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Pink Christmas 2 (German Edition)

Pink Christmas 2 (German Edition)

Titel: Pink Christmas 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Bauer
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Schlappschwanz!
    Ich hätte mich, mit einem Schild bewaffnet, vors Schulportal seines Gymnasiums postieren müssen: Intoleranz ist Scheiße !
    Hätte man das begriffen? Vielleicht, wäre ich mehrere Tage hintereinander aufgetreten und hätte ich zusätzlich Rundbriefe verteilt.
    Stattdessen rannte ich ziellos durch die Stadt. Allein, wie ein gejag tes Huhn. Ich hatte Angst, wohl mehr um mich. Ich sah mich im Stich gelassen, schließlich konnte Daniel seinen Beruf nicht aufgeben. Und was hätte ich machen sollen? Zu den Alten zurückkehren? Unmöglich.
    Ich war immer noch unterwegs. Jetzt schon zwei Stunden.
    Die Putten der alten Patrizierhäuser in unserem Bezirk schienen mir zu drohen. Im Licht der untergehenden Sonne leuchteten sie rötlich. Für mich war das wie das Blut eines Verletzten, der überfahren worden ist. Ich sah mich auf dem Asphalt liegen. Noch schneller, als ich hierher gekommen war, lief ich wieder zu ihm. Ja, seine Wohnung war bereits mein Zuhause. Da sah ich ihn wieder, wie er voller Ungeduld auf mich wartete, vielleicht war es auch Furcht, dass mir etwas passiert sein könnte! Mir entging nicht der Glanz in seinen Augen, als er mich in seine Arme schloss.

    Die Einfahrt des Rostockers wird signalisiert.

    Nun die Ansage für mich, für seinen Zug, für sein Abteil, für seinen Platz, für Daniel. Ich habe im Richtungsanzeiger den Wagenstandort abgelesen. Ich sehe uns bereits beim Kochen zum heutigen Fest. Ich hatte eine Ente gekauft, schon Kartoffelklöße vorbereitet und den Rotkohl gestern Nachmittag angerichtet. Hinterher gibt’s Zimtsterne mit Schlagsahne. Sein Lieblingsgebäck. Abends gehen wir ins Konzert. Ob er meinen Weihnachtsbaum mag? Nach zwei Jahren endlich wieder ein gemeinsames Weihnachtsfest! Wenn ich ehrlich bin, freue ich mich am meisten aufs Bett oder auf die Dusche. Oder auf beides.
    Was wird er sagen, wenn er mich erspäht hat?
    Auf dem gegenüberliegenden Gleis eingefahren, geht ein Ruck durch alle Waggons, der ICE aus Rostock kommt zum Stand. Automatisch öffnen die Türen.
    Eine Meute von Männern ergießt sich auf den Bahnsteig, alle in Schnürschuhen, dunklen Jacken und rabenschwarzen Jeans. Kahlgeschorene Köpfe, ein Gegensatz. Wie poliert. Nichts von Festlichkeit. Eher wie runde Arschbacken. Man grölt. Eigentlich nichts Besonderes, man ist das gewohnt, auch Fußballfans krakeelen so.
    Da sehe ich genau in meiner Höhe ein Plakat: Bounty Killer kommt am 25. Dez. nach Leipzig .
    Unwillkürlich zucken meine Brauen, eine Gänsehaut überzieht mich.
    Ausgerechnet in diesem Moment muss eine Bande von Rechten eintreffen. Ich greife in mein Jackeninneres. Das Diktiergerät liegt tief in der Tasche.
    Bounty Killer ist Musiker. Eigentlich eher ein Hass-Sänger, Aufhet zer, ein Menschen-Verachter, ein Kopf-Mörder. Auf seinen CDs wiederholen sich Themen: Man solle die Puffs in Brand stecken oder Schwuchteln müssen ertränkt werden .
    Da hält der Hamburger ICE.
    Ich dränge an die sich öffnenden Türen. Ich sehe Daniel vorn stehen. Er ist unverändert. Lustig anzusehen, strahlend, fröhlich, ich kann den Augenblick nicht beschreiben. In der Hand einen unverhüllten Strauß, Tannenzweige und Christsterne. Meine Lieblingsblume. Er schenkte sie mir immer zu Weihnachten. Ich strahle, weil er dies nicht vergessen hat.
    Ich habe mich nicht beherrscht.
    Als er auf dem Bahnsteig steht, umarme ich ihn wie früher, vergesse die Songs und die Horde, küsse Daniel, der sprachlos von dieser Euphorie alles über sich ergehen lässt.
    Begrüßung mit Zungenschlag, wie lange hatte ich darauf gewartet?
    Ich höre noch, wie jemand schreit:
    „Tunten, Wichser!”
    Ein Schlag auf meinen Schädel.
    Meine Knie geben nach, ich sacke nach unten, reiße Daniel mit, der unter mir begraben wird. Sein Mitbringsel fliegt durch die Luft. Ich sehe Menschen, die in alle Richtungen fliehen. Auch heute – zum Weihnachtsfest - versteckt sich Zivilcourage.
    Man tritt mit Knobelbechern auf mich ein, dann wird mir schwarz vor Augen. Später im Krankenhaus erfahre ich, was passiert war. Die Bahnpolizei soll schnell vor Ort gewesen sein.
    Der Mob sei überall, meint ein Arzt.
    Man jagt mir Injektionen in den Hintern.
    Meine Eingeweide scheinen Raubkatzen zu zerfetzen. Ich hauche Daniel zu, dass er in meine Wohnung fahren solle. Von dort würde er sofort anrufen, ließ ich ihn mit Überzeugung wissen. Widerwillig zieht er los. Die ersten Schmerzspritzen wirken bereits. Mein Kopf wird klarer. Mir kommt zu

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