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Piratin der Freiheit

Piratin der Freiheit

Titel: Piratin der Freiheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alberto Vazquez-Figueroa , Freiheit_1_.doc
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einiger Bäume an den Ohren kratzen«, und niemand konnte garantieren, daß ihnen nicht einer dieser Äste oder eine dicke Wurzel den Rumpf durchlöchern würde.
    Sie nahm sich daher fast eine Stunde Zeit, um gründlich darüber nachzudenken. Dann gab sie ihre Meinung kund.
    »Die Fregatte wird den Weg frei machen. Und wenn
    wir sie verlieren, dann haben wir eben Pech gehabt. Die Galeone dagegen fährt nur weiter, wenn wir absolut sicher sein können, daß keine Gefahr für sie besteht.«
    »Das hilft mir gar nichts!« protestierte der Venezianer sofort und nicht ohne guten Grund. »Die Dama de Plata hat viel mehr Tiefgang, und sie ist breiter.«
    »Wir werden Ballast abwerfen und einen Teil ihrer
    Ladung auf die Sebastian schaffen«, lautete die Antwort. »Der Fluß ist ruhig, und wenn wir keine Segel setzen, brauchen wir keinen Ballast… Oder täusche ich mich da?«
    »Nein, natürlich nicht!« räumte Buenarrivo zähneknir-schend ein. »In ruhigen Gewässern und ohne Segel im Wind spielt der Tiefgang keine Rolle. Wir werden
    schaukeln wie Verbrecher am Galgen, aber ich glaube nicht, daß wir Gefahr laufen, zu kentern.«
    »Na dann, frisch ans Werk!«
    Schweißüberströmt schufteten die Männer Seite an
    Seite, wobei sie der dichte Regen nicht erfrischte. Sie stapelten das meiste, was die Galeone geladen hatte, in die überquellenden Laderäume der Fregatte. Den Kies, den die Dama de Plata als Ballast nutzte, warf man ins Wasser. Allerdings mußte man nun die Wasserfässer im untersten Laderaum neu verstauen, da die dicken Fässer gewöhnlich in dem beweglichen Kies steckten und so
    bei hohem Seegang oder Sturm nicht ins Rollen kamen.
    Die weite trübe Lagune, in der sie sich versteckt hatten, war vom Meer durch eine enge, mit dichten Man-
    groven überwachsene Sandbank getrennt. Kein Schiff, das draußen vor der Küste vorbeisegelte, hätte sie entdecken können, und so mußten sie als einzige Vor-
    sichtsmaßnahme lediglich einen Mann in den Auslug
    der Galeone schicken, der die Wipfel der aufrechten Palmen am Strand kaum überragte.
    Stunde für Stunde stieg die Dama de Plata langsam
    weiter aus dem Wasser, bis man am Rumpf ein schma-
    les, mit Algen überzogenes Band sehen konnte. An einer Markierung am Bug erkannte man schließlich, daß der tiefste Punkt des Kiels kaum noch sechs Meter unter Wasser lag.
    »Das reicht! Und lehnt euch nicht alle über eine Reling, sonst kentern wir noch!« mahnte Buenarrivo übellaunig. »Montiert die Masten ab!«
    Diese Arbeit war nicht minder anstrengend und kniff-lig. Schließlich sah das vorher so stolze Schiff aus wie das lächerliche stelzbeinige Skelett seiner selbst: ohne Masten, ohne Takelage, fast ohne Taue und so instabil und manövrierunfähig, daß ein paar größere Wellen auf offener See es in schlimmste Nöte gebracht hätten.
    Im Gegensatz dazu kam einem die Fregatte jetzt untersetzt, schwer und langsam vor, was den Venezianer
    dazu veranlaßte, eine lange Litanei von Flüchen in einem bildhaften Dialekt loszulassen, den keiner
    verstand, obwohl sich die meisten einen Reim darauf machen konnten.
    »Ein Verbrechen!« schloß er. »Was man mit diesen
    armen Schiffen gemacht hat, ist ein Verbrechen, für das man nicht mit dem Leben bezahlen kann!«
    Er blieb die ganze Nacht über wach, ging wehmütig
    auf Deck auf und ab und lehnte sich immer wieder über die Reling, als wollte er ein weiteres Mal die Wasserlinie ‘ seines geliebten Schiffs kontrollieren. Als sich hinter den Baumkronen schließlich ein schwacher
    Schein abzeichnete, läutete er wie wild die Glocke.
    »Alles raus aus den Matten! Männer an die Ruder!«
    Ein Pfiff ertönte. Die Ruderer hatten kaum Zeit, einen Teller Brei und einige Kekse hinunterzuschlucken,
    dann sprangen sie schon in die Boote und warfen dicke Taue zum Bug der Sebastian hinüber. Nun griff der alte Spottsänger, ein runzliger Malteser, der alle nur erdenk-lichen Lieder in acht Sprachen improvisieren konnte, in die Saiten seiner verstimmten Mandoline und jaulte aus vollem Hals:
    »An die Ruder, an die Ruder!«
    »An die Ruder, an die Ruder!« echoten dreißig Stim-
    men.
    »Rudert, Süßwassermatrosen!«
    »Rudert, Süßwassermatrosen!«
    »Der Kapitän, der regt sich auf!«
    Man nahm Fahrt auf.
    »Der Kapitän, der regt sich auf!«
    »Aber die Hübsche pißt nur drauf!«
    Die Taue spannten sich.
    »Aber die Hübsche pißt nur drauf!«
    Die Fregatte glitt langsam voran. »Wer nur hat an
    Bord das Sagen?«
    »Der Dünne nicht,

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