ehemaliges Kloster nördlich von Volterra – natürlich nehmen wir euch mit –, und bis jetzt haben wir sogar Fahrzeuge.«
    Der nächtliche Transport war gut organisiert: Männer eines Vorauskommandos hatten das Ausweichquartier 15 Kilometer nördlich des viel besuchten Städtchens bereits am Vortag erreicht und durchtelefoniert, daß man keine glücklichere Wahl hätte treffen können. Die Landschaft wirkte wie gemalt, von einem Künstler, der sehr viel Sinn für Perspektive hatte. Es gab keine Eintönigkeit, die Zitadellen, Häuser, Kapellen und Abteien passten in dieses Paradies, als wären sie bei der Schöpfung gleich mitgeliefert worden.
    Das Notlazarett, ein stillgelegtes Kloster aus dem 15. Jahrhundert mit dickem Gemäuer und massiven Kellergewölben, stand auf einer Anhöhe bei Terriciola, inmitten eines riesigen Naturparks. Beim Aussteigen sahen die Verwundeten auf der linken Seite des Daches das rote Kreuz auf weißem Grund gemalt und auf der rechten eine Fahne mit dem weißen Kreuz auf rotem Grund.
    »Bin ich besoffen?« grinste der Gorilla. »Hab' doch noch gar nichts getrunken heute.«
    »Das eine ist die Rotkreuzflagge und das andere das schweizerische Nationalemblem«, klärte ihn Panizza auf. »Ich hab' erfahren, daß der herrliche Besitz einem Baron aus der Schweiz gehört – aber bis auf einen Flügel ist der Komplex als deutsches Notlazarett requiriert.«
    Die Neuankömmlinge wurden gründlich versorgt, und jetzt stand endgültig fest, daß der Oberleutnant seinen Arm behalten würde; er konnte damit schon wieder die Chiantiflasche heben, die ihm der Spieß spendierte. Bruno mußten Splitter aus dem Rücken herausoperiert werden, die zu wandern begannen. Auch Kopetzky und der Pikkolo waren noch nicht wieder kampffähig, obwohl man jetzt schon die Nackten und die Toten an die Front warf.
    Erstmals erlebten Sollfrei, Panizza, Kopetzky und der kleine Kopatsch eine echte Rekonvaleszenz. Sie saßen in dem gepflegten Garten in der Sonne und vergaßen, die Maschinen der feindlichen Bomberpulks zu zählen, die sich über Volterra sammelten und zurückflogen. In Friedenszeiten hatte die Stadt mit ihren Palästen und Fresken die Fremden in Scharen angezogen, denn es hatte das Trecento und Quattrocento ebenso bewahrt wie das benachbarte Gimignano, der Ort mit den schönsten Türmen (dreizehn an der Zahl). Viele Italienkenner hielten ohnedies die Toskana für die anheimelndste Provinz des Landes, und so war der Besuch der beiden Nachbarstädtchen für sie ein Pflichtgenuß.
    Nunmehr war Volterra nur noch Orientierungspunkt alliierter Luftgeschwader.
    »Ich fürchte, hier sind unsere Tage auch schon gezählt«, sagte Oberleutnant Sollfrei, als der Spieß eine zweite Korbflasche herrlichen Weins brachte. War er so freigebig, weil er schon um seine Bestände fürchtete?
    »Wissen Sie etwas über die Frontlage?« fragte ihn der junge Offizier.
    »Beschissen wäre geprahlt«, erwiderte der Mann mit den Armeistreifen. »Siena ist gefallen, und jetzt tobt die Schlacht bereits südostwärts von Livorno bei Volterra. Die dort kämpfende deutsche Panzergrenadier-Division hat im Gefecht schon drei Bataillonskommandeure und fast alle Kompaniechefs verloren. Da können Sie sich ja vorstellen, wie das ausgehen wird, Herr Oberleutnant.« Er holte eine Straßenkarte aus der Tasche. »Hier«, sagte er und deutete auf eine eingezeichnete Linie, »sollen die Alliierten aufgefangen werden. Wir müssen schnellstens über den Arno zurück.«
    »Haben Sie schon einen Verlegungsbefehl?« fragte Sollfrei.
    »Es gibt kein Verlegen mehr«, erwiderte der Hauptfeldwebel. »Wir haben alle Fahrzeuge abgeben müssen, und viele unserer Verwundeten sind nicht transportfähig.«
    »Das heißt

Weitere Kostenlose Bücher