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Pink Hotel

Pink Hotel

Titel: Pink Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Stothard
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niemandem verabredet«, sagte ich.
    »Keiner hat dich versetzt?«, wunderte sich August. »Wirklich? Ich
meine, das passiert den Besten. Ist doch keine Schande.«
    »Nein«, sagte ich. »Es sah einfach nur nach ’ner netten Kneipe aus.
Hast du jetzt die Wette verloren?«
    »Du hast so ausgesehen, als ob du auf jemanden wartest«, erwiderte
August achselzuckend. »Aber ich konnte ja nicht ahnen, dass du Engländerin
bist. Engländer sind komisch«, sagte er. »Jeder Engländer, den ich kannte, war
am Arsch«, sagte er. »Irgendwie seltsam, verstehst du?«
    [69]  »Ich hatte bloß Lust, mein Buch zu lesen«, sagte ich. »Ich war
mit Freunden unterwegs, aber die sind heute früh alle abgereist, und ich fahr
erst morgen.«
    »Ich versteh nichts«, sagte er. »Du musst lauter reden.« Er wandte
sich an den Nomaden, der dabei war, die Stühle hochzustellen. »Rob! Machst du
mal die Musik leiser?«
    »Schon okay«, sagte ich. Rob verdrehte die Augen Richtung August und
drehte pflichtschuldig die Musik etwas leiser, ehe er weiter aufräumte.
    »Dann hab ich mich geirrt, niemand hat dich versetzt, du bist bloß
ein bisschen seltsam«, sagte August und stellte drei Gläser auf die Theke. »Ich
mix Rob und mir einen Drink, und du kriegst auch einen, wo du schon mal da
bist. Rob hier hat nämlich Geburtstag«, sagte August.
    »Ich will keinen«, protestierte Rob.
»Ich geh nach Hause.«
    »Du hast Geburtstag«, sagte August. »Du musst mit uns anstoßen.«
    »Ich hab Geburtstag, und ich will nach Hause und ins Bett«, sagte
Rob, aber August mixte trotzdem drei Drinks. Als er an meinen Tisch kam und mir
meinen zweiten Martini hinstellte, verschob ich ganz leicht einen Finger, bis
sich unsere Haut kurz berührte.
    »Zum Wohl«, sagte er und lächelte wieder. Es war nur für den
Bruchteil einer Sekunde gewesen, aber meine Haut prickelte. Vielleicht spürte
seine Haut irgendwie etwas von Lily in mir, aber was er wahrscheinlich dieser Engländerin im zerknitterten Sommerkleid anmerkte, [70]  war
das Bedürfnis, berührt zu werden. Genau da hätte ich das Foto hervorholen und
ihm zeigen sollen, noch bevor der andere Barkeeper ging, aber ich ließ es
bleiben. Stattdessen holte ich tief Luft und strich Lilys Kleid über meinen
Oberschenkeln glatt. Laurence’ Worte fielen mir ein, dass man für andere
sichtbar wird, wenn man sich des eigenen Körpers bewusst ist. Meine Haut roch
nicht mehr nach Angstschweiß und dem Smog von L.A. ,
sondern nach Wodka und den verfliegenden Resten von Lilys Parfüm.
    »Ich bin fix und alle«, sagte Rob, kippte den Großteil seines
Martinis auf einmal runter, stellte die aus einem Lautsprecher hinter der Theke
kommende Musik ab und ging zur Tür. Mit einem missbilligenden Blick drehte er
sich noch einmal nach August um. »Schließt du dann ab?«
    »Klar, Alter, wird erledigt«, antwortete August. Mein Herz begann zu
hämmern und wurde noch schneller, als die Tür ins Schloss fiel und August und
mich allein in der stillen Kneipe zurückließ. Jetzt wäre eine weitere gute
Gelegenheit gewesen, das Foto aus dem Buch zu ziehen, aber meine Finger
verweigerten den Dienst. August sah mich ratlos an. Wahrscheinlich überlegte er
gerade, ob das potentielle Ergebnis dieses Gesprächs in irgendeinem
angemessenen Verhältnis zum erforderlichen Aufwand stehen würde oder ob er mich
einfach auffordern sollte, auszutrinken und zu gehen. Bestimmt hielt er mich
für eine einsame Touristin, die versetzt worden war und es nicht zugeben wollte
oder von vornherein allein unterwegs gewesen war. Ich nahm noch einen Schluck
von dem Martini, den er mir gemixt hatte, [71]  berührte die Ecke des Polaroids
hinten in Lilys Buch und dachte, wenn irgendetwas außer Kontrolle geriet,
konnte ich ihm einfach das Foto zeigen. Ich hatte nicht erwartet, dass er mich
auf eine solche Art ansehen würde, wie er es jetzt tat; statt ihm das Foto zu
zeigen, lächelte ich ihm also über den Tresen hinweg verlegen zu. Ich bin mir
nicht sicher, ob ich hübsch bin – aber hässlich bin ich nicht. Als ich
allerdings mit August in der leeren Kneipe saß, fühlte ich mich unbedeutend und
klein.
    »Du warst also mit Freunden verreist?«, fragte er skeptisch.
    »Ja.«
    »Aus London?«
    Ich nickte.
    »Und reist morgen ab?«
    »Ja«, sagte ich.
    »Hast du Spaß gehabt in L.A. ?«
    »Mhm.«
    »Rauchst du?«, fragte er.
    Ich nickte wieder.
    »Komm, wir rauchen eine auf der Feuertreppe.«
    Also folgte ich ihm durch das vollgestellte, modrig

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