Piraten der Karibik - Exquemelin, A: Piraten der Karibik
war.
Als das Schiff mit Kakao nach Tortuga kam, ließ der Gouverneur sofort ausladen und schickte es mit frischem Proviant versehen eilig dem Lolonois, der darauf wartete, wieder zurück. Nach Ablauf von vierzehn Tagen kam es bei Lolonois wieder an, der sich auf demselben einschiffte und sein eigenes Schiff seinem Maat, Antony du Puis genannt, überließ. Er hatte auch anstelle der bei der Eroberung des Schiffes Getöteten und Verwundeten neue Rekruten bekommen, so daß seine Flotte nun in gutem Stande war, und jedweder frischen Mut fühlte, sich Beute zu erkämpfen.
Also gerüstet, segelten sie ab und nahmen ihren Kurs nach der Bai von Maracaibo. Diese Bai ist am Festland von Nueva Venezuela gelegen, zwölf Grad und einige Minuten nördlicher Breite; sie geht ungefähr zwanzig Meilen ins Land hinein und ist ungefähr zwölf Meilen breit. Vor der Bai liegen die Inseln Oruba und Monges; das Osteck dieser Bai wird genannt Cabo San Roman, das Westeck Cabo Caquibacoa. Diese Bai wird gemeiniglich Golfo de Venezuela genannt, von den Räuber aber die Bai von Maracaibo. In der Bai liegen zwei Inseln, die sich zumeist von Osten nach Westen erstrecken. Die östliche heißt Isla de la Vigia, weil auf einem hohen Hügel inmitten der Insel ein Haus steht, darin ein Wächter Tag und Nacht wacht. Die andere nennen sie Isla de la Palomas, das ist die Taubeninsel. Hinter diesen beiden Inseln liegt ein See von süßem Wasser, der sechzig Meilen tief ins Land geht und dreißig Meilen breit ist. Dieser See läuft zwischen diesen beiden Inseln und um dieselben herum ins Meer, jedoch die Einfahrt in den See für die Schiffe ist zwischen den beiden Inseln, ungefähr so breit als eine achtpfündige Kanonen schießt.
Auf der Taubeninsel liegt ein Kastell, die Einfahrt zu sperren, weil nämlich diejenigen, die in diesen See wollen, dicht unter der Taubeninsel laufen müssen. An der Mündung ist eine Barre oder Bank, wo allezeit vierzehn Fuß Wasser ist; etwa eine Meile einwärts liegt noch eine Bank, genannt El Tablazo, wo nur zehn Fuß Wasser ist, und hinter der Bank bis an den Fluß de las Espinas (der ungefähr vierzig Meilen weit weg in der Lagune ist), ist es sechs, sieben und auch acht Faden tief. Ungefähr sechs Meilen in den See hinein an seinem Westufer liegt die Stadt Maracaibo, welche sehr lustig ist, dieweil die Häuser längs des Wassers gebaut sind und ein sehr angenehmes Aussehen haben, sie ist auch ziemlich bevölkert. Man rechnet, daß sie mitsamt den Sklaven von drei- bis viertausend Seelen bewohnt ist, darunter achthundert wehrhafte Männer, allesamt Spanier, auch ist daselbst eine große Pfarrkirche, vier Klöster und ein Spital. Diese Stadt wird durch einen Untergouverneur von dem Gouverneur von Caracas regiert, zu dessen Gouvernement sie gehört. Der Handel, der da betrieben wird, besteht in Häuten und Unschlitt. Die Bürger sind reich an Vieh, haben auch Pflanzungen auf jener Seite, ungefähr dreißig Meilen von Maracaibo in einem großen Dorf genannt Gibraltar. Daselbst wird eine große Quantität von Kakao erzeugt und allerhand Erdgewächs zur Speisung von Maracaibo; denn das Land von Maracaibo ist ganz dürr und bringt nichts hervor, so daß alle Tage Barken von Gibraltar kommen, beladen mit allerhand Erfrischung als Limonen, Pomeranzen, Melonen, mancherlei Kohl und anderen Früchten mehr. Diese Barken nehmen von Maracaibo wieder Fleisch mit, weil nämlich zu Gibraltar weder Kühe noch Schafe fortkommen. Vor der Stadt liegt ein sehr guter Hafen, wo sie Gelegenheit haben Schiff zu zimmern, soviel sie wollen, doch muß das Holz von oben kommen. Nahebei liegt auch eine kleine Insel genannt Isla Borica, auf dieser werden viel Ziegen geweidet und vermehrt; daselbst ist eine große Quantität von Geisen und Böcken, die sie allein der Felle und des Unschlitts wegen halten, denn das Fleisch wird wenig gegessen, oder es muß von den Jungen sein. Sie haben auch viel Schafe um Maracaibo; landeinwärts sind viel Felder, jedoch dürr und trocken. Das Vieh ist da sehr klein, was ein Zeichen ist von geringem Futter.
An diesem See gibt es auch Indianer, die noch nicht gezähmt sind, und von den Spaniern Indios bravos genannt werden. Diese mögen keine Spanier leiden und haben ihre Wohnungen an der Westseite des Sees. Ihre Häuser stehen auf Bäumen, die im Wasser wachsen, was darum geschieht, damit sie von den Mosquitos nicht geplagt werden. So sind auch an der Ostseite ganze Fischerdörfer der Spanier, die gleichfalls im
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