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Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls

Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls

Titel: Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Wooding
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aussehenden chirurgischen Instrumente gefunden. Sie waren allesamt auf Hochglanz poliert – die einzigen sauberen Gegenstände im Raum – und sahen aus, als wären sie noch nie benutzt worden.
    Malvery hievte die Füße von dem Stuhl, auf dem sie lagen, und schob ihn Crake hin. Dann schenkte er einen ordentlichen Schuss Rum in einen weiteren Becher, der auf der Anrichte stand. Crake setzte sich höflich und nahm den angebotenen Becher entgegen.
    »Wo ist das neue Mädchen?«, fragte er.
    »Vorn im Cockpit. Beim Navigieren.«
    »Ist sie nicht gerade erst von einer Kugel getroffen worden? «
    »Man würde’s nicht glauben, so, wie sie sich benimmt«, sagte Malvery. »Echt verrückt. Als ich sie mir schließlich ansehen durfte, hatte die Blutung schon aufgehört. Die Kugel ist glatt durchgegangen, wie sie gesagt hat.« Er strahlte. »Ich brauchte die Wunde bloß noch mit einem Antiseptikum abzutupfen und ein Pflaster draufzukleben. Dann ist sie aufgestanden und hat mir erklärt, sie hätte zu tun.«

    »Sie hatten Recht, sie ist wirklich zäh.«
    »Sie hat Glück gehabt, das ist alles. Kaum zu glauben, dass die Kugel keinen größeren Schaden angerichtet hat.«
    Crake trank einen Schluck Rum. Es war ein köstlich grober Stoff, der sich kraftvoll in sein Gehirn vorarbeitete und dort daranging, seine höheren mentalen Funktionen außer Gefecht zu setzen.
    Malvery rückte seine Brille mit den runden, grün gefärbten Gläsern zurecht und räusperte sich gewichtig. »Na los, raus damit.«
    Crake leerte seinen Becher und hielt ihn ihm zwecks Nachfüllung hin. Er überlegte einen Moment. Es gab keine Möglichkeit, seine Empfindungen – den Schock, die Enttäuschung, den Groll – auszudrücken; jedenfalls nicht so, dass Malvery sie wirklich verstehen würde. Deshalb sagte er nur: »Er hätte mich sterben lassen.«
    Er erzählte Malvery, was passiert war, nachdem er und Frey gefangengenommen worden waren. Es fiel ihm schwer, alles sachlich und objektiv darzustellen, aber er tat sein Bestes. Klarheit war wichtig. Emotionale Ausbrüche gingen ihm wider die Natur.
    Als er fertig war, schenkte Malvery sich selber nach und sagte: »Tja.«
    Crake fand seinen Kommentar irgendwie unbefriedigend. Als klar wurde, dass der Doktor das nicht weiter ausführen würde, sagte er: »Er hat zugelassen, dass Macarde die Trommel gedreht, mir den Revolver an die Stirn gehalten und abgedrückt hat. Zweimal!«
    »Da haben Sie Glück gehabt. Solche Kopfverletzungen können hässlich sein.«
    »Ach, Spucke und Blut!«, rief Crake. »Vergessen Sie’s.«
    »Also, das ist ein guter Rat«, sagte Malvery und prostete
seinem Kameraden zu. Er beugte sich auf seinem Stuhl vor. »Ich mag Sie, Crake. Sie sind in Ordnung. Aber Sie leben jetzt nicht mehr in Ihrer Welt.«
    »Sie wissen rein gar nichts über meine Welt!«, protestierte Crake.
    »Meinen Sie?« Er machte eine Handbewegung zu dem Raum, in dem sie saßen. »Es gab mal eine Zeit, da hätte ich keinen Fuß in ein solches Loch gesetzt. Ich war von der Gilde zugelassen. Habe in Thesk gearbeitet und in einem Monat mehr verdient, als dieses kleine Unternehmen in einem Jahr abwirft.«
    Crake musterte ihn zweifelnd. Er versuchte sich vorzustellen, wie dieser riesenhafte, abgewrackte alte Säufer in den eleganten Behausungen der Aristokratie ein und aus ging. Es gelang ihm nicht.
    »Das hier ist keine Familie, Crake«, fuhr Malvery fort. »Jeder ist wirklich und wahrhaftig auf sich selbst gestellt. Sie sind doch ein kluger Bursche, Sie kannten die Risiken, als Sie sich uns angeschlossen haben. Wie kommen Sie auf die Idee, dass er sein Schiff für Sie aufgeben würde?«
    »Weil …«, begann Crake und erkannte dann, dass er nichts zu sagen hatte. Weil es das Richtige gewesen wäre. Er würde sich Malverys Gelächter ersparen.
    »Hören Sie mal«, sagte Malvery sanfter. »Lassen Sie sich nicht vom Käpt’n hinters Licht führen. Er kann mit Menschen umgehen, wenn ihm danach ist. Aber es spielt keine Rolle für ihn, ob Sie leben oder sterben. Oder ich, oder jeder andere an Bord. Ich frage mich, ob er sich wenigstens Gedanken über sein eigenes Schicksal macht. Das Einzige, woran ihm etwas liegt, ist die Ketty Jay. Wenn Sie das herzlos finden, dann haben Sie nicht mal zur Hälfte mitgekriegt, wie es da draußen zugeht. Der Käpt’n ist in Ordnung.
Er ist besser als die meisten. Man muss nur wissen, wie er tickt.«
    Darauf hatte Crake keine Antwort. Er wollte nichts sagen, was kindisch und verbittert klang.

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