Pirat des Herzens
Desmond wiederzuerlangen. Das falsche Luder. Das betrügerische Weib - seine Ehefrau, die ihn von Anfang an belogen und benutzt, ihm ihre Liebe nur vorgegaukelt hatte.
Er stand im Bug und beobachtete den sich nähernden Küstenstreifen. Kein Zeichen der irischen Rebellen, kein Zeichen von FitzMaurice. Doch irgendwo lauerte Gefahr, er spürte sie beinahe körperlich. Und er freute sich darauf.
»Macht Euch bereit«, raunte er seinen Männern zu. »Wir werden erwartet.« Er hatte zwischen den Bäumen Metall aufblitzen sehen.
Die zwei Ruderboote wurden an Land gezogen. Seine zwölf Gefährten sprangen an Land, jeder stumm und angespannt. Liams Hand umklammerte den Degengriff. Und als die Reiter aus dem Wald stürmten, warf er den Kopf in den Nacken und lachte verächtlich.
Eine kalte Todessehnsucht packte ihn, und dennoch würde er bis zum letzten Atemzug kämpfen.
Als aber immer mehr berittene Soldaten den Hügel herunterstürmten, hinter ihnen Infanterie, wurde Liam klar, daß er einer unbezwingbaren Übermacht gegenüberstand. Zwölf Mann gegen einige hundert bis an die Zähne bewaffneter Soldaten. Und so rasch seine Todessehnsucht ihn gepackt hatte, so schnell war sie verflogen. Er war es seinen Männern schuldig, sie unversehrt aus diesem Fiasko herauszuholen. Er durfte kein Massaker zulassen, so sehr er den Kampf herbeisehnte.
»Werft die Waffen weg!«, befahl er und steckte seinen Degen in die Scheide. »Nehmt die Hände über den Kopf!«
Die Männer gehorchten. Die Truppen galoppierten auf das kleine Grüppchen zu. Pferde schnaubten, wieherten, stiegen mit angelegten Ohren hoch. Die Kavallerie umringte die Piraten, schnitt ihnen den Fluchtweg zu den Booten ab. Liams Augen verengten sich, als er in dem Anführer der Reiter John Hawke auf einem schwarzen Schlachtroß erkannte. Hawke lächelte böse.
Im stillen gratulierte Liam seiner Königin, den Mann auf ihn anzusetzen, der ihn am meisten haßte.
Hawke brachte sein Pferd nahe an ihn heran. »Ergebt Ihr Euch kampflos, O’Neill?«
»Wollt Ihr, daß ich kämpfe?« fragte Liam gelassen zurück. Er sah Katherine im durchsichtigen Seidennachthemd im Brautgemach auf Barby Hall vor sich. Hatte Hawke sich mittlerweile von ihr scheiden lassen? Er konnte sie getrost haben, wenn er sie noch wollte.
»Und ob ich das will«, antwortete Hawke leise, den Blick unverwandt in Liams Augen geheftet.
»Kommt, Hawke! Kämpft gegen mich!«
Hawke glitt vom Pferd.
»Wollt Ihr Rache für Katherine? Wollt Ihr mich töten für die Nächte, die sie lüstern in meinem Bett verbrachte?«
Hawke erbleichte, zuckte den Degen. »Bastard. Ich werde deinen Kopf auf eine Lanze spießen, das garantiere ich dir!«
Liam lachte. Beide Degen stießen vor, parierten die Hiebe des Gegners. Mit gekreuzten Klingen standen die Rivalen einander dicht gegenüber, wie zwei kämpfende Hirsche, deren Geweihe ineinander verhakt waren. Blitzschnell wichen sie zurück, schlugen erneut aufeinander ein. Keiner der Kämpfenden konnte einen Vorteil erringen. Beide bewegten sich blitzschnell und kampferprobt. Wieder kreuzten sich die Klingen. Die Gegner keuchten, Mordlust funkelte in ihren Augen.
Liam wich zurück, schlug eine Finte, griff an und stieß zu. Diesmal gelang es ihm, Hawkes Verteidigung zu durchbrechen. Blitzschnell zog er ihm die Klinge quer über die Wange, auf der sich ein roter Strich abzeichnete.
Hawke knurrte gefährlich und stieß erneut zu, Liam blockierte den Hieb. Die beiden umkreisten einander in einem mörderischen Todestanz, die Klingen sausten pfeifend durch die Luft. Hawkes Degen schlitzte Liams Hemd auf, ein dünner roter Strich erschien auf seiner Brust.
Die Kämpfenden wichen zurück, Schweiß lief ihnen über die Gesichter. Und wieder gingen sie wie zwei mächtige Hirsche aufeinander los, stießen mit unverminderter Wucht zu. Die dünnen Klingen vibrierten singend. Stahl kreischte gellend, wenn die Schneiden übereinanderglitten. Schweiß tropfte den Männern in die Augen. Diesmal war Liam schneller als Hawke. Er durchbrach die Blockade des Gegners, seine Degenspitze bohrte sich in die Brust des Soldaten, gefährlich nahe an seinem Herzen. Doch Liam stieß nicht zu.
Hawke stand unbeweglich, nur sein Brustkorb hob und senkte sich schwer.
Liam entblößte die Zähne zu einem mörderischen Lächeln. »Wollt Ihr am Leben bleiben?« fragte er kalt, die Degenspitze vibrierte an der Brust des Gegners.
Hawke erwiderte Liams Lächeln. »Und Ihr?«
Aus den Augenwinkeln
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