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Pink Hotel

Pink Hotel

Titel: Pink Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Stothard
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Wäsche aus, drückte er einen
Zitronenschnitz darüber aus, strich dann mit der zerquetschten Zitrone über den
Rand des Glases und ließ sie in den Martini fallen. Mit einem flüchtigen,
zerstreuten Lächeln servierte er mir den Drink.
    »Zum Wohl«, sagte August und ging. Ich hielt den Stiel des Glases
zwischen den Fingern und wollte schnell etwas sagen, um ihn zurückzuholen, doch
meine Stimme versagte. Schweigend nippte ich am Wodka und sah zu, wie Augusts
attraktives Gesicht beim Anblick einer Frau [66]  im Businesskostüm aufleuchtete.
Sie redete über eine neue Rockband, die am Vorabend in einem Club gespielt
hatte. Plötzlich fühlte ich mich auf dem Barhocker exponiert und kippelig. Ich
kletterte runter und zog mich an einen leeren Tisch mit guter Sicht auf den
Tresen zurück.
    »Die waren der Hammer«, sagte die Frau im Businesskostüm lächelnd
und presste die Hände vor ihren Brüsten zusammen. »Einfach nur geil. Wir haben
getanzt bis zum Umfallen. Hat Spaß gemacht.«
    »Echt? Muss ich mir auch irgendwann mal reinziehen«, sagte August
gedehnt; der Blick aus glänzenden braunen Augen ließ sie nicht los.
    »Ich kann dir das Album brennen, wenn du
magst?«
    »Das wär cool.«
    »Kein Thema.« Lächelnd lehnte sie sich an den Tresen, um weiter mit
ihm zu flirten, während ich Augusts Hinterkopf zusah, wie er sich auf und ab
bewegte, wenn er mal wieder in ein bewunderndes Lachen ausbrach. Gelegentlich
wickelte sie sich das schulterlange Haar um ihre Finger mit den lackierten
Nägeln oder bückte sich, um an der Schnalle ihrer hochhackigen weißen Schuhe
herumzufummeln. Ich zog Lilys Buch aus der Tasche und legte es auf den
klebrigen Tisch, das Cover nach hinten geklappt, um das Bild des nackten Mannes
zu verdecken. Das Polaroid hatte ich zur Aufbewahrung in das Taschenbuch
gesteckt, und es lugte seitlich daraus hervor. Eine halbe Ewigkeit saß ich
allein am Tisch, während immer mehr Leute aufkreuzten – ein Bärtiger, der mit
einer künstlich gebräunten Platinblonden Händchen hielt, zwei Männer, die
schweigend Zeitung lasen. [67]  Endlich schaute August in meine Richtung und sah
mir eine halbe Sekunde lang in die Augen, aber inzwischen hatte ich es schon so
lange aufgeschoben, ihm das Foto zu zeigen, dass ich nun genauso gut bis zur
Schließzeit damit warten konnte. Sonst würde er sich nämlich wundern, wieso ich
nicht gleich damit rausgerückt war. August glitt zur anderen Seite des Tresens
zurück, während ich weiterlas, wie es Enkidu und der Dirne Shamhat erging. Ich
las langsam, immer gewahr, wie Augusts Gestalt hinter dem Tresen hin- und
herhuschte. Einmal kam es mir so vor, als flüsterten er und der
Nomaden-Barkeeper über mich, denn als ich aufsah, schauten beide rasch weg.
    Gegen Mitternacht leerte sich die Kneipe. Zuerst verzogen sich die
meisten Pärchen, danach das Studentengrüppchen aus der Ecke, dann die Männer
mit den Zeitungen und ein Trupp Geschäftsmänner, die ich nicht hatte kommen
sehen. Der Bärtige und seine platinblonde Freundin knutschten noch kichernd in
einer Ecke, während August und der Nomade die Tische abwischten und überall das
Licht anschalteten. Es war mir peinlich, einfach sitzen zu bleiben, aber August
lächelte mir zu, als Neonlicht durch den Raum flutete und die letzten Gäste grölend
zur Tür hinaustorkelten. Sein Lächeln war nicht ganz echt, irgendwie verwirrt,
so als würde er nicht so recht schlau aus dem Geschöpf im schlechtsitzenden
roten Kleid und Stiefeln, das lesend in der Ecke hockte. Ich wartete, dass er
mich ansprechen oder mir sagen würde, dass Feierabend war, doch er tat es
nicht. Deshalb fragte ich, fast schon unhörbar leise:
    [68]  »Macht ihr jetzt zu?«
    »Häh?« August stützte die Ellbogen auf den Tresen, wie um mich
besser hören zu können. Die Lampen waren zwar ein-, die Musik aber noch nicht
ausgeschaltet.
    »Macht ihr jetzt zu?«, wiederholte ich etwas lauter.
    »Du bist Engländerin«, sagte er.
»Stimmt’s?«
    Ich nickte. »Ich hau dann wohl ab«, sagte ich, ohne aufzustehen.
    »Was liest du denn?«, fragte er und lächelte, als amüsierte er sich
über mich.
    »Ist nicht besonders gut«, sagte ich, klappte es zu und legte es
verkehrt herum auf den Tisch. »Ich hab’s geliehen. Nichts Besonderes.«
    »Immerhin hast du den ganzen Abend drin gelesen. Muss doch ziemlich
interessant gewesen sein. Noch einen Drink, bevor du gehst? Wir haben Wetten
abgeschlossen, ob du mit jemandem verabredet warst oder nicht.«
    »Ich war mit

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