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Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls

Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls

Titel: Piratenmond - Wooding, C: Piratenmond - Retribution Falls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Wooding
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Hand, die um den Steuerknüppel lag, und ließ die Schultern kreisen. Die Welt außerhalb dieses Mutterleibs aus Metall war seltsam. Die Menschen waren seltsam. Die Männer waren auf furchteinflößende Weise unberechenbar, und die Frauen erst recht, voller seltsamer versteckter Andeutungen und verschleiertem Hunger. Laute Geräusche ließen ihn zusammenfahren; Menschenmengen erzeugten bei ihm ein Gefühl der Klaustrophobie; in Gegenwart kluger Leute kam er sich dumm vor.
    Aber das Cockpit einer Caybery Firecrow war sein Zufluchtsort, und zwar schon seit zwanzig Jahren. Solange er von diesem Panzer umhüllt war, konnte ihm keine Peinlichkeit etwas anhaben, konnte ihn nichts in Verlegenheit bringen. Hier lachte niemand über ihn. Das Flugzeug war sein stummer Diener, und er war ausnahmsweise einmal der Herr.
    Er beobachtete die Marine-Fregatte eine Weile, und seine Gedanken wanderten in die Vergangenheit zurück. Als jüngerer Mann war er einst mit solchen Schiffen unterwegs gewesen. Hatte auf den Befehl gewartet, in seine Firecrow zu steigen und in den Himmel hinauszujagen. Er erinnerte sich gern an die Piloten, mit denen er ausgebildet worden war. Er war nie besonders beliebt gewesen, aber man hatte ihn akzeptiert. Er hatte zum Team gehört. Das waren gute Zeiten gewesen.

    Aber die guten Zeiten hatten geendet, als die Aerium-Kriege begannen. Fünf Jahre Kampf gegen die Sammies. Fünf Jahre, in denen jeder Einsatz derjenige sein konnte, von dem man nicht mehr zurückkehrte. Fünf Jahre nervenzerfetzender Luftkämpfe, in deren Verlauf er dreimal abgeschossen worden war. Und überlebt hatte. Viele seiner Freunde hatten nicht so viel Glück gehabt.
    Dann der Friede, wenngleich das Wort nur bedingt zutraf. Jetzt war die Marine nicht mehr hinter den Sammies her, sondern hinter Piraten und Freibeutern, die während des Krieges ihre Blütezeit erlebt hatten und nun eine Schwarzmarkt-Wirtschaft betrieben. Harkins bekämpfte die Schmuggler in seinem eigenen Land. Dieser Feind war nicht so gut ausgerüstet, aber verzweifelter und brutaler. Gebietsstreitigkeiten verwandelten sich in erbitterte Fehden, und alles wurde noch hässlicher.
    Dann kam unglaublicherweise der Zweite Aerium-Krieg, nur vier Jahre nach dem ersten, und Harkins war wieder mit von der Partie und kämpfte an der Seite der Thacianer gegen die Sammies und deren Sklavenvölker. Nach all ihren Taten im ersten Krieg, all den verlorenen Leben, hatten die Politiker sie im Stich gelassen. Wenig war geschehen, um die samarlanische Gefahr zu entschärfen, und der Feind kam mit doppelter Kraft zurück.
    Es war ein kurzer, schmutziger Konflikt. Auf allen Seiten waren die Menschen demoralisiert und müde. Am Ende – ein plötzlicher, unbefriedigender Waffenstillstand, durch den sich alle außer den Sammies betrogen fühlten – war Harkins draußen. Er hatte zu viele Beinahekollisionen erlebt, hatte ein wenig zu oft Glück gehabt, hatte das Antlitz des Todes häufiger gesehen, als irgendjemand es sehen sollte. Er war ein zitterndes Wrack. Sie entließen ihn zwei
Wochen vor Kriegsende, nach vierzehn Jahren beim Militär. Mehr als die magere Pension, die sie ihm gaben, konnte sich die Marine nach einer solch ruinösen Dekade nicht leisten.
    Die folgenden Jahre waren die allerschlimmsten.
    Harkins war schließlich zu der Erkenntnis gelangt, dass die Welt sich in diesen Zeiten rasch veränderte, und sie war nicht nett zu denen, die sich nicht anpassen konnten. Er besaß keine anderen Fähigkeiten als jene, die er als Jagdflieger erlernt hatte, und niemand wollte einen Piloten ohne Flugzeug. Er durchlebte eine trostlose, graue Zeit, in der er für einen Hungerlohn in Fabriken arbeitete oder Gelegenheitsjobs übernahm. Sich gerade so eben über Wasser hielt.
    Es war nicht das Marineleben mit seiner Disziplin und Struktur, was er vermisste. Auch nicht die Kameradschaft – die hatte ihm der Tod einer ausreichend großen Anzahl seiner Freunde vergällt. Was wirklich schmerzte, war der Verlust der Firecrow.
    Obwohl er im Lauf der Zeit fast ein Dutzend verschiedene Firecrows mit kleineren Veränderungen und Verbesserungen geflogen hatte, waren sie für ihn alle ein und dasselbe. Der Klang der Düsentriebwerke, das Dröhnen der Aerium-Maschinen, die Gas in die Ballasttanks pumpten, die unnachgiebige Härte des Cockpits, das ihn umschloss. Die Firecrow war der Schauplatz all seiner Triumphe und all seiner Tragödien gewesen. Sie hatte ihn in den wundersamen Himmel getragen, hatte

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