Piratin der Freiheit
Segeln.«
Das Mädchen dachte ein wenig nach, betrachtete dann die zwei Schiffe, die bereits zwei Meilen Abstand gewonnen hatten, und nickte schließlich.
»Einverstanden!« sagte sie. »Wir behalten das Schiff.«
»Klar zum Manöver!« brüllte der Venezianer sofort
los. »Ruder hart backbord! Volle Wende!«
Ein Pfiff ertönte, und der erste Offizier wiederholte den Befehl: »Klar zum Manöver! Ruder hart backbord!
Volle Wende!«
»Signalisiert Waffenstillstand!«
»Signalisiert Waffenstillstand!«
Sie brauchten eine gute Stunde, um eine weite Wende zu vollführen und sich von Westen her den Schiffen zu nähern, die beigedreht hatten.
Sobald diese das Manöver und die Waffenstillstands-
flagge erkannten, hißten sie sofort die ihre und streck-ten die Waffen.
Kapitän Buenarrivo ließ ein Boot zu Wasser, das den Fregatten folgende Nachricht überbringen sollte: Die Besatzung müsse das holländische Schiff verlassen,
wobei die bloße Absicht, es zu versenken, als feindlicher Akt ausgelegt und das Ende der Waffenruhe be-
deuten würde. Damit wäre es um die französische Fregatte geschehen.
Bei ihrer Rückkehr hatte die Schaluppe den holländischen Kapitän an Bord. Dieser Milchbart erinnerte eher an einen Zweiten Leutnant, der gerade angeheuert hatte, als an einen Kapitän, auf dessen Schultern die
schwere Verantwortung für ein mächtiges Kriegsschiff lastete.
»Eigentlich war ich nur der Erste Offizier«, erklärte er. »Aber vor drei Tagen ist mein Kapitän an der Ruhr gestorben, und ich hatte nun einmal den Befehl, Piraten zu versenken.«
»Aber wir sind keine Piraten«, klärte ihn Celeste Heredia auf. »Und das ist schon bodenloser Leichtsinn, sich ohne Erfahrung auf ein wesentlich besser bewaffnetes Schiff zu stürzen.«
»Jetzt, wo ich sehe, was dabei herausgekommen ist,
kann ich da nur zustimmen, und ich werde mich dafür vor meinen Vorgesetzten verantworten müssen«,
pflichtete der Junge bei. »Wahrscheinlich verbringe ich den Rest meines Lebens im Kerker, aber ich habe nun einmal das getan, was ich glaubte, tun zu müssen.«
Nacheinander sah er Kapitän Buenarrivo, Sancho Men-
dana, Miguel Heredia und Gaspar Reuter an, die ihn
ihrerseits musterten, und schließlich sah er mit unver-hohlener Verblüffung wieder Celeste an. »Klärt mich lediglich darüber auf, was Ihr hier tut, wenn Ihr angeblich keine Piraten seid.«
»Wir sind gegen die Sklaverei.«
»Entschuldigung! Was habt Ihr da gesagt?«
»Daß wir gegen den Sklavenhandel sind«, erwiderte
Celeste, die sich mit Geduld wappnete. »Wir werden
jegliches Sklavenschiff versenken, das unseren Weg
kreuzt, ohne Ansehen der Nationalität.«
»Aber das ist doch absurd!« protestierte der rosige Jüngling. »Das ist illegal! Alle zivilisierten Nationen akzeptieren den Sklavenhandel. Es heißt, daß sogar der Heilige Vater…«
»Hat Euch jemand um Eure Meinung zu den Sklaven
gebeten?« fuhr ihm Gaspar Reuter in die Parade. »Was zählt, ist, was die Betroffenen davon halten.«
»Die Schwarzen sind mit ihrem Los zufrieden«, laute-te die einfältige Antwort. »Sie befinden sich nicht mehr länger unter der Fuchtel grausamer Häuptlinge und
können den Weg zum wahren Glauben finden.«
»Wenn das so ist, warum muß man sie dann in Ketten
legen, oder warum bringen sie sich bei der geringsten Gelegenheit um?« wollte der Engländer wissen. »Wenn sie so glücklich wären, wie man sagt, dann würden sie singend auf die Schiffe gehen, aber so etwas hat bis heute noch niemand gesehen.«‘
»Das liegt daran, daß sie am Anfang nicht wissen, daß sie ein besseres Leben erwartet.«
»Nichtsdestotrotz«, beharrte der andere, »ich habe
Hunderte von ihnen durch die Urwälder Jamaikas ge-
hetzt und gesehen, daß sie sich an den Bäumen aufge-hängt haben, wenn ihnen klar wurde, daß man sie wieder ergreifen würde. Das beweist doch wohl, daß sie mit diesem >besseren Lebern absolut nicht glücklich waren.« Er kratzte sich genüßlich den roten Bart seines markanten Kinns: »Und das Schlimme ist nicht, daß es Scheißkerle gibt, die mit Schwarzen handeln, sondern daß andere sie unterstützen, daß angeblich >zivilisierte< Länder ihre Schiffe schicken, um so niedere Interessen zu verteidigen.«
»Ich gestatte Euch, nach Europa zurückzukehren…«,
mischte sich Celeste ein. »Ich lasse Euch am Leben
unter der Bedingung, daß Ihr Eure Regierung darüber aufklärt, daß wir keine schwarze Fahne hissen und
nicht auf Beute aus
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