Pitch (German Edition)
dieser
verfahrenen Situation heraus, er will nicht den ganzen Abend diesen
Unsinn hören, aber der andere lässt sich nicht aufhalten,
ja, er schreit nun beinahe, sehen Sie, jede Anzeige kombiniert Bild
und Headline, die in einer kurzen Copy aufgelöst werden, Bild
und Überschrift werden witzig kombiniert, natürlich nur in
den besseren Anzeigen, natürlich, wiederholt der Professor,
Gott, denkt er, der Tag war so schön, heute Mittag noch habe
ich eine neue Hilfskraft eingestellt, und was für eine hübsche,
die kleine Kopakowski, oder hieß sie Kapokowski, ist ja auch
egal, Mann, wie hatten sie es getrieben, was hatte sie nicht alles
gemacht, und was hatte sie nicht alles mit sich machen lassen, daran
denkt er, mit Genuss, selbstzufrieden lächelnd, während
Egalwieerheißt von diesem Lächeln angefeuert fortfährt,
also, sagt er, inscriptio und subscriptio und pictura sind nichts anderes
als Headline, Copy und Key Visual, doch früher waren die Inhalte
meist moralisch-religiöser-satirisch-soziokultureller Art,
selbstredend selbstreferentiell, heute sind sie merkantil, emotional
und produktbezogen, damals war die Rede gebunden, Hexa- und
Pentameter, heute ist sie frei, besteht oft aus Reihungen von
Reizwörtern, der Professor nickt und denkt an Reizwäsche,
im Geiste ist er noch in Gisela, sie hieß doch Gisela, oder
Ella, Elli, nenn mich Elli, hatte sie gesagt, sein Glied wie eine
Schriftrolle windend, jaah, sagt er lang und gedehnt und etwas zu
wohlig seufzend zu Haltdochendlichdieklappe, aber der kreischt
ekstatisch, beide Sprachformen sind sprachbildend, so wie die Fruchtbringende
Gesellschaft , der Pegnesische
Blumenorden oder die Königsberger
Kürbishütte damals
normativ die Sprache prägten, so beeinflussen heute Jung von
Matt, Scholz and Friends, die Argonauten und BBDO die Sprache und
drücken ihr ihren Stempel auf, nicht zu vergessen, wirft der
Professor gedankenverloren ein, Magellan‘s Ads, da errötet
Misternamenlos, weil er sich als Sprachbildner von professoraler
Seite geadelt fühlt, nein, wirklich, meint Zöller, an Ellis
spitzfindige Zungenfertigkeit und ihre Kürbishütten
denkend, Sie haben da mit Sensibilität und Feingefühl
Zusammenhänge hergestellt, die einer wissenschaftlichen
Untersuchung Wert wären, schreiben Sie doch einen Artikel
darüber, rät er, meinen Sie, ich sollte das tun, fragt der
Andere, ja, warum nicht, sagt Zöller, und Sie, Herr Professor,
wären eventuell bereit, dieses Unterfangen zu fördern,
fragt der Lange, das, freilich, meint der so Gebetene, müsste
man noch sehen, der Zeitplan von unsereinem ist ja auch nicht von
allzu großen Spielräumen gesegnet, wir haben ja so viele
Unterfangen zu fördern, sagt es und denkt an den Spielraum, den
sein Büro ihm heute Nachmittag eröffnet hat, um in der
Schönen zu zeugen, aber sicher,
fügt er hinzu, ausgeschlossen ist nichts, sie verfolgen
schließlich eine spannende These, und, brüllt jetzt der
Andere, das Ganze zieht ja noch viel größere Kreise nach
sich, das Thema der Heraldik, der Wandel von Fürstentümern
zu Wirtschaftskonzernen, der Wechsel von der politischen Macht zur
ökonomischen, und von der Aristokratie über die Demokratie
zur Oligarchie der Wirtschaftsbosse, der sich im Wandel von
Fürstenwappen zu Unternehmenslogos niederschlägt, Zöller
muss jetzt wirklich schlucken, der Mann reißt ihn ja aus seinen
schönsten Träumereien, sind Sie sicher, dass Sie sich in
der Werbung wohl fühlen, ja, natürlich, sagt
Immernochunbekannt, ich meine nur, sagt der Professor, weil ich da
Einstellungen herauszuhören meine, die mir einem eher
linkshegelianischen Lager anzugehören scheinen,
Linkshegelianismus, höre ich da Linkshegelianismus, meldet sich
Schlick von der anderen Seite zu Wort, gewichtig im schwarzen
Cordanzug mit Weste und goldener Uhrenkette, ein schmales weißes
Schnurbärtchen unter die Nase geklemmt und einen dünnen
Haarkranz um die bleiche Glatze gelegt, hat der Philosophieprofessor
bislang versonnen seinen Wein gesüffelt, er hat in die Runde
schöner Werberinnen geblickt, nun aber ein Stichwort gehört,
das ihm erlaubt, sich in das Gespräch einzumischen, ein bisschen
neidisch ist er schon, dass dieser Anselm Hoffmann, der ja
schließlich auch mal sein Student war, zuerst diesen Zöller
angesprochen hat, ja, er fühlt sich tatsächlich etwas
übergangen, ich meinte nur eben, sagt Zöller, dass unser
junger Freund bei seinen Einstellungen nicht unbedingt in die Werbung
zu gehören scheint,
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