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Pitch (German Edition)

Pitch (German Edition)

Titel: Pitch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Weski
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blind zurückstarren, das große
Logo auf dem höchsten Punkt der Unternehmenszentrale, wie ein
böses Auge dreht es sich um sich selbst, es scheint sie ins
Visier zu nehmen, ihre Schritte zu begleiten, wieder zu verlieren,
scheint sich anderem, Wichtigerem zuzuwenden, während sich die
sechs auf den Weg zum Haupteingang machen, kommt ihnen von dort eine
Person entgegen, scheinbar lautlos bewegen sich die sieben Personen
aufeinander zu, gäbe es so etwas wie eine Psychoseismik, die von
den feinen Schwingungen der Schritte auf die Empfindungen der
Schreitenden schließen ließe, würde sie festhalten,
dass in der Gruppe der sechs Spannung und Erwartungsfreude mit
Nervosität und Gelassenheit einhergehen, während ihnen eine
tiefe Traurigkeit begegnet, der bleiche Gang der Frau verbreitet
einen Hauch Dumpfheit und Trostlosigkeit, die schwache Resonanz Ihres
Tritts lässt auf hageren Stilettos innere Leere widerhallen,
allenfalls verleiht der Karton mit den Bruchstücken eines
unwiederbringlich dahingegangenen Lebens ihrem schleichenden
Auftreten ein wenig Gewicht, kurz stocken die zwölf Füße
als die zwei sie passieren, spürbar ist die Beklommenheit, als
sie in das kalkweiße, mit schwarzen Haaren eingefasste Gesicht
Inge Rufs starren, in ihre dunklen, künstlich geschwärzten,
mit Kayal unterstrichenen Augen, die diese Blicke nicht erwidern,
weil sie auf etwas gerichtet sind, was sich jenseits alles
Wahrnehmbaren befindet, nur flüchtig bleiben sie haften auf den
Augen des einen, des Schönen im gelben Anzug, der davon
unangenehm berührt ist, als träfe ihn mitten im Sommer ein
kalter Hauch.

II
Angelpunkte

35
Am
frühen Morgen …

    … hat
man Pater Abbond vom Tod Karl Keisers benachrichtigt, aber niemand
hat ihm Bescheid gegeben, dass dieser letztendlich doch noch gar
nicht eingetreten ist, so fährt er nun, es ist nach drei Uhr und
er hat die unaufschiebbaren Termine dieses Tages endlich absolviert,
die lange Zufahrt zum Anwesen der Keisers hinauf, unvorstellbar, dass
es solche Grundstücke noch gibt, so sieht man sie in
Freitagabendkrimis, da ist das Haus, die Villa, die über
terrassenartige Gärten hinweg einen herrlichen Ausblick auf das
dicht besiedelte, industrialisierte Tal gewährt, auf der
anderen, von Tal und Aussicht abgewandten Seite zeigt sich dem Herrn
einer nur mäßigen, ihn immerhin wohl nährenden
Pfründe eine totenstille Hausfront, kein sichtbares Zeichen von
Leben, auf sein Läuten reagiert zunächst niemand, dann
endlich öffnet Gertrud Keiser selbst, sie hat dem Chauffeur und
der Haushälterin für den Rest des Tages freigegeben,
weggeschickt hat sie sie, denn Ruhe ist alles gewesen, was sie nach
Karls Transport in die Klinik hat haben wollen, allein, ist sie ins
Streunen gekommen, ist durch die Räume der Villa gegangen, hat
aus Fenstern und von Balkonen ins Tal gesehen, auf die Terrassen, auf
denen sie Feste gefeiert haben, früher, gemeinsam als Gastgeber
und Ehepaar auftretend, Größen aus Wirtschaft und Politik
begrüßend, einmal war sogar der damalige Bundeskanzler ihr
Gast gewesen, ein erklärter Freund der Automobilindustrie, der
er viel zu verdanken hatte, wenn wir den nicht stützen würden
und ihm nicht beim BDI den notwendigen Rückhalt verschafft
hätten, wäre der niemals Kanzler geworden, hat Karl ihr
einmal gesagt, daran denkt Gertrud und an ganz anderes, an glückliche
Stunden zu zweit, schon länger zurückliegend, wie sie sich
verlobt hatten, als sie glückliche Brautleute gewesen waren, an
die frühen Jahre erinnert sie sich, als die Kinder noch klein
waren und sie noch eine echte Ehe geführt hatten, mit anderen,
weniger ungetrübten Erinnerungen hat sie sein Arbeitszimmer
betreten, sich an seinen Schreibtisch gesetzt, auf seine Seite,
dorthin, wo sie sich in seiner Anwesenheit nie zu setzen gewagt haben
würde, nun dreht sie sich in seinem alten Ledersessel, hier
also, an diesem Platz mit dem wunderbaren Ausblick ins Weite, fällt
ihr Blick aufs Nächstliegende, auf die stets unverschlossenen
Schubladen, die mit Karls Fall ins Koma ihre natürliche
Unberührbarkeit verloren haben, beinahe unabsichtlich und
gedankenlos zieht sie die oberste Schublade auf und findet eine
Flasche feinsten französischen Cognacs, den Karl stets in
greifbarer Nähe hat haben müssen, sie greift in die hinter
ihr stehende Glasvitrine, entnimmt ihr einen Schwenker, gießt
ein, lässt das Goldbräunliche unter der Nase kreisen, nimmt
ein Schlückchen, wendet sich dem Porträt zu, das

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