Piraten der Karibik - Exquemelin, A: Piraten der Karibik
Brief und unter anderem auch, daß er hoffe, dem Gouverneur von Habana noch einstens selbst zu tun, was er an ihm hätte tun wollen. Als der Gouverneur von Habana die Nachricht von diesem üblen Sukzess erfahren, ergrimmte er so sehr, daß er allen Räubern, so er in diesen Gewässern kriegen würde, den Tod zuschwur, allein er ward von allen Inwohner der Insel Cuba ersucht, solches nicht zu tun, weil doch die Räuber hundert von ihnen bekommen könnten, ehe sie einen von den Räubern bekämen, und sie doch alle Tage auf See sein müßten ihren Unterhalt zu suchen. Also baten sie den Gouverneur inständig, solche Hostilität zu unterlassen.
Dieser Räuber hatte nun zwar ein Schiff erobert aber wenig Beute darin gefunden, so daß er resolvierte, hier und da einige Mannschaft zu sammeln und mit seinem Schiff wiederum zum Kreuzen auszulaufen. Dies tat er denn auch mit gutem Gelingen, denn er nahm in der Bai von Maracaibo ein Schiff weg, das mit viel Geld und Kaufmannsware nach Maracaibo ging, um Kakao einzuhandeln; danach kam er in Tortuga mit großen Freuden wieder an. Er war da noch nicht lange gewesen, da faßte er den Entschluß, eine Flotte zu formieren und damit an der spanischen Küste zu landen, hatte auch einige Gefangene, die versprachen, ihn dahin zu bringen, doch müßte er eine Macht von fünfhundert Mann beisammen haben. Seine Meinung war nämlich, Maracaibo einzunehmen und weiterhin den ganzen See zu umfahren und alle Städte und Dörfer auszuplündern. Diese Gefangenen waren dort sehr wohl bekannt, namentlich ein Franzose, der daselbst beweibt war.
D AS ZWEITE K APITEL
Lolonois equipiert eine Flotte, um an der spanischen Küste von Amerika zu landen.
Lolonois ließ alle Räuber, die in See waren, sein Vorhaben wissen, so daß er in der Zeit von zwei Monaten an vierhundert Köpfe beisammen hatte und also zu seiner Absicht gelangte. Nun war auf der Insel Tortuga noch ein anderer Räuber genannt Michael der Baske, welcher mit seinen Räubereien soviel gewonnen hatte, daß er nicht mehr in See fuhr; er war Major auf der Insel Tortuga. Dieser, da er mutmaßte, es dürfte große Beute geben, wofern des Lolonois Anschlag wohl ablief, schloß Freundschaft mit Lolonois und bot ihm seinen Dienst an. Er sei, so sagte er, geschickt das Volk zu befehligen, bei was für Gelegenheit immer, und weil er sich in Europa im Kriege verdient gemacht hatte, setzte ihn Lolonois zum Hauptmann ein über seine Macht zu Lande. Sie schifften ihr Volk in acht Fahrzeugen ein, darunter des Lolonois Schiff das größte war, montiert mit zehn Stücken.
Nachdem sie nun alle bereit waren, gingen sie sechshundertsechzig Mann stark am letzten April von der Insel Tortuga unter Segel und fuhren an einen Platz, Bayaha genannt, an der Nordseite von Española gelegen, wo sie noch einen Trupp Jäger mitnahmen, samt allen Viktualien, so sie vonnöten hatten, um bis an den Ort, wo sie landen wollten, versorgt zu sein.
Am letzten Juli des selbigen Jahres gingen sie unter Segel, setzten ihren Kurs nach dem Osteck der Insel, genannt Punta Espada, wo sie ein Schiff zu Gesicht bekamen, das von Puerto Rico nach Neuspanien gehen sollte; es war mit Kakao geladen. Der Admiral Lolonois verfolgte es allein, indem er seiner Flotte Order gab, an der Insel Savona, die an der Südseite der Insel Española unweit der Punta Espada liegt, auf ihn zu warten. Endlich nachdem er es zwei Stunden gejagt hatte, kehrte sich das spanische Schiff gegen ihn, als welches zum Schlagen wohl versehen war; trotzdem wurde es nach zweistündigem Gefecht erobert. Es war montiert mit sechzehn Kanonen und hatte fünfzig wehrbare Mann an Bord. Darin wurden gefunden hundertzwanzigtausend Pfund Kakao, vierzigtausend gemünzte Stück von Achten samt wohl zehntausend Stück von Achten an Juwelen. Das Schiff wurde von Lolonois nach Tortuga gesandt, um zu löschen, mit Order, sobald dies geschehen sei, wieder nach der Insel Savona zurückzukehren, wo die Galiote darauf warten sollte. Als sie mit der Flotte bei der Insel Savona anlangten, fanden sie da ein Schiff, so von Comana kam, mit Kriegsmunition und Geld zur Bezahlung der Garnison von S. Domingo geladen. Dieses Schiff kriegten sie ohne einen Schuß, es war montiert mit acht Kanonen, hatte siebentausend Pfund Pulver, eine Partie Musketen, Lunten und zwölftausend gemünzte Stück von Achten. Dies war ein sehr glücklicher Anfang und gab den Räubern große Courage, weil ihre Flotte gleich fürs erste so sehr vermehrt worden
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