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Piratin der Freiheit

Piratin der Freiheit

Titel: Piratin der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa , Freiheit_1_.doc
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stand vom Bett auf, ging wieder ans Fenster und blickte auf das Meer jenseits der Landzunge von Port-Royal hinaus. Sie sah ihren Vater nicht an.
    »Die Zeit ist gekommen, wo du dich ernsthaft fragen mußt, ob du bereit bist, mir bedingungslos zu folgen, oder weiterhin Zweifel an meinem Vorhaben hegen
    willst. Ich weiß, es wird ein schwerer Krieg sein, den wir nicht gewinnen können. Trotzdem fange ich ihn an.
    Bruder Anselmo pflegte zu sagen: Es kommt nicht darauf an, Gott zu berühren, sondern seinem Licht entge-genzugehen.« Sie nahm auf der Fensterbank Platz. Ihr kindliches Gesicht zeichnete sich gegen Himmel und
    Meer ab, und mit den baumelnden Beinen glich sie eher einem kleinen Mädchen, das ein Picknick organisieren will, als einer entschlossenen Frau, die drauf und dran ist, einen absurden Kreuzzug zu beginnen. »Du hättest Bruder Anselmo kennen sollen«, murmelte sie fast un-hörbar. »Du hättest ihm viele Jahre lang zuhören sollen wie ich. Dann wärst auch du zu der Überzeugung gelangt, daß diese armen Geschöpfe ebenso wie wir Kinder Gottes sind und ihre Seele ebenso unsterblich ist und Errettung verdient wie die unsrige.«
    »Vielleicht hast du recht«, räumte Miguel Heredia etwas verblüfft ein, da die Unterhaltung eine neue Wende nahm. »Ich habe nie ernsthaft darüber nachgedacht,
    doch ich habe keinen Grund zu leugnen, daß sie eine unsterbliche Seele besitzen, wie du meinst. Aber du kannst nicht von Bruder Anselmo und Gott sprechen
    und gleichzeitig einen Mann aufhängen.«
    »Der Tod dieses Mistkerls hat damit nichts zu tun«, entgegnete sie. »Das war einfach nur Rache, und wenn Gott eines Tages dafür Rechenschaft von mir verlangt, werde ich sie ihm geben. Doch jetzt sind Schmerz und Zorn besänftigt, und es zählt nur noch die Zukunft.«
    »Was für eine Zukunft? Ich sehe darin nicht die ge-
    ringste Zukunft.«
    »Warum denn nicht?« tönte es fast empört zurück.
    »Jedes menschliche Wesen, das wir aus der Sklaverei retten, ist für sich allein schon eine Zukunft. Nicht die unsere natürlich, aber sehr wohl die seine. Und jedes Mal, wenn ein Schwarzer die Freiheit erlangt, werden andere begreifen, daß Freiheit möglich ist, und werden ihrerseits dafür kämpfen. Wir müssen handeln und
    nicht nur reden. Je mehr ich darüber nachdenke, um so mehr bin ich davon überzeugt, daß Gott mich vielleicht für eine solche Aufgabe ausgewählt hat.«
    »Gütiger Gott! Eine Erleuchtete«, heuchelte ihr Vater Empörung. »Das willst du also: Im Licht des Herrn
    wandeln und zu den Waffen greifen?«
    »Lieber eine Erleuchtete als jemand, der die Hände in den Schoß legt. Bruder Anselmo hielt Pater Las Casas für einen Fanatiker, der letzten Endes mit seinen Predigten zugunsten der Indianer mehr Schaden anrichtete, als daß er Gutes tat. Aber er war ihm lieber als die vielen tausend Priester, die schweigende Komplizen der Ungerechtigkeit waren, die tagtäglich an den Schwarzen, Indios und Mestizen begangen wurde. Es kann ein Fehler sein, wenn ich auf See die Sklavenhändler be-kämpfe, aber das ist lange nicht so schlimm, als gar nichts zu tun.«
    »Noch nie habe ich dich mit soviel Leidenschaft reden hören«, sagte Miguel Heredia, der immer perplexer
    wurde. »Ich hatte mir nicht einmal träumen lassen, daß du so denken könntest.«
    »Vielleicht weil wir niemals darüber gesprochen ha-
    ben. Außerdem ist in letzter Zeit viel passiert, und dabei ist vermutlich vieles in mir hochgekommen, von
    dem ich bisher gar nichts geahnt habe. Oft muß man
    einen Baum erst schütteln, bevor er seine Früchte fallen läßt, und das Erdbeben hat da bestimmt seinen Teil zu beigetragen.«
    Bevor ihr Vater antworten konnte, klopfte es leise an der Tür, und als Celeste öffnete, stand sie dem riesigen Schiffszimmermann gegenüber, einem grimmig aussehenden französischen Basken, der nur unter dem Spitznamen Gabacho bekannt war. Nachdem dieser sich als
    Gruß an den riesigen Hut getippt hatte, den er niemals abnahm, meldete er mit höllischem Akzent:
    »Besanmast gefunden. Sehr gut.«
    »Wo?«
    »Gestrandete portugiesische Brigg.«
    »Die Botafumeiro?« Als der Riese nickte, bemerkte
    Celeste zu ihrem Vater: »Ironie des Schicksals: Das Schiff dieses Schweinehunds schafft uns ein großes
    Problem vom Hals.« Sie blickte wieder den Franzosen an. »Was brauchst du?«
    »Zwanzig Männer und die Erlaubnis vom Oberst.«
    »Kriegst du. Wie geht es sonst voran?«
    »In zwei Wochen segeln wir.«
    Das war keine

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