Pirat des Herzens
eigenes Kind den gleichen Grausamkeiten ausgeliefert sein. Der Gedanke war ihm zutiefst zuwider.
»Liam?« fragte Elisabeth verwundert.
Er reagierte nicht. Bilder eines kleinen Buben tauchten vor ihm auf, umringt von einer Schar höhnischer Kinder. Nie zuvor hatte er daran gezweifelt, FitzMaurice festzunehmen, doch plötzlich war er sich seiner Sache nicht mehr so sicher. Angst kroch in ihm hoch. Was würde dann aus seinem Kind werden? »Und wenn es mir nicht gelingt, den Papisten auszuliefern?« fragte er mit rauher Stimme.
Elisabeths Augen verengten sich. »Wenn Ihr Euer Versprechen nicht haltet, werde ich einen ehrbaren Mann finden, der das Kind adoptiert.«
Liam atmete schwer.
»Und Euch lasse ich von meinen besten Seefahrern jagen«, fügte die Königin hinzu, »und Ihr landet endgültig im Tower.«
Sein Plan mußte gelingen, um einem unschuldigen Kind ein schmachvolles Leben zu ersparen. »Ich werde Euch FitzMaurice ausliefern«, sagte er mit fester Stimme. »Und Ihr werdet mir Katherine gemeinsam mit dem Kind ausliefern.«
»Niemals!« rief die Königin empört. »Katherine bleibt bei ihrem Gemahl John Hawke. Ich verhandle nicht mit Euch, Schurke. Das ist mein einziges Angebot. Bringt mir FitzMaurice, und Ihr bekommt das Kind.«
Liams Herz schlug pochend gegen seine Rippen. Er hatte so viel riskiert, um die Frau zu gewinnen, die er liebte. Das Kind allein genügte ihm nicht. Er holte tief Luft. Das Spiel war noch nicht zu Ende. Es gab noch viel zu regeln. Gerald, lebte immer noch in der Verbannung in Southwark. Liam hatte Elisabeth seine Vermählung mit Katherine nicht gestanden. Falls er wirklich am Galgen enden würde, würde John Hawke sich um Katherine und seinen Sohn kümmern.
Liams Blick begegnete dem Cecils, und er wußte, daß Burghley ihn verstand. Er spürte, daß er in Cecil einen Verbündeten hatte, glaubte ein aufmunterndes Funkeln in Burghleys Augen wahrzunehmen. Damals, vor fünf Jahren, hatte William Cecil heftig dagegen protestiert, den Grafen von Desmond zu enteignen. Die beiden Männer blickten einander in die Augen. Dann wandte Liam sich an die Königin. »Läßt Hawke sich nicht von Katherine scheiden?«
»Er ist ein nobler und verantwortungsvoller Mann. Ihr könnt sie jedenfalls nicht haben. In diesem Punkt bin ich unerbittlich. Ihr müßt das Mädchen vergessen und Eure Fleischeslust bei anderen stillen.« Elisabeth war tief errötet.
Liam schwieg, dann hob er gleichgültig die Achseln. »Ihr irrt. Ich will die Frau für das Kind, nicht für mich selbst. Ich kann mir mein Vergnügen bei anderen Frauen holen.«
»Ach wirklich?« Elisabeths Gesichtszüge waren weicher geworden. »Ist Eure Liebe für sie bereits erloschen?«
»Nun, Bess, haltet Ihr mich der Liebe für fähig?«
Ihre Augen senkten sich in seine. »Ich halte keinen Mann der Liebe für fähig«, antwortete sie. »Alle Männer sind auf das Anhängsel fixiert, das sie zwischen den Beinen tragen. Aber die Frau ist sehr schön und lasterhaft. Sie hat Leicester und Ormond verführt. Und natürlich Euch.«
Liams Puls jagte. Meinte die Königin das wörtlich? Der Gedanke machte ihn rasend. Dennoch: Er würde Katherine alles vergeben, was sie getan hatte. Elisabeth war eifersüchtig auf die schöne Rivalin, ein Umstand, der es ihm erleichtern würde, Elisabeth zu beeinflussen.
»Nun? Akzeptiert Ihr meine Bedingungen? Nach der Geburt kommt das Kind in meine Obhut. Euch gelingt dann die Flucht aus dem Tower - um den Schein zu wahren. Wenn Ihr mir FitzMaurice bringt, bekommt Ihr das Kind wieder.«
Liam nickte. »Ich akzeptiere.« Er beugte sich über die Hand der Königin und küßte sie. »Ich werde Euch nicht enttäuschen. Stets Euer treuer Diener, Majestät.«
»Das bezweifle ich«, entgegnete sie schnippisch, doch ihre Wangen färbten sich.
Er blickte in die Augen nicht der mächtigen Königin, sondern in die einer eifersüchtigen, verzweifelten Frau. Er hatte die Chance zu gewinnen. Denn er hatte noch eine Trumpfkarte im Ärmel, die er erst am Ende auszuspielen gedachte.
Hawkehurst
Katherine schrie. Sie schrie und schrie.
Juliet hielt ihre Hand, strich ihr das feuchte Haar aus der Stirn, redete beruhigend auf sie ein. »Bald hast du es überstanden. Sei tapfer, Katherine!«
Katherine hörte sie nicht. Sie hatte gewußt, daß die Wehen schmerzhaft sein würden, aber sie hatte nicht geahnt, daß der Schmerz sie um den Verstand bringen würde. Es war, als drehe sich ständig ein scharfes Messer in ihrem Leib um.
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