Pirat des Herzens
plünderte. Gegen die Franzosen hatte er keine Freibriefe. Aber es bestand ein stillschweigendes Einverständnis zwischen ihm und seiner Königin, die Katharina von Medici haßte und fürchtete.
»Seid Ihr nicht erfreut? Liam, was liegt Euch nur an dem Mädchen? So ungewöhnlich ist sie auch wieder nicht.«
Doch Liam konnte kaum an etwas anderes denken als an die schöne, feurige, kluge Katherine FitzGerald. Er begehrte sie, seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Und nun wollte man ihn ausschalten. Das passierte selten. Sehr selten. Doch wenn er einen kühlen Kopf bewahrte und abwartete, würde er auch aus dieser Sache als Sieger hervorgehen.
Aber wie?
Er konnte Katherine kein zweites Mal entführen. Elisabeth verdächtigte ihn bereits, mit FitzGerald eine Verschwörung anzuzetteln. Er durfte ihr Mißtrauen nicht verstärken. Nein, er mußte sehr klug vorgehen. Er mußte die Königin für sich gewinnen. Aber wie?
Eins war jedenfalls sicher: Nie und nimmer würde er zulassen, daß Katherine diesen Hugh Barry heiratete.
Er verneigte sich. »Ich bin über die Kaperbriefe sehr erfreut, Bess. Erfreut und dankbar. Ihr werdet es nicht bereuen. Ich werde den Spaniern zusetzen, wo ich nur kann.«
Elisabeth nickte.
Liam blickte ihr in die Augen. »Und Ihr müßt mir verzeihen. Ich bin nun mal ein lüsterner Mann.« Er legte eine bedeutungsvolle Pause ein. »Es ist nicht einfach, ein Mann zu sein, dessen Lust geweckt wird... und der zurückgewiesen wird.«
Elisabeths Miene wurde weicher. »Ihr seid ein reizvoller Mann, Liam. Ein Schurke bis ins Mark - und Ihr wißt, wie attraktiv das auf Frauen wirkt.«
Er lächelte ihr in die Augen. »Und Ihr seid eine aufregende Königin, Madam.«
Nun lächelte sie wieder. »Ich muß Euch um einen Gefallen bitten. Ich hatte es als eine Strafe gedacht, aber jetzt... ist es eine Gunst, die ich Euch erweise. Und ein Zeichen, wie sehr ich Euch vertraue.«
Er verneigte sich, innerlich angespannt und wachsam. »Stets zu Euren Diensten, Madam.«
»Ihr habt sie hierhergebracht. Nun bitte ich Euch, sie zu Barry zu bringen.«
Liam verstand es, sein Erstaunen zu verbergen und seine Freude. Innerlich triumphierte er. Nun wußte er, daß er auch diese Schlacht gewinnen würde. »Euer Wunsch ist mir Befehl, Bess.«
Elisabeth lächelte, und Liam stellte fest, daß sie nicht minder zufrieden war als er.
8
Am nächsten Tag speiste Katherine im Bankettsaal des Palastes in Gesellschaft einiger hundert Höflinge zu Mittag. Ein riesiger Saal, der von dreißig hohen Säulen gestützt war. Die stoffbezogenen Wände waren bemalt und stellten eine mit Holunder, Efeu und rankenden Rosen bewachsene Steinmauer dar. Das Deckengemälde war ein blaues Himmelsgemälde mit einer strahlenden Sonne und weißen Schäfchenwolken. Von diesem Himmel hingen Weidenkörbe, angefüllt mit exotischen Früchten. Hinter einer Balustrade befanden sich zehn Zuschauerreihen, von denen die meisten Plätze belegt waren. Der Saal wies 290 Fenster auf.
Das Mahl war ein ohrenbetäubend lärmendes und verwunderliches Schauspiel. Eingekeilt auf einer Bank zwischen zwei beleibten Herren, die sich als Sir John Campton aus Campton Heath und Lord Edward Hurry von Hurry Manor vorstellten, vergaß Katherine vor Staunen zu essen.
Zudem hatte sie Mühe, sich der Komplimente zu erwehren, die die Herren über sie ausschütteten, als sie ihren Namen nannte. »Ein so hübsches irisches Kind«, schmeichelte Hurry. »Ganz allein und so weit von zu Hause fort?«
Katherine nickte. Sie brach ein Stück warmes Brot, bestrich es mit süßer Butter. Die Herren zu beiden Seiten rammten ihr die Ellbogen in die Rippen. Hurry raunte ihr weitere Schmeicheleien ins Ohr,, die sie nicht beachtete. Sie aß, ohne den süßen Rosinengeschmack zu genießen, ließ ihre Blicke schweifen, über die Höflinge, zum gemalten Himmelsgewölbe hinauf und schließlich zu den lebhaft gestikulierenden Zuschauern hinüber, die die Tafelnden mit Zurufen bedachten.
Katherine hatte keinen Appetit. Bald sollte ihr Begleiter sie abholen, und sie würde ihre Reise in die Heimat antreten. So interessant das Leben bei Hofe war, sie konnte die Abreise kaum erwarten. Nicht mehr lang, und sie würde in Askeaton sein, der stolzen Burg ihrer Vorväter, die auf einer Felseninsel im Fluß Shannon thronte, in einem von dichten Wäldern umgebenen Tal.
Bald würde sie wieder mit Hugh vereint sein. Sie versuchte, sich seine Überraschung bei ihrem Wiedersehen auszumalen. Zweifellos
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