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Piratin der Freiheit

Piratin der Freiheit

Titel: Piratin der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa , Freiheit_1_.doc
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des Niger«, antwortete der andere unbefangen. »Wenn seine Männer einen
    Sklaven fangen, läßt er diesem als erstes sein Brandzeichen aufdrücken.«
    »Barbarisch!«
    »Der König des Niger ist der schlimmste aller Barbaren, Senora. Er ist schuld daran, daß die meisten von uns hier sind.«
    »Welchem Stamm gehört er an?«
    »Jedem und keinem. Er ist ein schmutziger Mulatte,
    Sohn einer schwarzen Sklavin und eines weißen Skla-
    venhändlers. Dieser verfluchte Renegat hat es ge-
    schafft, ein wahres Imperium im Herzen des Kontinents zu errichten. Es heißt, wenn es dem Teufel in der Hölle zu langweilig wird, Sünder zu braten, kommt er ihn
    besuchen, um neue Foltermethoden zu lernen.«
    »Sei’s drum, er ist weit weg und kann euch nichts
    mehr anhaben. Ich vertraue dir diese armen Leute an.
    Sorge dafür, daß man sie so behandelt, wie du gerne selbst behandelt werden würdest, wenn du in eine neue Welt kommst. Sie fühlen sich verloren und sind ängstlich, und du weißt ja schon, was das bedeutet.«
    Als der schwarze Mann das Schiff verlassen hatte,
    wies Gaspar Reuter, der alles schweigend mit angehört hatte, auf den dichten Urwald rund um die stille Bucht.
    Schwärme roter Ibisse flogen in diesem Augenblick zu ihren Nestern auf dem Festland. Mit seinem typischen, einem fast wütend machenden Gleichmut bemerkte er:
    »Langsam habe ich den Eindruck, daß wir kein Pro-
    blem lösen, wenn wir Sklaven auf einem Kontinent
    freilassen, den sie nicht kennen. Ich habe gesehen, wie sie leben, mit ihnen gesprochen, und ich kann dir sagen, viele fragen sich, ob sie für diese Freiheit nicht einen zu hohen Preis zahlen.«
    »Aber dieser Mann hat doch gesagt…!«
    »Nicht alle sind wie er«, unterbrach sie der Engländer.
    »Moises ist stark und entschlossen, und als Häuptling hat er eine Frau, die ihm sogar einen Sohn geschenkt hat. Aber ich habe viele junge Männer gesehen, die am Rande der Verzweiflung sind und sich früher oder spä-
    ter irgendwo Frauen suchen werden, und das gibt einen Krieg, bei dem die Indianer stets im Vorteil sein werden. Nein, wir sollten sie nicht hierherbringen, sondern sie in Afrika lassen.«
    »Auch mit dem Risiko, daß man sie wieder einfängt
    und verkauft?«
    »Wir müssen ihnen beibringen, sich zu verteidigen.
    Dort sind sie wenigstens in ihrem Land.«
    Celeste ließ sich mit der Antwort Zeit. Hingebungs-
    voll betrachtete sie den schönen Sonnenuntergang, der sie, wegen der vielen Ibisse, Tölpel und Pelikane, an die Abendstimmungen ihrer Kindheit auf Margarita
    erinnerte. Schließlich fragte sie flüsternd, ohne sich dabei umzudrehen:
    »Sag mir, Gaspar… Glaubst du, daß ich verrückt
    bin?«
    »Natürlich!«
    »Wenn das so ist, warum hast du dich dann auf dieses Abenteuer eingelassen?«
    »Weil ich ebenfalls verrückt bin«, erwiderte der andere überzeugt. »Und weil ich mir auf diese Weise vielleicht selbst verzeihen kann.«
    »Was verzeihen…?«
    »Meine vielen Sünden.«
    Die Silberdame blickte ihn verwirrt an und schüttelte schließlich den Kopf:
    »Ich glaube nicht, daß du ein Mann mit vielen Sünden bist«, sagte sie. »Ich glaube eher, daß du nur eine einzige begangen hast, und die ist so groß, daß du ein ganzes Leben damit zu tun hast, sie zu bereuen.«
    »Schon möglich…«, räumte der andere ein. Ein Lä-
    cheln huschte über sein Gesicht. »Die kleinen Sünden vergißt man. Die großen nicht.«
    »Und wie lautet sie?« wollte sie wissen. »Seit ich dich kenne, versprichst du mir, daß du mir eines Tages deine Geschichte erzählen wirst, aber das hast du niemals getan. Warum nicht?«
    »Über sich selbst zu sprechen zeugt von sehr schlechter Erziehung. Das lernen wir Engländer schon als kleine Kinder. Vielleicht deshalb.«
    »Aber ich bin keine Engländerin, und ich wüßte schon gern, warum jemand, dem ich mein volles Vertrauen
    schenke, sich so verhält, wie du es tust.«
    »Du vertraust mir wirklich voll und ganz?«
    »Mein Vater und du, ihr seid die einzigen Zeugen des Todes von Kapitän Tiradentes. Ist das nicht Beweis genug?«
    »Wahrscheinlich.«
    »Also…?«
    Gaspar Reuter schien darüber nachzudenken, ob es gut war, Dinge zu erzählen, die schon vor vielen Jahren geschehen waren. Schließlich nickte er zustimmend, lehnte sich an die Reling und kratzte sich nachdenklich an seinem markanten Kinn, bevor er begann:
    »Ich bin ein Einzelkind. Meine Mutter ist kurz nach meiner Geburt gestorben. Mein Vater, Lord Robert
    Kindersley, war immer gut zu mir,

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