Pirat des Herzens
benutzte seinen eigenen Dolch zum Essen, doppelt so lang und schmaler als die Messer, mit denen die Tafelnden hantierten. Er zerschnitt ein Stück Fleisch. Keine Klinge war schärfer, kein Stahl blitzte glänzender. »Ich habe sie auf See gekapert.«
Hugh sprang auf die Füße.
Auch Liam erhob sich.
Katherine stellte sich zwischen die beiden Männer.« Hugh! Bitte! Es ist nicht, wie du denkst! Wir kommen von der Königin.«
»Ach wirklich?« Hugh beachtete sie nicht.
Liam schob Katherine sanft beiseite und stellte sich vor sie.
»Ja, von der Königin.«
Zu spät erkannte Katherine ihren Fehler. Wenn Hugh der heimliche Verbündete von FitzMaurice war, war er ein Feind der Krone. Und Liam war Hughs Feind. In einem Anflug von Panik begriff Katherine, daß Hugh dann auch ihr Feind war - denn er war mit FitzMaurice gegen ihren Vater verbündet.
»Nun, es erstaunt mich nicht, daß Ihr Geschäfte mit der Königin macht. Schließlich seid Ihr halber Engländer«, entgegnete Hugh verächtlich. »Ihr seid bei Hofe mit englischen Prinzen von protestantischen Lehrern erzogen worden.«
»Ganz recht«, bestätigte Liam höflich.
Katherine stellte sich neben ihn. »Aber sein Vater war Ire wie du und ich, Hugh.«
»Sein Vater war ein Mörder, wenn ich mich recht erinnere«, entgegnete Hugh schneidend.
Liam lächelte kalt. »Ja. Und es wird häufig behauptet, ich sei ihm sehr ähnlich.«
Katherine nahm Hughs Arm und zwang ihn, sie anzusehen. »Die Königin hat Liam seine Verfehlungen verziehen, Hugh. Sie hat ihn beauftragt, mich zu dir zu bringen.«
»Du verteidigst ihn?« fragte Hugh entrüstet. »Diesen englischen Bastard? Du verteidigst Shane O’Neills Sohn? Einen Piraten, der auf hoher See plündert und mordet?«
Katherine zauderte. Liam hatte das französische Schiff zwar beschossen, aber die Seeleute freigelassen, nachdem er sich genommen hatte, was er haben wollte. Er hatte Juliet kein Leid zugefügt. Doch er hatte sie selbst kaltblütig ans Bett gefesselt und ihr die Kleider zerschnitten. Aber... er hatte ihr das Letzte gelassen, was einen Wert für sie darstellte, ihre Unschuld. Sobald sie anfing zu weinen, hatte er von ihr abgelassen. »Er hat mich unversehrt zu dir gebracht, Hugh«, erwiderte sie leise.
Hugh starrte ihr ins Gesicht, dann auf ihr Kleid. »Wer hat dir das Kleid zerrissen, Katie?« fragte er schroff.
Katherine zögerte nicht mit ihrer Antwort. »Ich bin aus dem Kloster in Frankreich fortgelaufen«, antwortete sie schnell und blickte ihm direkt ins Gesicht, »wohin meine Stiefmutter mich nach dem Debakel von Affane gesteckt hatte. Ich versuchte, eine Überfahrtmöglichkeit zu finden. Ein Matrose im Hafen von Cherbourg hat mir das angetan.«
Hugh tätschelte ihre Wange. »Arme Katie.«
Katherine schloß die Augen. Er durfte nicht merken, daß sie log.
»Ja, arme Katherine«, meldete Liam sich mit eisiger Stimme zu Wort. »Wie rührend Eure Anteilnahme klingt, Lord Barry.«
Katherine wich zurück. Liam hatte kein Recht, wütend auf sie zu sein. Sie hatte ihm soeben das Leben gerettet, denn Hugh hätte ihn auf der Stelle getötet, wenn er gewußt hätte, daß der Pirat ihr das Kleid zerschnitten hatte. Im gleichen Augenblick wußte Katherine aber, daß Hugh zwar versucht hätte, Liam zu töten, ein Zweikampf aber tödlich für Hugh geendet hätte. Und Liam hätte ihn mit Genuß getötet.
Hugh legte seine Hand auf Katherines Arm. »Du hast es schwer gehabt. Man hat dich nach Frankreich geschickt, deinen Vater ins Gefängnis gesteckt und enteignet.« Er nahm ihren Arm. »Komm, setz dich und iß. Du brauchst Kraft.«
Katherine nickte erleichtert und setzte sich. Auch die beiden Männer nahmen wieder Platz. Katherine kaute lustlos an einem Stück Käse und betrachtete Hugh von der Seite.
Ein gutaussehender Mann. Seine Nase war vielleicht etwas breit, paßte aber zu seinem flächigen Gesicht. Seine Lippen waren wohl geformt, seine Augen strahlend blau, sein Haar flammend rot. Jede Frau wünschte sich einen gutaussehenden Ehemann. Sie konnte zufrieden sein.
Sie vermied es, Liam anzusehen. Sie hatte kein Recht, die beiden Männer miteinander zu vergleichen. Aber der blonde Pirat war wie die Sonne, neben der jeder andere Mann verblaßte - selbst Hugh. Sie schalt sich ihrer schamlosen Gedanken wegen.
Hugh lehnte sich zurück, lächelte zufrieden und streichelte ihre Hand. »Du wurdest also im Kloster erzogen«, meinte er, und sein Blick glitt über ihren Ausschnitt.
»Ja«, antwortete sie
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