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Piratin der Freiheit

Piratin der Freiheit

Titel: Piratin der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa , Freiheit_1_.doc
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werden, freiwillig oder gezwungenermaßen dem schrecklichen Ritus, sich die rechte Hand abhacken zu lassen.
    Und keiner zahlte dann noch einen roten Heller für
    sie.
    Ein Schwarzer, der keine Machete schwingen konnte,
    brachte keinen Profit. Kein Pflanzer in Kuba, Jamaika oder Brasilien würde etwas für ihn bezahlen.
    Und wenn kein Pflanzer sein Geld investierte, dann
    würde kein Kapitän eines Sklavenschiffs seinen wertvollen Stauraum an Bord an so minderwertige Ware
    verschwenden.
    Aus diesem Grund bestand Celeste Heredia darauf,
    daß alle, bis zum letzten Schiffsjungen, an der so grausamen Zeremonie teilnehmen sollten.
    »Ihr sollt mit eigenen Augen ansehen, in welch ab-
    grundtiefe Verzweiflung wir diese Menschen getrieben haben, und ihr sollt ein für allemal verstehen, warum ich das alles tue«, sagte sie mit leicht zitternder Stimme. »Ich möchte, daß ihr euch vorstellt, wie es euch gehen würde, wenn ihr euch dazu gezwungen sehen
    würdet, euren Söhnen eine Hand abzuschlagen. Ihr sollt lernen, die Sklavenhändler so zu hassen wie diese be-dauernswerten Mütter.«
    Sie waren harte Männer: Zuhälter, Räuber, Piraten und vielleicht sogar Mörder, aber da war kaum einer, der nicht entsetzt das Gesicht abwandte, wenn sie sahen, wie eine Kinderhand in den Sand fiel, oder den es nicht schauderte, als er den Schmerzens schrei hörte, wenn man den blutenden Stumpf in kochendes Öl tauchte.
    »Verdammte Hurensöhne!«
    »Jawohl, verdammte Hurensöhne«, bekräftigte das
    Mädchen. »Die größten Hurensöhne, die es jemals ge-
    geben hat, und mit diesen haben wir es tagtäglich zu tun.« Sie schaute sie herausfordernd an, und in ihren Augen war so viel Feuer und Zorn, daß manch einer
    eine Gänsehaut bekam. »Haltet ihr mich immer noch
    für verrückt?« fragte sie. »Ist dieser Schmerz nicht viel verrückter?«
    Die meisten Männer der Dama de Plata sahen das
    nicht anders, denn zu jenen Zeiten war die Verstümmelungszeremonie der afrikanischen Kinder zweifellos
    mit das grauenvollste Schauspiel, von dem man im
    Lauf der Geschichte gehört hatte.
    Es dauerte nicht lange, da gewöhnten sich die Skla-
    venhändler den barbarischen Brauch an, allen kleinen Jungen, die sie ohne rechte Hand aufgriffen, den Kopf abzuschlagen und ihnen diesen auf den Armstumpf zu
    nageln: als unmißverständliche Warnung, daß sie keine Lust hatten, sich ihr »Geschäft« mit solch absurden Tricks verderben zu lassen. Damit hoffte man wohl,
    daß mit der Zeit die barbarischen Verstümmelungen
    ihren Sinn verlieren würden.
    Trotzdem lebt in den alten Urwaldlegenden der Skla-
    venküste noch immer die Erinnerung an jene düsteren Jahrhunderte fort, in denen die Frauen ihre Söhne weniger vor Krankheiten oder wilden Tieren schützen muß-
    ten, sondern besonders vor anderen Menschen, die sich gegen alle Gesetze der Natur in die schlimmste Geißel ihres Geschlechts verwandelt hatten.
    Ebenso leben Riten und Erinnerungen an mysteriöse
    Geheimgesellschaften fort, denen nur Frauen angehörten: die »Bundü« oder die »Sonde«. Sie entstanden aus der Notwendigkeit, Kinder beschützen zu müssen, während die Männer entweder am anderen Ende der Welt
    waren oder die »Feinde« darstellten.
    Und wie das so ist, wenn Frauen sich zum Töten ge-
    zwungen sehen, entstand der Kult des Gifts. Als den Afrikanerinnen klarwurde, daß sie es mit der Macht der Waffen nicht aufnehmen konnten, griffen sie auf eine List zurück. Sie suchten Verbündete und baten ihre alte Freundin, die Schlange, ihnen Mittel zur Verfügung zu stellen, um die Räuber ihrer Söhne zu vernichten.
    Aus diesem Grund findet man in dieser Region auch
    300 Jahre später immer noch die meisten Giftsorten.
    Man stellte Gifte her, die beim Beischlaf töteten, aber auch solche, die erst nach Monaten Wirkung zeigten
    und das Opfer immer schwächer werden ließen, bis es nur noch Haut und Knochen war.
    In Quidah, das etwa 200 Meilen vom damaligen An-
    kerplatz der Dama de Plata am Meer liegt, steht der einzige Tempel, der dem Kult der Schlangen aus allen Winkeln des Kontinents geweiht ist. Dieser Tempel hat die Jahrhunderte überdauert und erinnert als stummer Zeuge daran, daß die Frauen der Yoruba noch immer
    entschlossen sind, ihre mörderischen Künste anzuwenden, wenn man neuerdings versucht, ihnen die Söhne
    zu rauben.
    »Wehe dem, der vergißt, daß eine Frau, egal welcher Rasse, zuerst einmal eine Mutter ist!« sagte eine überzeugte Celeste Heredia in der Nacht, in der sie

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