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Pink Hotel

Pink Hotel

Titel: Pink Hotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Stothard
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sie es ausprobiert haben.«
    »Du bist ein schlechter Einfluss«, sagte Dad. »Sie bereuen, dass sie
dich an der Schule aufgenommen haben. Weißt du, wie viel Mühe es gekostet hat,
dich auf eine gute Schule zu bekommen?«
    »Du hattest überhaupt keine Mühe, Dad. Wer sich bemüht hat, waren
meine ehemaligen Lehrer. Du hast nicht mal gewusst, dass ich gut in der Schule
war, bis sie angerufen und es dir erzählt haben.«
    »Das ist also der Dank«, sagte er. »Wenn ich gewusst hätte, dass du
sowieso alles vergeigst, hätte ich dich mehr im Café arbeiten lassen.«
    »Sie hat sich auf einer Feuerleiter im neunten Stock in Ohnmacht
versetzen lassen, als ich nicht mal in der Schule war, und das soll meine
Schuld sein? Es tut mir echt leid, dass sie gestorben ist, aber ich war’s
nicht. In einer Woche hab ich Zwischenprüfungen. Die können mich doch jetzt
nicht von der Schule schmeißen, oder?«
    »Ich diskutier mit dir nicht mehr über Falsch oder Richtig bei der
Scheiße, in die du dich reinreitest«, sagte er.
    »Du hast noch nie mit mir darüber diskutiert, ob irgendwas, was ich
mache, falsch oder richtig ist. Wenn ich [182]  von dir was über Falsch oder
Richtig zu hören kriege, geht’s um zu viel Salz auf den Pommes oder angebrannte
Scheißhamburger«, sagte ich, obwohl das nicht ganz stimmte. Seit ich auf die
Oberschule gewechselt war, regte er sich auf, wenn ich schlechte Noten bekam
oder wenn er mich beim Schwänzen erwischte. Ich kann immer noch nicht fassen,
dass er sich ohne mit der Wimper zu zucken damit abfand, dass seine Tochter der
Schule verwiesen wurde. Ich habe lange gebraucht, ihm zu verzeihen, dass er
mich an jenem Tag einfach abschrieb. Noch Jahre später, als ich in einem
Abendkurs meine Highschool-Abschlussprüfungen nachholte, konnte ich mich nicht
dazu durchringen, ihm mein gutes Ergebnis mitzuteilen.
    »Jedenfalls will die Schule nicht, dass du wiederkommst und Ende
nächster Woche deine Zwischenprüfungen ablegst. Die musst du woanders machen.
Du bist draußen«, sagte er.
    »Dann setz dich für mich ein«, verlangte ich. »Sag ihnen, dass es
ungerecht ist. Ich hab nichts verbrochen. Diese Prüfungen sind wichtig.«
    »Das Leben ist ungerecht, nicht wahr? Manchmal muss man die
Konsequenzen tragen.«
    »Dann akzeptierst du es also einfach?«
    »Warum sollte ich dir glauben?«
    »Weil ich deine Tochter bin und du mich liebst«, sagte ich. Er
wandte sich von mir ab, begann den Geschirrspüler auszuräumen, und ich sah, wie
sein kahl werdender Kopf hinter der Küchentheke auf- und abtauchte. Dad sah
gleichgültig aus, fast gelangweilt.

[183]  21
    Es war ein heißer Tag. Ich atmete einmal tief durch und
klingelte an Davids Tür. Nach einer langen Pause, in der ich mich gar nicht
mehr zu atmen traute, machte er nur mit einer orangefarbenen Jogginghose
bekleidet die Tür auf. Er roch nach Shampoo.
    »Na so was, hallo«, sagte er.
    »Hi.«
    »Schön, dass du da bist. Dann hast du also meine Nachricht
bekommen?«
    »Woher weiß ich, dass du nicht der Powerdrink-Killer bist?«,
antwortete ich lächelnd, blieb aber vor der Tür stehen.
    »Weil ich keine Blaubeeren mag«, sagte er.
    »Genau das hätte der Mörder auch gesagt.« Ich lächelte wieder.
    »Na hör mal, ich bin schließlich derjenige, der eine stadtbekannte
Diebin in seine Wohnung einlädt.«
    »Du bist echt mutig«, sagte ich
sarkastisch, mit falscher Bewunderung in der Stimme.
    »Kein Koffer?«, sagte er und musterte mich von Kopf bis Fuß. Im
Serena hatte ich die Schließfächer gewechselt. Offenbar mochten mich Vanessa
und Tony, denn sie ließen mich weiterhin eins mieten. Zum ersten Mal [184]  trug
ich an diesem Tag Lilys tailliertes weißes Baumwollkleid mit den schwarzen
Knöpfen vorn, dazu ihre grauen Ballerinas. In einer Hand hielt ich den
Schulterriemen ihrer beigen Wildleder-Umhängetasche und eine Plastiktüte mit
ihren Klamotten: Lilys Jeans und T-Shirts, ihre Sonnenbrille – selbst die
Stilettos; nur Lederjacke, Stiefel und die beiden anderen Kleider hatte ich
nicht mitgebracht.
    »Verkauft, weißt du nicht mehr?«, log ich. Ich achtete peinlich
genau darauf, in Davids Wohnung keine Briefe oder Fotos von Lily dabeizuhaben,
jedenfalls nicht, wenn ich wusste, dass er da war. Da ich es ihm nun schon so
lange verschwiegen hatte, musste er nicht gerade jetzt draufkommen, wer ich
war.
    Das Mietshaus, in dem David wohnte, sah von außen wie eine Kaserne
und von innen wie ein spanisches Motel aus. Alle vier Stockwerke

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