Pirat des Herzens
geliebt«, sagte sie tonlos. »Das ist vorbei.« Damit ließ sie ihn stehen und rannte aus der Kammer.
Sie war noch nie so gedemütigt worden. Blindlings stürmte sie die schmalen, ausgetretenen Steinstufen hinunter, stolperte und wäre gefallen, hätte Liam, der unten an der Treppe unruhig auf und ab wanderte, sie nicht aufgefangen.
Katherine klammerte sich instinktiv an ihn. Doch sie sah nicht seinen Zorn, seine Besorgnis. Sie sah nur einen lüsternen Mann in ihm, der nichts weiter wollte, als sein Verlangen an ihr zu befriedigen. Wütend stieß sie ihn von sich.
»Was wollte er?«
»Was alle Männer wollen!« spuckte Katherine ihm ins Gesicht. »Er wollte, daß ich auf Barrymore bleibe und ihm das Bett wärme. Als Ehefrau bin ich ihm nicht gut genug, aber als Hure wäre ich ihm ganz recht!«
Sie drängte an ihm vorbei, doch er hielt sie am Arm zurück.
»Und was habt Ihr geantwortet?« Sein Gesicht war ihr sehr nahe.
»Ich hätte ihm sagen müssen, er soll zur Hölle fahren! Das sage ich Euch jetzt, O’Neill. Geht zum Teufel und laßt mich in Frieden! Alle beide!« Sie riß sich von ihm los, stürmte durch die Halle und hinaus in die kalte Nacht.
An die Burgmauer gelehnt, konnte sie endlich weinen.
Ihre Tränen waren bald versiegt, doch die Kälte blieb und legte sich mit eisigen Fingern um ihr wundes Herz.
12
Liam hatte zwar soeben - dank Hughs Dummheit - einen großen Sieg errungen, dennoch war er besorgt um Katherine. Mühsam widerstand er dem Drang, ihr zu folgen und sie zu trösten.
Katherine haßte ihn im Augenblick vermutlich mehr als Hugh, mit dem sie aufgewachsen war, den sie einmal geliebt hatte.
Mit Liam verband Katherine keine Erinnerungen an unbeschwerte Kindertage.
Er hörte Hugh die Treppe herunterkommen und wandte sich ihm zu. Hugh hatte nicht anders gehandelt, als jeder andere Edelmann es getan hätte. Ein Grundbesitzer heiratete keine mittellose Bettlerin, so einfach war das.
Hugh hatte nicht die Absicht, Katherine zu heiraten, wollte sie aber zu seiner Geliebten haben. Liam und er hatten gemeinsame Interessen.
Wie zwei rivalisierende Hirsche in der Brunft maßen die Männer einander feindselig mit Blicken. Beide wußten um die Ziele des anderen, beide wußten, daß einer auf der Strecke bleiben mußte.
Liam trat an die lange Tafel, Hugh folgte ihm und füllte beide Krüge mit bitterem Bier.
»Nun, O’Neill, hatte Katie recht oder nicht? Macht Ihr Geschäfte mit der Königin?« fragte Hugh.
Liam nahm einen Schluck. Ein vollmundiger Rotwein wäre ihm lieber gewesen. »Und was geht Euch das an?«
»Ich habe etwas dagegen, Engländer unter meinem Dach zu beherbergen.«
»Dann seht in mir den Iren.«
Hugh blinzelte. »Ich würde in Euch gern den Iren sehen, bin mir da aber nicht sicher.«
Liam lächelte abwartend.
»Seid Ihr Häretiker?«
»Ich bin Protestant.«
»Dann dient Ihr einer protestantischen Königin.«
Hugh wagte nicht, Elisabeth als Ketzerin zu bezeichnen wie andere Papisten.
»Ich diene den Gegebenheiten.«
»Ihr dient also weder Gott noch der Königin.«
»Wollt Ihr mir ein Angebot machen, Lord Barry?«
»Es passiert nicht jeden Tag, daß der Herr der Meere an meine Tür klopft. Würde ich nicht versuchen, daraus Nutzen zu ziehen, wäre ich ein rechter Narr.«
»Ich weiß nicht, ob Ihr ein Narr oder ein Schlitzohr seid«, parierte Liam. »Aber vielleicht sagt mir Euer Angebot zu.«
»Dieses Land befindet sich im Kriegszustand.«
»Das weiß jedes Kind.«
»Die Spanier haben der irischen Bevölkerung geholfen, den letzten Winter zu überstehen. Ohne ihre Lebensmittel wären noch wesentlich mehr Menschen verhungert.«
Liams Finger trommelten auf die Tischplatte. »Wollt Ihr mein Herz rühren? Ich kenne kein Mitleid - für niemand.«
Hugh schnaubte verächtlich. »Das ist allgemein bekannt. Ihr kapert Schiffe jeder Nation auf hoher See. Es heißt aber auch, daß Ihr spanische Beute bevorzugt.«
Liams Blick war undurchdringlich. Er zuckte die Achseln. »Das ist ein Irrtum. Beute ist Beute, von wem sie kommt, ist mir einerlei.«
Barry beugte sich vor. »Wir können Euch brauchen, O’Neill.«
»Wir?«
Barry biß die Zähne aufeinander. »FitzMaurice und die anderen großen Lords, die unser Land von dem englischen Joch befreien wollen.«
»Ihr wollt, daß ich mich mit einer Bande katholischer Verräter zusammentue?« fragte Liam leicht erstaunt.
»Ihr seid ohnehin ein Verräter, O’Neill. Mich wundert, daß die Königin Euch Eure blutigen Taten
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