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Piratin der Freiheit

Piratin der Freiheit

Titel: Piratin der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa , Freiheit_1_.doc
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Übertreibung. Der Franzose befehligte nämlich ein wahres Arbeiterheer, das vom Morgengrauen bis zum Vormittag und vom Nachmittag bis
    Sonnenuntergang schuftete. Bald war die Galeone da-
    her wieder so elegant und wendig wie früher. Gleichzeitig arbeiteten zahlreiche Männer und Frauen auf dem Festland an den Segeln, flickten Taue und reparierten die Kanonen.
    In Windeseile hatte sich auf der ganzen Insel herum-gesprochen, daß Celeste ihre Leute großzügig entlohn-te, und bald wollten alle Jamaikaner, deren Existenz-grundlage das Erdbeben weitgehend zerstört hatte, an diesem glücklichen Umstand teilhaben.
    Gegenüber der Ankerstelle des Schiffs stand bald eine provisorische Zeltstadt. Bei Anbruch der Nacht zündete man große Lagerfeuer an, Gitarren erklangen, und die meisten überlebenden Prostituierten der Katastrophe machten verlorene Zeit wett.
    An Bord stellten sich sogar mehrere Musiker vor, die das ausgelöschte Orchester von Kapitän De Graaf zu
    neuem Leben erwecken wollten, doch Celeste schickte alle mit den gleichen Worten fort:
    »Ich brauche keine Flötisten, sondern Männer, die bereit sind, ihr Leben auf hoher See aufs Spiel zu setzen.
    Das hier ist kein Piratenschiff mehr und auch kein
    schwimmendes Bordell.«
    Eines Morgens trug sie jedoch dem Engländer Reuter
    auf, die beste Näherin der Insel aufzuspüren. Als die Frau vor ihr stand, kam Celeste ohne Umschweife zur Sache:
    »Du bekommst 50 Dublonen, wenn du mir eine Fahne
    nähst und das Wappen geheimhältst. Aber ich warne
    dich: Wenn du plauderst, lasse ich dir die Zunge he-rausreißen.«
    Die brave Frau machte tellergroße Augen, zögerte einen Augenblick, doch dann erwiderte sie mit zitternder Stimme:
    »Senora, für 50 Dublonen nehme ich nicht nur ein,
    sondern hundert Geheimnisse mit ins Grab. Wann soll ich anfangen?«
    »Jetzt gleich. Du schließt dich in die Kajüte des Ersten Offiziers ein, und da kommst du nicht wieder heraus, bis du fertig bist.«
    »Wie sieht das Wappen aus?«
    »Morgen wirst du es sehen.«
    Vier Tage später bat Laurent de Graaf höchstpersön-
    lich um Erlaubnis, an Bord kommen zu dürfen. Nach-
    dem er die Arbeiten der Schmiede und Zimmerleute
    kritisch beäugt hatte, nahm er Celeste gegenüber Platz, die unter dem Zeltdach des Achterkastells saß.
    »Glückwunsch!« sagte er. »Kein Zweifel, du vollen-
    dest eine große Arbeit. Selbst ich hätte es nicht besser machen können.«
    »Hast du vielleicht daran gezweifelt?«
    »Natürlich nicht!« erwiderte der Holländer und zeigte das entwaffnende Lächeln eines gewieften Verführers.
    »Ich habe nur ein einziges Mal mit dir reden müssen, um mir vorstellen zu können, wozu du fähig bist…« Er schenkte ihr seinen verführerischsten Blick. »Schade, daß du so jung bist!«
    »Das Problem liegt nicht in meinem Alter, sondern in deinem«, lautete die spöttische Antwort. »Und ich habe dir ja schon gesagt, daß mir schöne Männer nicht gefallen.« Sie schlug ihm herzlich auf die Schulter. »Was wirst du jetzt tun, wo du ehrbar sein mußt?«
    »Das weiß ich noch nicht so genau«, antwortete er
    ehrlich. »Aber nachdem ich jetzt meine Leute ausge-
    zahlt habe, bleibt mir noch gerade soviel, um in Paris ein gutes Bordell zu eröffnen.« Er blinzelte ihr zu. »Ich könnte es >Port-Royal< nennen. Wie findest du das?«
    »Gefällt mir gar nicht. Da will ein Kind eine Bonbon-fabrik aufmachen.«
    »Die Bonbons nutzen sich ab, wenn du sie lutschst«, lachte er. »Die Huren nicht.«
    »Sei’s drum«, entgegnete das Mädchen. »Es wäre
    traurig, wenn der letzte große Pirat der Karibik, der Überlebende eines gefürchteten und respektierten Geschlechts, seine Tage als Puffvater beenden würde. Ob du willst oder nicht, du bist immer noch der große Laurent de Graaf, und du bist dir selbst Respekt schuldig.«
    »Du redest von Respekt und sitzt mit deinem Hintern auf meiner Flagge? Daß ich nicht lache!«
    Sie warf ihm einen schelmischen Blick zu, in dem er lesen konnte, daß sie echte Zuneigung zu einem Menschen gefaßt hatte, der vor dem letzten Abenteuer seines Lebens stand.
    »Ich werde dir etwas versprechen, was deine verdor-
    bene Seele wahrscheinlich erfreuen wird«, raunte sie.
    Obwohl niemand sie hören konnte, flüsterte sie ihm ins Ohr: »An dem Tag, an dem mein Hinterteil nicht mehr ehrbar genug ist, um auf deiner Fahne zu sitzen, werde ich das Kissen ins Meer werfen.«
    Der Holländer riß die Augen auf, um in einem tra-
    gischkomischen Ton hoffnungsvoll zu

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