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Piratin der Freiheit

Piratin der Freiheit

Titel: Piratin der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa , Freiheit_1_.doc
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Rufer in der Wüste eines Meeres versteinerter Herzen?
    Waren die Schwarzen wirklich so andere Menschen?
    Sie dachte an ihre langen Gespräche mit Yadiyadi-ara im Schatten eines Mangobaums, und sie fragte sich,
    worin sich die Gefühle der leidenden Yoruba von denen so vieler Frauen unterschieden, die sie auf Jamaika oder Margarita kennengelernt hatte, oder von denen der
    Frauen im alten Europa, von dem man sich soviel er-
    zählte. Schließlich und endlich liebte Yadiyadiara ihre Söhne und sehnte sich ebenso wie jede andere Marga-ritena nach ihrem Ehemann, und sie betete zu ihren
    Göttern mit dem gleichen Glauben und der gleichen
    Hoffnung wie die Gläubigen in der Kathedrale von La Asuncion.
    Wo war also der Unterschied?
    Nur in der Hautfarbe.
    War die Hautfarbe so wichtig?
    Wenn die Seele von Yadiyadiara ein so erlesenes und zartes Juwel war wie ihre eigene, warum war dann die Leibesfrucht der Afrikanerin weniger wert, als es eines Tages Celestes eigene sein würde?
    Einmal mehr lauschte sie den Trommeln. Deren Sinn
    blieb ihr verborgen, und doch wußte sie, was sie sagen wollten, denn ihr Widerhall in den Wipfeln der Bäume erinnerte an das Weinen eines Neugeborenen, das die schreckliche Gewißheit hatte, eines Tages ans andere Ufer des Meers verschleppt zu werden, wo man ihm
    den Rücken mit Peitschenhieben zerschlagen würde,
    bis es schließlich starb.
    Die Trommeln Afrikas stöhnten, und Celeste Heredia
    hörte ihnen schweigend zu, bis sie im ersten Morgengrauen alle auf einmal verstummten.
    Und es breitete sich Schweigen aus: die Stille vor dem Tod.
    Ein Schweigen, das mehr sagte als das innigste Wort.
    Der leidenschaftlichste Abschied.
    Eine halbe Stunde später läutete eine Glocke.
    »Segel setzen…! Wir brechen auf!«
    Segel- und Toppsgasten kletterten flink die Strickleitern hinauf und an den Haltetauen entlang, um zunächst die unteren und oberen Segel des Masten zu fieren und das Schiff auf den Augenblick vorzubereiten, in dem der Kapitän befahl, die Anker zu lichten. Dann würde man das Rahsegel setzen, damit die Schiffe ungehindert Fahrt aufnehmen konnten.
    Die Yorubafrauen gingen an Bord der Fregatte, die
    Schaluppen wurden an ihrem Platz vertäut, und lang-
    sam, sehr langsam brachen die beiden Schiffe auf zu ihrem neuen Abenteuer an der fernen und geheimnis-vollen Mündung des Niger.
    Während die Galeone draußen auf offener See segelte und stets auf der Lauer lag, blieb die Sebastian stets in unmittelbarer Nähe der Küste. Beim leisesten Anzeichen von Gefahr hätte sie Zuflucht in einer stillen Bucht suchen können. So segelte man voran, die besten Männer saßen im Auslug und suchten in den folgenden drei Tagen und drei langen Nächten unermüdlich den
    Horizont im Westen ab, bis ihnen schließlich das lange schlanke Kanu des stets vor Begeisterung glühenden
    Pater Barbas entgegenkam.
    »Es gibt eine Passage!« rief er aus vollem Halse, bevor er das Deck betrat. »Es gibt eine Passage!«
    »Seid Ihr sicher?« fragte gleich der mißtrauische
    Buen-arrivo. »Wie tief?«
    »Im Schnitt acht Meter«, entgegnete der Ex-Jesuit und grinste von einem Ohr zum anderen. »Um die Tiefe
    brauchen wir uns weniger Gedanken zu machen als um
    die Enge.«
    »Was wollt Ihr damit sagen?«
    »Daß uns die Äste einiger Bäume an den Ohren krat-
    zen werden«, gab der Pater belustigt zurück.
    »Seid Ihr vielleicht verrückt geworden?«
    »Natürlich nicht!« verneinte der andere. »Das bin ich schon seit vielen Jahren.« Aufmunternd klopfte er seinem Gegenüber auf die Schulter. »Macht Euch keine
    Sorgen. Wenn wir die Masten abmontieren, können wir passieren.«
    »Und wie soll ich mit einem Schiff ohne Masten ma-
    növrieren?« wollte der Venezianer wissen. Er wollte immer noch nicht glauben, was er da hörte.
    »Manövrieren ist überflüssig!« lautete die rasche Antwort. »Wir werden auf unserem Weg durch das Delta
    rudern.«
    »Wie viele Meilen?«
    »Etwa fünfzig.«
    »Gott steh uns bei!«
    Diesmal hatte der Venezianer alles Recht, sich zu be-klagen, und als er am folgenden Tag den schmutzigen Flußarm erblickte, durch den der Navarrese die Schiffe lotsen wollte, schossen ihm fast die Tränen in die Augen.
    »Nicht möglich!« schluckte er. »Dieser Irre kann mich doch nicht zwingen, hineinzufahren! Sagt mir, daß das nicht wahr ist, Senora!«

    Celeste Heredia begriff, daß sie wieder einmal eine sehr schwere Entscheidung zu treffen hatte. Wie der Ex-Jesuit gescherzt hatte, würden ihnen »die Äste

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