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Piss off! Ein Engel zum Fürchten (German Edition)

Piss off! Ein Engel zum Fürchten (German Edition)

Titel: Piss off! Ein Engel zum Fürchten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laabs Kowalski
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einzuschlagen, dann war es immerhin meine Entscheidung, die mich in den Untergang führte. Ich musste mir nicht sagen lassen, was gut für mich war. Er war nicht mein Lehrer oder mein Vater. Bis jetzt war er noch nicht mal ein Freund. Mein Fehler war es gewesen, seinen Worten zuviel Beachtung zu schenken. Ich kam ganz gut alleine zurecht, und genau das hatte ich ihm im Umbruch gesagt und war genervt ohne ihn nach Hause gegangen. 
    Ich ging ins Bad, übergab mich und legte mich wieder ins Bett. Die Außenreklame des Spielsalons beleuchtete die Hausfassade gegenüber, von der Straße drangen Wortfetzen vereinzelter Nachtschwärmer und aus dem Irish Pub verzerrt Musik von den POGUES zu mir hoch. Es dauerte lange, bis ich endlich eingeschlafen war.
     
    ****
     
    Jutta trug einen schwarzen Rollkragen-Pullover, aus dessen Kragen das Ende einer Goldkette hervorbaumelte. „Ich hab’ schon gedacht, der Mann mit den schönen, blauen Augen will mich versetzen”, begrüßte sie mich. „Warte, ich hol’ dir’n Kaffee.”
    Es zeigte sich, dass der Job weniger kompliziert war, als ich angenommen hatte. Das Ganze bestand einfach nur darin, die Anrufe entgegenzunehmen, die Adresse oder den Aufenthaltsort des Anrufers zu notieren, auf den roten Knopf für das Mikro zu drücken und den Fahrauftrag via Funk weiterzuleiten. Ich rief einfach den Namen der Straße ins Mikro. War ein Fahrer in der Nähe, meldete er sich über Funk. Nahm niemand den Fahrauftrag an, versuchte ich es nach einer Weile noch mal. Ein Kinderspiel, ganz wie Jutta gesagt hatte.
    „Also, geht doch”, sagte sie. „Wann fährst du deine erste Schicht?”
    „Wann könnte ich denn?”
    „Wie wär’s mit morgen Nacht? Es sind keine Messen, keine Konzerte – genau das Richtige für dich. Du wirst dich erschrecken, wenn überhaupt mal ein Telefon klingelt.”
    „Okay, abgemacht.”
    „Willkommen im Boot!”
    Wieder zu Hause, entdeckte ich auf dem Küchentisch eine Nachricht von Monty:
     
    NOCH SAUER? GUT! IN DEINEM ZIMMER LIEGT EINE KLEINE ÜBERRASCHUNGSLEKTÜRE FÜR DICH BEREIT. ABER BITTE WASCH DIR VORHER DIE HÄNDE. MONTY.
     
    Montys Leihgabe lag auf dem Bett. In Braun und Gelb glitzerte sie mir entgegen, eine 12-Cent-Ausgabe, erschienen am 15. August 1963.  Steve Ditko hatte das Titelbild gezeichnet, den maskierten Helden in seinem blauroten Spinnenkostüm, und ich las die ersten Worte, die der Neugeborene dem Comic-Universum mitzuteilen hatte: „Though the world may mock Peter Parker, the timid teenager ... it will soon marvel at the awesome might of SPIDER-MAN!”
    Es war, als hätte ich das geheimnisvolle Atlantis entdeckt, eine Wunderwelt, die die Menschheit bislang nur vom Hörensagen kannte. Hier endlich war der Beweis.
    Ich verbrachte den Rest des Tages damit, den unvermutet in meine Hände geratenen Schatz zu bestaunen. Ich wagte es nicht, die Seiten gänzlich aufzuschlagen, sondern hob sie mit Hilfe eine Plastiklineals lediglich ein wenig an und spähte ins Heft.
    Am frühen Abend hörte ich aus dem Hausflur das Klappern von Schlüsseln. Diana! Ich suchte nach einem Vorwand, bei ihr zu klingeln und sie endlich wiederzusehen. Aber mein Kopf war wie taub, mein ganzer Körper in Wallung versetzt. Mir fiel nichts ein, was ich zu ihr hätte sagen können, außer „Hallo, schön dich zu sehen.” Und ich wusste, selbst dabei würde ich stottern, so dass sie glauben würde, ich spreche in einem bislang unbekannten Idiom der Bantus oder Abchasen zu ihr oder hätte – der wahrscheinlichere Gedanke – meinen Verstand eingebüßt. In meiner Feigheit suchte ich nach Gründen, weshalb es besser wäre, einen Besuch bei Diana auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben. Meine Ausreden glichen einem Rettungsring, aus dem beharrlich die Luft wich. Zu guter Letzt verfiel ich darauf, für Diana ebenfalls ein Tape aufzunehmen, eins, das ihr die Gefühle, die ich für sie hegte, stilvoller und eleganter verriet als ein sinnloses Stammeln.
     Ich durchforstete meine Platten, wählte aus, verwarf, suchte erneut und prüfte jeden einzelnen Text, ob er nicht Passagen enthielt, die vielleicht unpassend waren. Es gibt Millionen von Songs, in denen es um Liebe geht, aber unglücklicherweise sind neunzig Prozent davon Schrott. Als das Tape endlich fertig war, ging es bereits rapide auf Mitternacht zu. Ich war müde und mein Ohr überreizt von der Flut an Musik, der ich mich ausgesetzt hatte.
    Ich kochte Kaffee und überprüfte noch einmal sorgfältig die von mir

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