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Pinien sind stumme Zeugen

Pinien sind stumme Zeugen

Titel: Pinien sind stumme Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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auch eine Schwester injizieren.« Er reichte ihm die Hand. »Tante grazie für euer Dazwischentreten«, bedankte er sich dann. »Bitte verschwindet jetzt. Wenn ihr euch beeilt, habt ihr eine Chance – ich wünsch' euch jedenfalls alles Gute.«
    Bleich und müde kam Oberleutnant Sollfrei aus dem Badezimmer. Sie wollten ihn stützen, aber er ließ es nicht zu.
    »Na, die Wundermedizin scheint ja schon mächtig zu wirken, Peter«, bemerkte Bruno.
    Es wurde ein hastiger Abschied. Anna Maria umarmte ihren Bruder und weinte. Deshalb war der jüngste Panizza froh, als sie das Haus verlassen hatten.
    »Moment mal«, sagte der Gorilla. »So sehr pressiert's ja nun auch wieder nicht.« Er untersuchte den ›Lancia‹ der Koch-Schergen und fand einen vollen Kanister Sprit. Er trug ihn zu ihrem vom kleinen Kopatsch bewachten Lastwagen.
    Nach zweihundert Meter Fahrt kam ihnen ein Carabinieri-Kommando entgegen. Es fuhr langsam an ihnen vorbei. Die Straßen waren noch immer leer, mitunter dröhnten Radiodurchsagen aus den Wohnungen. Rom hörte an diesem Tag nur einen Sender: BBC-London. Soeben war das Stichwort ›Elefant‹ durchgegeben worden, und das hieß, daß sich die Widerstandsgruppen zum Einmarsch der Alliierten bereithalten sollten.
    Heftige Kämpfe tobten auf den Nationalstraßen 6 und 7, aber auch auf Nebenstrecken der Via Prenestina und der Via Tuscolona stießen die alliierten Panzerkeile gegen Rom vor. Aber nicht im Süden, wo sie vom Gelände aufgehalten wurden, sondern im Osten näherten sich die ersten Verbände der Stadt, die schon in der Antike den Namen ›caput mundi‹, Haupt der Welt, geführt hatte.
    Es trat ein, was Oberleutnant Sollfrei vorausgesehen hatte: Sobald Rom in Sicht war, pfiffen die Frontkommandeure auf ihre Befehle und leisteten sich einen Wettlauf. Nicht nur die Amerikaner und Engländer konkurrierten miteinander, in London hatte die Exilregierung aus Warschau gefordert, daß die polnischen Truppen wegen ihrer in den Cassino-Schlachten erwiesenen Tapferkeit unbedingt an diesem Marsch auf Rom beteiligt werden müßten. Auch der französische General Juin, der schließlich die Cassino-Front zum Einsturz gebracht hatte, wollte mit seinen Truppen nicht leer ausgehen. Der Oberkommandierende der 5. Armee, General Clark, der zwischen seinen Frontausflügen in seinem Hauptquartier Hof hielt wie einst der Sonnenkönig in Versailles, stand unter Druck, denn er wußte, daß in zwei Tagen die ›Operation Overlord‹ anlaufen würde, die Invasion an der Atlantikküste. Wollte er sich durch Schlagzeilen und Fotos in Siegerpose feiern lassen, müßte er sich das Diadem schnellstens aufs Haupt setzen, sonst würden ihm die Ereignisse in der Seine-Bucht die Schau stehlen.
    Die ersten ›Sherman‹-Panzer rollten gegen die Porta Sapienza vor, das Tor der Weisheit. Sowohl die Alliierten als auch die Mächte der gebrochenen Achse Berlin-Rom hofften, die Römer würden weise genug sein, Besinnung zu wahren. Unabgesprochen waren sich Alliierte und Deutsche einmal einig. Keine der kriegführenden Parteien wollte das Odium auf sich nehmen, das Ewige Rom zerstört zu haben. Auch der aus Moskau nach Neapel übersiedelte Kommunistenführer Palmiro Togliatti hatte nach einigem Zögern dem angloamerikanischen Wunsch entsprochen, über Radio seine Anhänger zur Mäßigung aufzurufen. Nur die extrem linke Gruppe ›Bandiera rossa‹, 3.000 Mann stark, hetzte die Instinkte auf, um durch einen allgemeinen Aufruhr die Macht zu übernehmen.
    Der 4. Juni war ein heißer Tag. Die Maden fühlten sich nicht mehr wohl im Besatzungsspeck. Stäbe, die sich in den engen Straßen Roms breitgemacht hatten, machten sich jetzt dünn. Sie traten, mit Sack und Pack beladen, die Flucht aus der Stadt an.
    Das berüchtigte Trastevere-Gefängnis (der Gestapo-Chef hatte angedroht, es mit allen Häftlingen in die Luft zu sprengen) stand auf einmal offen. Von der Via Tasso, Kapplers Hexenkammer, wurden die Wachen zurückgezogen. Die Frauen der geschundenen und abgemagerten Gefangenen kamen dem Befreiungskommando der Carabinieri noch zuvor. Die Befreiten stürmten die Büros und schlugen alles kurz und klein.
    Auf dem Monte Seratte wartete in seinem Hauptquartier der Stadtkommandant Maeltzer auf Weisungen, die nicht eintrafen. Er war schon zu früher Stunde zum Umfallen betrunken und redete seine Umgebung in einem schauerlichen Französisch an. Seine Befehle wurden ohnedies nicht mehr befolgt. Die Uhr war abgelaufen.
    Die Nachhut der dezimierten

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