Piraten der Karibik - Exquemelin, A: Piraten der Karibik
wurde samt seinem Kanoe und noch zehn seiner Gesellen. Er wurde sogleich vor den Gouverneur gebracht, der ihn in ein dunkles Loch setzen ließ und ihm wenig zu essen gab. Dieser Gouverneur hätte ihn gar zu gerne aufhängen lassen, wagte es aber nicht, wegen der feinen List, die der Räuber ersonnen hatte. Schrieb nämlich an den Gouverneur einen Brief, so als ob der von seinen Genossen käme; darin wurde gedroht, wenn er ihm irgendein Leid antäte, würden sie keinem Spanier, den sie kriegten, Pardon geben. Der Gouverneur mochte bei diesem Briefe fürchten, daß es ihm selbst an den Hals gehen könnte, denn die Räuber hatten unter Anführung eines gewissen Mansveldt, der ein berühmter Räuber auf Jamaika gewesen, einmal Campeche schon beinahe genommen. Daher beschloß er, ihn mit den Galionen nach Spanien zu senden, ließ ihn mit einem Eide geloben, daß er nie mehr rauben wollte, und drohte ihm, wenn er ihn wieder finge, ihn ohne Gnade aufzuhängen. Dieser Räuber war nicht lang in Spanien, sondern suchte Gelegenheit wieder nach Jamaika zu kommen. Er hatte unter den Spaniern auf der Reise aus Westindien durch Fischen fünfhundert Stück von Achten gewonnen, welches Geld er, Kleider und andere Notwendigkeiten zu kaufen, anwendete und damit wieder nach Jamaika zurückkehrte. Daselbst angekommen, übte er seine Räubereien schlimmer als zuvor und tat den Spaniern Übles an, soviel als er nur vermochte.
Als nun die Spanier merkten, daß sie dieser Räuber nicht ledig werden konnten, beschlossen sie die Zahl ihrer Fahrten zu vermindern, doch hat ihnen das nichts geholfen; denn weil die Räuber auf See keine Schiffe mehr kriegen konnten, taten sie sich zusammen, setzten an Land und plünderten viel Städte und Dörfer aus. Der erste Räuber, der diese Manier in Schwung gebracht hat, war ein gewisser Ludwig der Schotte (Lewis Scot), der die Stadt Campeche eingenommen, geplündert und gebrandschatzt, hernach aber wieder verlassen hat. Nach ihm kam ein gewisser Mansveldt, der sich unterstand in Neugranada zu landen und bis in die Südsee auf Raub auszugehen, aber durch Mangel an Viktualien wieder umzukehren gezwungen ward. Er nahm zuerst die Insel Santa Catalina ein und machte daselbst Gefangene, die ihn auf den Weg nach der Stadt Cartago brachten, welche in dem Reich von Neugranada liegt.
Ein gewisser Räuber, genannt Johann Davis von Jamaika, hat in demselbigen Reich eine kühne Tat getan. Er war lange Zeit in dem Golf von Pocatauro gewesen, daselbst einigen Schiffen aufzupassen, die von Cartagena nach Nicaragua unterwegs sein sollten. Weil er sie aber verfehlte, resolvierte er mit seinem Volk, nach dem Fluss von Nicaragua zu gehen, das Schiff an der Mündung zu lassen, mit Kanoes stromauf zu fahren und also bei Nacht in die Stadt zu gelangen, um die Kirchen und die vornehmen Kaufleute auszuplündern. Sie waren neunzig Mann stark auf dem Schiff und hatten drei Kanoes bei sich. Sie ließen also zehn Mann auf dem Schiff zurück, die anderen begaben sich alle in die Kanoes, dann ruderten sie bei Nacht den Fluß hinauf, des Tags hielten sie sich unter den Bäumen verborgen (wie sie es auch mit ihrem Schiff getan, damit es von den Indianern, die zum Fischen an die Flußmündung kommen, nicht gesehen werden sollte). In der dritten Nacht, ungefähr um Mitternacht, kamen sie in die Stadt. Die Schildwache nahm sie für Fischer, die im Lagon fischen, weil ein Teil von ihnen sehr gut spanisch sprach, auch war ein Indianer mit ihnen, der dort gewohnt hatte aber geflohen war, weil die Spanier ihn hatten zum Sklaven machen wollen. Dieser Indianer sprang an Land, stürzte auf die Schildwache, die sie Vigia nennen, los und ermordete sie. Darauf gingen sie allesamt drei oder vier der vornehmsten Bürger aufzuklopfen und nahmen dort alles Geld, das sie im Hause fanden, raubten auch einige Kirchen aus. Jedoch von einigen Flüchtlingen, die ihnen aus den Händen entwischten, war ein Geschrei durch die ganze Stadt gemacht. Die Bürgerschaft und die Garnison begann auf die Beine zu kommen, wodurch denn die Räuber gezwungen wurden, soviel von der Beute zusammenzuraffen, als sie konnten, und zu flüchten. Auch nahmen sie einige Gefangene mit, um, falls man sie einholte, durch diese Pardon zu erlangen. Sobald sie an die Küste hinabgekommen waren, machten sie ihr Schiff auf das schleunigste bereit und stachen in See, die Gefangenen aber mußten ihnen als Lösegeld soviel Fleisch zukommen lassen, als sie benötigten, um nach Jamaika zu
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