Pirat des Herzens
beklommen.
»Welche Vergeudung, Katie.«
Was meinte er damit? Lächelnd schwärmte er: »Die Katie aus meiner Kindheit rannte immer barfuß herum. Sie hatte lange Zöpfe, und kein Baum war ihr zu hoch. Als sittsame Klosterschülerin mit einer Stickerei auf dem Schoß kann ich mir dich gar nicht vorstellen.«
»Ich habe gelernt, kunstfertige Handarbeiten anzufertigen«, antwortete sie eifrig.
»Ja, das steht jeder Frau gut an«, schmunzelte er. »Deine Mutter war oft schier verzweifelt, und dein Vater lachte über deine Lausbubenstreiche.«
Katherine erinnerte sich sehr wohl an die Seufzer ihrer Mutter, wenn sie barfuß und in weiten Bauernhosen draußen herumtollte.
Und ihr Vater war heimlich stolz auf sie, daß sie auf Bäume kletterte und reiten konnte wie ein Junge.
Liam stellte seinen Krug demonstrativ laut ab und goß sich Bier nach.
Hugh umfing ihre Hand. »Aber Katie, eins verstehe ich nicht. Hab’ ich recht gehört, die Königin gab O’Neill den Auftrag, dich nach Barrymore zu begleiten?«
Katherine nickte. »Ja, es war sehr großzügig von ihr, Hugh. Ich fürchtete schon, sie würde mich in St. Leger House zu meinem Vater stecken.«
»Ich freue mich, daß du gekommen bist«, antwortete Hugh freundlich. »"Und du kannst bleiben, solange es dir gefällt. Aber wieso hat sie dich zu mir geschickt und nicht zu deinem Onkel?«
Katherine erschrak.
»Katie?«
Liam verfolgte die Szene wie ein Habicht seine Beute. Unwillkürlich flog ihr Blick zu ihm. Seine Augen waren kalt, verengt und wachsam. Sie wandte sich an Hugh. »Wo... hätte ich denn sonst hingehen sollen, Hugh? W... wir sind verlobt. Es war richtig, mich zu dir zu schicken.«
Hugh schien sehr erstaunt. Er gab ihre Hand frei. »Katherine! Wie kommst du auf die Idee, daß wir immer noch verlobt sind?«
»Aber wir... wir sind seit unserer Geburt verlobt«, stammelte sie verdattert. »Korrigiere mich, wenn ich etwas Falsches sage. Die Verlobung wurde nie gelöst.«
In Hughs Blick lag unverhohlenes Mißfallen.
Katherine schlug das Herz bis zum Hals.
Hugh beugte sich vor. »Katherine, ich weiß nicht, wie ich es dir sagen soll.«
Katherine saß versteinert.
»Der Vertrag zwischen unseren Vätern bezog sich auf meine Heirat mit der Tochter des Grafen von Desmond. In den Verträgen ist dreimal die Rede von der Tochter des Grafen von Desmond. Dein Name ist nur ein einziges Mal erwähnt.«
»Ich verstehe nicht.«
Sein Blick heftete sich auf ihren Mund, auf ihre Brüste. »Bei Gott, du bist so schön, aber... du bist nicht Desmonds Tochter. Den Grafen gibt es nicht mehr. Die Verlobung existiert nicht mehr seit dem Tag, an dem der Graf von Desmond aufhörte zu existieren. Verstehst du jetzt?«
Katherine war aufgesprungen. »Der Besitz meines Vaters wurde von der Krone eingezogen, sein Titel wurde ihm genommen. Aber ich existiere noch, Hugh.«
Hugh stand ebenfalls auf. »Katherine, der Fall wurde dem Gericht vorgelegt. Die Richter waren sich darüber einig, daß es sich um eine Verlobung zwischen mir und der Tochter des Grafen handelte und nicht zwischen mir und Katherine FitzGerald.«
Katherine rang nach Luft.
»Es ist eine gerichtliche Entscheidung, Katherine. Sie wurde kurz nach der Verurteilung deines Vaters getroffen.«
Katherine begriff. Die Tochter des Grafen von Desmond gab es nicht mehr. Hugh Barry war nicht gewillt, Katherine FitzGerald zu heiraten - Fräulein Habenichts. Ihre Augen brannten. Sie hob das Kinn. »Und wer hat den Fall vor Gericht gebracht, Hugh?«
Er zögerte nicht. »Ich natürlich. Wer sonst? Katie, du bist wunderschön, aber ich kann dich nicht heiraten. Du hast keine Mitgift, keinen Namen, nichts. Das mußt du verstehen.«
Sie schluckte gegen den Knoten an, der ihr die Kehle zuschnürte.
»Und außerdem bin ich seit drei Jahren mit der Tochter des Grafen von Thomond verlobt. Sie wird im Frühling fünfzehn, dann heiraten wir.«
Katherine wandte sich ruckartig ab.
»Katie!« Er nahm ihren Arm. »Laß uns unter vier Augen reden.«
»Nein!«
»Bitte!«
Katherine wußte nur, daß sie nicht in Tränen ausbrechen durfte. Benommen nahm sie wahr, daß Liam plötzlich neben ihr stand. »Katherine ist müde. Ihre Privatunterhaltung kann warten.«
»Ich glaube kaum«, entgegnete Hugh schneidend.
Die beiden Männer haßten einander und wären sich am liebsten an die Kehle gesprungen. »Einverstanden«, sagte Katherine tonlos, um zu verhindern, daß es doch noch zu einem Blutvergießen kam, und um diesen
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