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Piss off! Ein Engel zum Fürchten (German Edition)

Piss off! Ein Engel zum Fürchten (German Edition)

Titel: Piss off! Ein Engel zum Fürchten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laabs Kowalski
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uns das Studium genauso wenig Perspektiven bot wie unsere vorherigen Jobs, und das Gefühl von der eigenen Unbezwingbarkeit löste sich auf. Langeweile fing an, den alten Spaß zu ersetzen, Unregelmäßigkeiten schlichen sich ein. Zack und ich beschlossen, ein Semester zu pausieren. Es war nötig geworden, Geld aufzutreiben, denn wir waren hoffnungslos pleite und lebten von der Hand in den Mund. Also jobbten wir beide sechs Monate lang als dilettantische Helfer beim Bau eines Kraftwerks in Hürth, verlegten Eisenroste in fünfzig Metern Höhe und kriegten unterdessen Arme aus Stahl.
    Der Wiedereinstieg in das kommende Semester brachte weiteren Frust. Es war, als wären inzwischen Äonen vergangen. Wir kamen uns alt vor, und das hehre, enthusiastische Gefühl von Erstmaligkeit war unwiderruflich dahin. Binnen eines halben Jahres, so schien es, waren Zack und ich zu wandelnden Anachronismen geworden, fremd und störend zwischen all den Zwanzigjährigen, deren Stirne sich vor Ernsthaftigkeit und blindem Eifer furchten, sobald ein Dozent zu ihnen sprach. Ein schweres Phlegma lag über allem, und zum ersten Mal seit Bestehen der Uni lag die Beteiligung an der AStA-Wahl unter fünfzig Prozent. Nicht dass Zack und ich deshalb in Tränen ausgebrochen wären, aber diese Tatsache war ein Indikator dafür, dass Bob Dylan Recht zu haben schien: The times they are a-changing. Pech für uns, dass wir nicht schritthalten konnten. Wir hatten beide gelosed.
    Und jetzt war ich gekommen, um den endgültigen Schlussstrich zu ziehen. Zack lag seit über einer Woche im Koma. Ohne ihn fühlte ich mich an der Uni noch fremder als sonst. Ich trank meinen Kaffee, stand auf und nahm den Aufzug nach oben. An der Tür des Institutssekretariats klopfte ich kurz und trat ein. Eine studentische Aushilfe saß an einem der braunen Tische, ein Mädchen mit Haaren, so kurz wie ein englischer Rasen, und fragte, ohne von seiner Arbeit aufzusehen: „Ja?”
    Sie trug ein grünes, bauchfreies T-Shirt und beugte sich leicht über den Tisch. Im Gegenlicht des durch Rollos abgedunkelten Raumes zeichnete sich die Silhouette ihrer Brüste ab. Sie bemerkte meinen Blick und wandte sich mir mit einer abrupten Drehung zu.
    „Kann ich sonst noch was für dich tun, oder reicht es dir, auf meine Titten zu glotzen?”
    „Sorry!”, sagte ich ertappt. „Ich kann nichts dafür. Ich bin ein Opfer der Textilindustrie. Vermutlich haben wir es mit einem Embargo für Baumwollstoffe zu tun, und deshalb sind die T-Shirts plötzlich so klein .”
    „Wenn du fertig bist mit deinem Spruch”, antwortete sie, ohne ein Zeichen von Regung, „da ist die Tür!”
    „Ich möchte mich exmatrikulieren”, entgegnete ich.
    „Name?”
    „Seißler. Paul Viktor.” 
    Sie stand auf, zog die Schublade eines Aktenschrankes zur Hälfte heraus und suchte die auf meinen Namen dort lagernde Kartei. Als sie sie gefunden hatte,  setzte sie an ihrem Tisch einen Stempel darauf und legte die Karte beiseite. Ohne mich noch eines weiteren Blickes zu würdigen, machte sie sich wieder an ihre Arbeit.
    „Was? Das war’s schon?”, fragte ich.
     „Ja, das war’s schon”, bestätigte sie. „Oder hast du erwartest, du kriegst noch ‘n Orden?”
    Feindselig starrte sie mich an, um mir klarzumachen, dass ihre Geduld nur begrenzt sei.
    „Ich dachte, man erhält vielleicht eine Exmatrikulationsbescheinigung oder so”, hakte ich nach.
    „Wozu? Damit du dein Versagen schriftlich hast?”, erwiderte sie mit der Lieblichkeit eines Sprengsatzes, der jeden Augenblick hochgehen konnte.       
    „Sag mal, bist du immer so fröhlich?”m fragte ich und erntete zum ersten Mal seit dem Beginn des Gesprächs ein mikroskopisch kleines Lächeln von ihr.
    „Nur, wenn jemand reinkommt, blöde rumdruckst und mir auf den Busen stiert. Warum willst du überhaupt aufhören mit dem Studium? Du siehst nicht so aus, als hättest du was Besseres vor ...”
    „Wenn du dich von mir zum Essen einladen lässt, schon.”
    „ Warum sollte ich?”
    „Weil ich schlechte Manieren habe und die unwiderstehliche Ausstrahlung eines angefahrenen Hundes, der es nicht mehr lang’ macht. Das ist praktisch die letzte Gelegenheit, mich lebend kennen zu lernen. Eine Frau wie du lässt sich doch einen sterbenden Mann nicht entgehen.”
    „ Wenn’s dir Spaß mach t... okay, einverstanden. Aber ich bin Vegetarierin. Ich möchte ins Restaurant Natur .”
    „Gut. Also wann?”
    „ Um neun. Du musst einen Tisch reservieren

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