Piraten der Karibik - Exquemelin, A: Piraten der Karibik
können an das Ufer. Wenn dann ein wildes Schwein oder eine wilde Kuh kommt, um zu trinken, die wissen sie zu fassen und auf den Grund zu ziehen, und ersäufen sie so. Und um desto mehr Kraft dazu zu haben, schlucken sie ein- oder zweihundert Pfund Steine ein, denn sie sind so leicht, daß sie auf andere Art den Grund nicht erreichen könnten. Haben sie das Tier dann auf den Grund gezogen, lassen sie es drei oder vier Tage liegen, ehe sie es fressen, denn sie können es nicht beißen, bevor es nicht halb verfault ist. Wenn die Jäger Häute zum Trocknen auf das Feld legen unweit vom Wasser, worin sich diese Ungetüme aufhalten, so kommen sie und schleppen die Häute ins Wasser und auf den Grund, legen alsdann Steine darauf und lassen sie da so lange liegen, bis das Haar ab ist. Das habe ich mit eigenen Augen gesehen. Hier will ich etwas beifügen, was ich selber erfahren, denn obwohl einige Schreiber der Cayamane gedenken, so finde ich doch keinen, der dergleichen beobachtet hat. Ein glaubwürdiger Freund hat mir erzählt, daß er einst an einem Strom gewesen, sein Zelt zu waschen. Da kam ein Cayaman auf ihn los, der erwischte das Zelt und zog es auf den Grund. Mein Freund, neugierig zu sehen, was das Tier tun wollte, ließ das Zelt bis auf einen Zipfel fahren und machte sich bereit, ihm nachzufolgen, nahm daher ein scharfes Messer in den Mund und hielt den Zipfel so fest, als er vermochte. Er konnte es aber nicht erhalten, so daß der Cayaman ihn mit hinunter riss, auch alsbald das Zelt losließ, den Mann anpackte und mit den Pfoten untertauchte, daß er ersaufen sollte. Des nun ein klares Wasser war und er alles sehen konnte, was der Cayaman tat, er auch nicht länger unter Wasser auszuharren vermochte, stach er mit seinem Messer dem Cayaman mitten in den Bauch, worauf dieser augenblicklich von ihm abließ und an der Wunde verstarb. Mein Freund zog ihn hinauf und fand in seinem Bauch wohl mehr als hundert Pfund Steine, alle ungefähr so groß wie eine geballte Faust. Diese Tiere können sich nicht verbergen, denn wenn man sie schon nicht sieht, kann man sie doch riechen, zumal sie sehr stark nach Moschus riechen. Sie haben Moschusdrüsen zwischen Haut und Fleisch, zwei derselben sind an der Kehle, zwei unter der vordersten, zwei an den hinteren Pfoten. Die Jäger bewahren diese Drüsen, um sie nach Europa zu bringen und zu verhandeln.
Die Cayamanen kommen aus Eiern hervor, sie legen ihre Eier des Jahres einmal um den Monat Mai und zwar am Gestade in den Sand, scharren sie mit ihren Pfoten zu und brüten sie so im Sande aus. Diese Eier sind in der Größe wie Gänseeier, die Schale ist rau, innen haben sie einen Dotter und Weißes wie Vogeleier und sind gut von Geschmack, ich habe zum öfteren zwei bis drei Tage mein Leben bloß damit erhalten. Wenn die Eier von ihnen ausgebrütet sind, kommen die Jungen herausgeschlüpft als wie junge Küchlein und gehen stracks in das Wasser und schwimmen darauf die ersten neun Tage. Und die Mutter, damit sie nicht von den Vögeln, die ringsum sind, Schaden leiden, schluckt sie wieder ein, aber bei Tag, wenn schön Wetter ist, pflegt sie sich auf den Sand in die Sonne zu legen, dann laufen die Jungen wieder hinaus und kriechen und spielen ringsum, doch wenn jemand kommt, so kriechen sie wieder in ihrer Mutter Leib. Das habe ich selber gesehen, daß ein Cayaman am Wasser in dem Sande gelegen und, als ich vom anderen Ufer ihn mit einem Stein warf, alle die Jungen ihm wieder in den Bauch krochen. Diese Cayamanen, von denen ich hier gesprochen habe, werden sonst insgemein Krokodile genannt.
D AS FÜNFTE K APITEL
Von allerhand Getier, das auf der Insel Española gefunden wird, wie auch von mancherlei Vogelarten und von den französischen Bukanieren und Pflanzern allda
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Die Insel hat nicht nur Überfluß und Mannigfaltigkeit an Früchten, die in der Wildnis reifen, und Güte des Bodens, geeignet allerlei Gewächs darauf zu ziehen, sondern auch vierfüßige Tiere in Menge, als Pferde, wilde Schweine, wilde Stiere und Kühe, die tauglich sind teils zu des Menschen Nahrung, teils zur Feldarbeit. Auch findet man da eine große Menge wilder Hunde, die das Wild ganz ausrotten, denn sobald eine Kuh oder Stute geworfen hat, fressen die Hunde die Jungen auf, wenn nicht Rettung und Hilfe zur Stelle ist. Sie laufen haufenweise zu fünfzig bis sechzig, fallen ganze Herden wilder Schweine an und lassen nicht ab, bis daß sie zwei oder drei Stück erbissen haben.
Ein Bukanier hat mich einst ein
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