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Pinien sind stumme Zeugen

Pinien sind stumme Zeugen

Titel: Pinien sind stumme Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Alliierten hörten nicht mehr auf den Vatikan, der sie beschwor, mit den Partisanen vorsichtig zu sein, weil er befürchtete, die Alliierten könnten linke Gruppen stärken. Nach der Befreiung Roms war das ›Comitato di Liberazione‹ aus dem Untergrund an die Öffentlichkeit getreten und hatte seitdem einen weit höheren Stellenwert erhalten.
    Die Angloamerikaner stellten ihre Bedenken gegen die Resistenza weitgehend zurück. Sie erließen einen Aufruf über Radio und verbreiteten Flugblätter.
    ›An alle in ganz Italien, die Waffen besitzen: Benutzt sie und fahrt fort, sie zu benutzen. Vermeidet offene Kämpfe, aber unternehmt Überfälle und legt Hinterhalte … An alle, die Sprengstoff besitzen: Sprengt Brücken und Eisenbahnbrücken, Telefon- und Telegrafeneinrichtungen … Die Alliierten liefern den Partisanen Tausende automatischer Waffen. Schau nach, ob nicht eine für dich dabei ist …‹
    General Alexander hatte erfaßt, daß die Guerillatätigkeit im Rücken des Feindes die Anglo-Amerikaner entlasten und den Deutschen Verluste zufügen würde. Die Kämpfe bis zur Einnahme Roms hatten die Angreifer 20.289 Gefallene, 20.139 Vermißte und 84.389 Verwundete gekostet. Nunmehr sahen sie eine Möglichkeit, wohlfeil den Feind zu schädigen und dabei Blut zu sparen.
    »Noch etwas«, sagte Panizza. »Die Deutschen müssen über erstaunliche Mengen englischer Pfundnoten verfügen …«
    »Das ist mir auch schon aufgefallen«, erwiderte Ginty, der frühere Falschgeldspezialist von FBI.
    »Du solltest der Sache nachgehen, Craig«, forderte ihn Jack Panizza auf.
    »Ich habe mir bei den Engländern bereits eine Abfuhr geholt«, entgegnete Ginty. »Sie erklärten, bei den Pfundnoten müsse es sich um reguläre Bestände der Deutschen Reichsbank handeln.«
    »Bei den Italiern zirkulieren aber Gerüchte, daß es deutsche Fälschungen sind.«
    »Dann wären sie allerdings erstaunlich gut«, erwiderte Ginty. »Kaum zu glauben.«
    »Bleib am Drücker, Craig«, bat Jack Panizza. »Wenn die Deutschen Pfundnoten fälschen, könnten sie den Markt auch mit Dollarnoten überschwemmen.«
    Ginty nickte mehr höflich als überzeugt, aber er war bekannt dafür, daß er jeder Spur folgte.
    Inzwischen hatte die OSS-Funkstelle den unterbrochenen Kontakt mit den Verrätern wieder aufgenommen und sie wissen lassen, daß ihre erneute Waffenanforderung dem alliierten Hauptquartier in Caserta zur Genehmigung vorgelegt worden sei. Molossos Funker berichtete von einem gewaltigen Zulauf italienischer Patrioten zu seiner ›Forza-e-Patria‹-Gruppe und bat um die höchstmögliche Menge an Schnellfeuergewehren, Maschinenpistolen, Munition und Sprengsätzen, die an der alten Abwurfstelle übergeben werden sollten. Damit seien sie in der Lage, den gegnerischen Truppen beim Rückzug von Livorno in den Rücken zu fallen.
    Die angeblichen Partisanen wurden noch einen Tag lang hingehalten, dann erfuhren sie, daß der Waffenabwurf am Freitag, null Uhr 30, an der verabredeten Stelle erfolgen würde.
    Panizza und Cassidy blieben knapp zwei Tage, den Coup vorzubereiten. Diesmal wurde das Manöver sorgfältig geplant: Flugzeuge würden in der Nähe der Abwurfstelle Störflüge unternehmen, um vom Zweck des Einsatzes abzulenken. Die beiden Agenten wollten jenseits des Arno landen; ein dafür geeignetes Gelände hatten sie gefunden. Ein heißer Einsatz, doch seine Akteure waren voller Zuversicht. Von hundert Italienern würden ihnen neunzig behilflich sein – sie durften nur nicht an die anderen zehn denken.
    Mit italienischen Freiwilligen, die sich auch noch nach dem Badoglio-Abfall zur Achse bekannten, hatte die deutsche Wehrmacht inzwischen schlechte Erfahrungen gemacht. Von einer deutsch-italienischen Kommission waren 1.200 Offiziere und 4.000 Unteroffiziere ausgewählt worden, als Gerippe für vier Divisionen, die auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr von der Wehrmacht ausgebildet und mit modernen Waffen nach Norditalien verlegt wurden, um von hier an die Front zu kommen. Bereits auf dem Transport von Bayern über den Brenner desertierten die Soldaten rudelweise. Sie sprangen in Bergkehren aus den langsam fahrenden Güterzügen und machten sich in entlegene Gebirgstäler davon, um von da aus nach Hause zu gehen oder sich unterwegs den Partisanen anzuschließen. Ihre Offiziere und Unteroffiziere hielten sie nicht auf – sie sprangen voraus oder hinterher. Bataillone mit einer Kampfstärke von 750 Soldaten hatten am Ziel nur noch 80 bis 90

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