Piraten der Karibik - Exquemelin, A: Piraten der Karibik
Geschütz vor die durch das Feuer gemachte Bresche bringen und auf die Räuber schießen. Dennoch ließen sie, da sie nicht mehr gedeckt waren, den Mut sinken, denn die Räuber, die nunmehr sehr in Rage waren, paßten so scharf auf, dass nicht ein Spanier sich durfte sehen lassen, oder er war schon hin.
Inzwischen nahm das Feuer seinen Lauf. Da es nun eine bequeme Bresche gemacht hatte, suchten auch die Räuber es zu löschen, indem sie soviel Erde darauf schütteten als sie konnten: ein Teil war damit beschäftigt, indes der andere auf die Spanier paßte. Schließlich kamen die meisten Spanier ums Leben, sowohl durchs Feuer als durch der Räuber Schießen. Gegen Mittag sprangen die Räuber durch die Bresche, ungeachtet des noch währenden Brandes und sehr wider Willen des Gouverneurs, der dieselbe mit fünfundzwanzig Mann, die um ihn waren, immer noch defendierte: die mit ihrem Gewehr nichts mehr ausrichten konnten, bedienten sich der Spieße, andere der Steine zum Werfen. Allein ungeachtet aller Gegenwehr der Spanier drangen die Räuber doch endlich durch und wurden Meister des Kastells. Die übriggebliebenen Spanier sprangen ohne um Pardon zu rufen, von oben in den Graben hinunter, allwo ein Teil den Hals brach. Der Gouverneur retirierte in ein Corps de Garde, darin zwei Kanonen waren, und wollte sich noch zur Wehr setzen, fragte auch nicht nach Pardon, wodurch die Räuber genötigt wurden, ihn totzuschießen. Sie fanden noch etwa dreißig Mann in dem Kastell liegen, von denen keine zehn unverletzt waren, diese berichteten ihnen, daß acht oder neun Mann nach Panama geflüchtet seien. Das also war der Überrest von dreihundertvierzehn Mann, die im Kastell gewesen, und es war nicht ein einziger Offizier am Leben geblieben. Die Gefangenen sagten auch aus, der Gouverneur von Panama habe vor ungefähr drei Wochen aus Cartagena Zeitung erhalten, da die Englischen bei der Insel Española eine Flotte ausrüsteten, um Panama einzunehmen. Diese Nachricht hatten sie, wie sie sagten, durch einen Irländer bekommen, der zu Rio de la Hache von den Räubern desertiert wäre; der hätte schon gesagt, daß die Räuber Rio de la Hache nur darum genommen hätten, um für ihre Flotte Viktualien zu bekommen, wie es ja auch wahr war. Der Präsident von Panama habe auf diese Nachricht hin hundertundsechzig Mann zum Sukkurs aufs Kastell gesandt samt Viktualien und anderer Kriegsmunition; auf diese Weise wurde die Besatzung auf dreihundertvierzehn Mann verstärkt, alle wohl bewaffnet. Sie berichteten ferner, der Gouverneur habe viele Embuskaden am Strome gemacht, und in der Savana von Panama warte er auf uns mit zweitausendvierhundert Mann, alle miteinander Weiße, ferner sechshundert Mulatten und sechshundert Indianer samt zweitausend Stieren.
Die Räuber hatten nunmehr das Kastell gewonnen, doch war es so gemächlich nicht zugegangen als auf der Insel Santa Catalina. Sie zählten ihre Toten, deren sie mehr als hundert fanden, dazu noch sechzig Blessierte. Die Gefangenen mußten die spanischen Leichname vom Berge hinab auf den Strand werfen, dort Gruben machen und sie begraben. Die Verwundeten wurden in die Kirche gebracht zu den Weibern, die darin gefangen saßen. Nachdem dies alles geschehen, ließen sie den Schaden, den das Feuer angerichtet hatte, reparieren.
Morgan blieb nach der Abreise der vier Schiffe auch nicht mehr lange auf der Insel Santa Catalina, er ließ alle Viktualien, die da waren, in seine Schiffe laden, wie Mais und Casave, in der Hoffnung, sie im Kastell von Chagre zum Unterhalt derjenigen, die er dort als Besatzung zu lassen gedachte, auszuladen. Seine Meinung war, ein bis zwei Tage nach Eroberung desselben dort anzukommen und dann geradeswegs stromauf zu marschieren, um den Spaniern keine Zeit zu lassen, viel Anstalt zur Gegenwehr zu treffen. Darum ließ er alles Geschütz von den Kastellen der Inseln ins Wasser schmeißen, jedoch an einen Ort, wo er es wieder auffinden konnte, denn er hatte im Sinn, dereinst wiederzukommen und die Hand auf die Insel zu legen; überdies wurden alle Häuser in Brand gesteckt, ausgenommen das Kastell, dem er wenig Schaden tat. Die Gefangenen wurden alle mitgeführt. Hierauf richtete Morgan mitsamt seiner Flotte den Kurs nach Rio de Chagre, wo er acht Tage nach Einnahme des Kastells anlangte; und als er die englische Flagge darauf wehen sah, war er so hastig in den Strom zu kommen, daß sein Schiff mit noch drei andern Schiffen vor der Mündung auf eine Klippe lief, jedoch ohne
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