Pioniere des Kosmos
seine massige, breitschultrige Gestalt zwischen Mark und die zwei Schiffswachen, sehr zu deren Erleichterung.
»Wenn er Ihnen Schwierigkeiten macht, Kapitän«, sagte Whin, »werde ich als sein dienstältester Vorgesetzter mich seiner annehmen. Aber Ihre Leute schießen nicht auf Grenzer, jetzt nicht und in Zukunft nicht. Und Sie stellen auch keinen unter Arrest, nur um die Gefühle eines Meda V’Dan zu besänftigen.«
3.
Eine Sekunde lang blieb alles still. Keiner bewegte sich. Dann brach Admiral Showells trockene Stimme die Spannung.
»Geben Sie es auf, Juan«, sagte er zum Kapitän. »Außerhalb der Erde arretieren wir keine Grenzer, und sie arretieren keine Angehörigen der Flotte. Wir brauchen einander, draußen in den Kolonien. Lassen Sie Ihre Wachen zurücktreten.«
»Gewehr ab«, sagte der Kapitän mißmutig zu den zwei Männern.
»Aber«, erklärte der noch immer sitzende Admiral mit einer schwerfälligen Wendung zu Whin, »ich erwarte, daß dieser Mann unseren Gast nicht weiter belästigt und sich künftig von uns fernhält. Ich überlasse es Ihnen, dem Herrn und Großkapitän, der unser Gast ist, Genugtuung zu verschaffen.«
»Er hat sich schon beruhigt.« Whin blickte zu Schlaflos Unter Eid hinüber, der sich wieder auf seinen Stuhl faltete. »Hovrah Min Man, ein Schiff Ihres Volkes …«
Der Dolmetscher begann zu übersetzen.
»Lassen Sie nur«, sagte Whin. »Er versteht mich so gut wie ich ihn verstehe, wenn er seine Sprache spricht. Wie ich sagte, Hovrah Min Hlan, ein Schiff der Meda V’Dan tötete die Eltern dieses Mannes bei einem Überfall auf die Station Abruzzi fünfzehn. Er war damals ein Kind von sechs oder sieben Jahren, und seitdem ist er auf die Meda V’Dan nicht gut zu sprechen. Für ihn sind alle Angehörigen Ihres Volkes mit einer Blutschuld belastet.«
Ohne Whin oder Mark anzusehen, stieß der Meda V’Dan eine Reihe schnalzender Kehllaute aus.
»Natürlich«, sagte Whln. »Natürlich, das verstehen wir. Es waren Banditen und Renegaten, und die Meda V’Dan werden sie bestrafen, wenn sie gefunden und identifiziert werden können. Aber nachdem mein Kollege hier mehr als zwanzig Jahre vergebens darauf gewartet hat, glaubt er nicht mehr daran.« Er wandte sich zu Mark. »Ist es so, ten Roos?« fragte er. »Oder hast du ihn nicht verstanden?«
»Ich habe ihn gut verstanden«, sagte Mark. »Und meine Antwort ist, daß ich die Blutschuld an dem Tag, wo die Banditen vor meinen Augen bestraft werden, als getilgt ansehen werde. Bis dahin aber kann jeder von ihnen, der mir begegnet, einer von den Mördern meiner Eltern sein.«
Schlaflos Unter Eid sagte ein paar kurze Silben und richtete seine Aufmerksamkeit auf den Tisch, wo gerade das Essen aufgetragen wurde.
»Gut«, sagte Mark. »Ich will ihn auch nicht mehr sehen – für den Rest dieser Reise.«
Er ging aus dem Speisesaal. Als er draußen im Korridor war, hörte er Whins Stimme hinter sich.
»Warte.«
Er blieb stehen und drehte sich um.
»Einen Moment, ten Roos«, sagte Whin. »Ich sagte denen dort drinnen, daß keiner von ihnen einen Grenzer erschießen würde, aber es könnte sein, daß ich es tue. Wie kommst du auf die Idee, du könntest in einem Schiff der Marine einen Meda V’Dan provozieren, nur weil es dir gerade gefällt, und ohne die Konsequenzen zu bedenken?«
»Ich habe die Konsequenzen bedacht«, sagte Mark.
»Du meinst, du hast damit gerechnet, daß AI und ich dir aus allen Schwierigkeiten heraushelfen würden, in die du mit deinen Verrücktheiten geraten könntest?«
»Ich erwartete, daß ihr helfen würdet«, sagte Mark. »Aber ich war bereit, mich allein herauszuhauen, wenn es notwendig sein sollte.«
»Dich allein heraushauen!« Whin starrte ihn an, als begänne er ernstlich an Marks Verstand zu zweifeln. »Denkst du vielleicht, du kannst es mit einem ganzen Schiff aufnehmen?«
»Nicht genau …«
»Nein, nicht genau!« schnaufte Whin. »Aber darauf kommt es auch nicht an. Was du mit deinen bald dreißig Jahren noch zu lernen hast, scheint mir etwas viel Fundamentaleres zu sein: nämlich, daß das Prinzip, daß jeder Grenzer jedem anderen beispringt, nicht erfunden wurde, damit du jedem Meda V’Dan, der dir über den Weg läuft, ungestraft Nadeln in den Hintern stechen kannst. Es ist ein Prinzip, für das mancher gute Mann mit seinem Leben bezahlt hat, und es geht nicht an, daß einer es ausnützt, um seiner privaten Rachsucht zu einem billigen Triumph zu verhelfen. Als dienstältester und
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